Börse Online Singulus: Es kann nur einen geben! von Stefan Riedel
Montag 7. November 2005, 18:07 Uhr Aktienkurse Singulus Technologie... SNG.DE 15.79 -0.31
Umsatzeinbrüche, Margendruck - für Singulus war 2005 bislang ein denkbar schlechtes Jahr. Inzwischen leuchtet die Zukunft für den Hersteller optischer Speichermedien wieder silbern.
Klar, das Geschäftsjahr 2005 ist von der Gewinnseite bereits abgehakt. Wichtig für die Kursentwicklung sind aber die Signale von der Auftragsseite und vom Branchenumfeld - und hier zeichnet sich eindeutig eine Besserung ab.
Die ANZEIGE 73,5 Millionen Euro Umsatz im dritten Quartal bedeuten fast eine Halbierung gegenüber dem Vorjahreswert von 139,5 Millionen Euro. Beim Blick auf das grottenschlechte erste Halbjahr relativiert sich dieser Einbruch etwas: Mit 50,4 beziehungsweise 48,7 Millionen Euro lagen die ersten Quartale deutlich darunter.
Ein Großteil der Erlöse entfällt auf Produktionslinien für vorbeschriebene DVDs. Auf regionaler Basis wurde das Asiengeschäft durch eine steigende Nachfrage in Europa teilweise kompensiert. Der operative Gewinn (EBIT) belief sich auf 4,5 Millionen Euro, während nach Steuern ein Gewinn von 3,2 Millionen Euro oder neun Cent je Aktie in den Büchern bleibt.
Der Auftragsbestand hat sich zum 30. September saisonbedingt nochmals auf 62,2 Millionen Euro verringert. Für das Gesamtjahr bestätigte der Vorstand die bisherige Vorgabe, die von 240 bis 250 Millionen Euro beim Umsatz und von einem EBIT im hohen einstelligen Bereich ausgeht. Für das Chinageschäft, so Finanzchef Stefan Baustert gegenüber BÖRSE ONLINE, stellt Singulus Überlegungen an, ein Joint-Venture mit eigener Fertigung vor Ort aufzuziehen.
Die Hoffnung auf eine Trendwende im kommenden Jahr richten sich vor allem auf den neuen Standard Blu-ray. Hier hat Singulus im Oktober als erster europäischer Anbieter Pilotanlagen ausgeliefert, mit denen sich DVDs auf Basis der Blu-ray-Technik produzieren lassen. Mit Blu-ray lassen sich Filme auf den neuen hochauflösenden TV-Geräten (HDTV) aufnehmen, wie sie jetzt auch von den ersten Privatsendern in Deutschland ausgestrahlt werden.
Um hochauflösende Bilder auf optischen Datenträgern zu laden, benötigen die Silberscheiben einen Kapazitätenspeicher, der dem Fünffachen herkömmlicher DVDs entspricht. Sowohl HD-DVD oder Blu-ray sind hier auf dem Vormarsch: Auf welches der beiden DVD-Formate sich die Filmindustrie einigen wird, ist zurzeit noch nicht sicher. Sicher ist dagegen, dass Anlagen für die Produktion der neuen Discs extrem margenstark sind und im kommenden Jahr erste Aufträge generieren sollten.
Der eigentliche Clou war jedoch die angekündigte Übernahme des langjährigen Rivalen Steag HamaTech. Der hatte zuletzt tiefrote Zahlen geschrieben und erst am Freitag die für 2005 erwarteten Verluste nochmals nach oben korrigiert. Damit war für den Mehrheitsaktionär SES Beteiligungs GmbH, eine Tochter der Ruhrkohle AG, offensichtlich die Schmerzgrenze überschritten.
Nur so lassen sich die günstigen Konditionen erklären, die Singulus ausgehandelt hat. Insgesamt vier Mal in den vergangenen fünf Jahren, so Finanzchef Baustert, war Singulus nahe dran - und blitzte jedes Mal ab. Jetzt zahlt die Firma aus dem unterfränkischen Kahl am Main 51 Cent je Aktie für 66,3 Prozent der Anteile. Das legt den Schluss nahe, dass Singulus jetzt die Bedingungen weitgehend frei diktieren konnte und es der RAG nur noch darum ging, die Reissleine zu ziehen.
Ziel von Singulus ist es, den Anteil an Steag HamaTech bis Januar auf 75 Prozent zu erhöhen. Die Chancen dafür stehen gut, denn die Offerte von 2,40 Euro je Aktie an die Minderheitsaktionäre kommt gut an. Zum Ende des ersten Handelstags nach Bekanntgabe der Übernahme stehen die Steag-Papiere genau auf diesem Level.
Den Kaufpreis von 10,1 Millionen Euro wird Singulus mit Barmitteln begleichen. Dazu kommen 2,2 Millionen Euro für ein Gesellschafterdarlehen. Weiten sich die Verluste bei Steag bis zum Jahresende aus, verringert sich für Singulus der Kaufpreis. Gelingt es Singulus im besten aller Fälle, alle 100 Prozent Anteile zu bekommen, ergäbe sich ein maximaler Kaufpreis von 36,4 Millionen Euro. Das ist weit weniger als das aktuelle Eigenkapital von Steag HamaTech, das 66,5 Millionen Euro beträgt.
Aus der Differenz, dem so genannten Bad Will, entsteht für Singulus in der Gewinn- und Verlustrechnung ein beträchtlicher außerordentlicher Ertrag. Aus diesem lassen sich Kosten für Restrukturierungen und für die Abwertung von Vorräten begleichen. Laut Baustert wird auch im schlechtesten aller Fälle ein positiver Betrag herausspringen.
Unterm Strich ist der Coup ein geschickter Schachzug. Steag bietet mit den Linien für einmal beschreibbaren DVDs eine "optimale Ergänzung" (O-Ton Baustert) zur Stärke von Singulus bei den Anlagen für die vorbeschriebenen Silberscheiben. Dazu kommen die Inspektionssysteme für die Qualitätskontrolle und der Niedrigkosten-Standort in der Slowakei, in den Steag zuletzt einen Großteil der Produktion ausgelagert hatte.
Ungeklärt ist noch, ob die DVD-R unter dem Steag-Label weitergeführt werden. Dagegen gelten die Fotomasken für die Halbleiter-Produktion als Wert, denn Singulus will mit Beschichtungsanlagen für Festplatten einen Fuß in die Tür kriegen - und hier hat Steag ein Vertriebsteam in den USA. In jedem Fall wird sich der Deal langfristig auszahlen - auch für Anleger, die auf den nächsten zyklischen Aufschwung bei Singulus spekulieren und jetzt einsteigen. Aktionäre von Steag Hamatech wiederum sind gut beraten, das Tauschangebot anzunehmen.
Empfehlung: KAUFEN Kurs am 7. November: 12,79 Euro Stoppkurs: 9,50 Euro
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