Zitat aus der neuen Rohstoff-Woche :
Die Rohstoff-Woche - Kalenderwoche 15/2010
Abrüstung ohne Auswirkung auf Uran-Markt
Nahezu jede Woche berichten wir hier in der Rohstoff-Woche vom Uran-Sektor. Viele Investoren fragen sich, wie lange die aktuell bekannten Uran-Reserven denn überhaupt noch reichen können. Für die aktuell weltweit wirtschaftlich abbaubaren Reserven und Ressourcen gibt es keine verlässlichen Statistiken. Experten gehen bei einem aktuellen Marktpreis von etwa 40 USD je Pfund U3O8 von circa 5 Milliarden Pfund wirtschaftlich an förderbarem Uran aus.
Bei einem jährlichen Verbrauch von etwa 150 Millionen Pfund würden diese Vorkommen also etwa 33 Jahre lang ausreichen, sofern der Marktpreis dafür konstant bei 40 USD liegen würde. Sofern der Marktpreis Förderkosten von 80 USD je Pfund U3O8 rechtfertigen würde, könnte man ziemlich genau 65 Jahre mit den dann wirtschaftlich abbaubaren Uran-Vorkommen auskommen. Könnte man gar Vorkommen für 130 USD je Pfund abbauen, so würden die bekannten Vorräte beim aktuellen Verbrauch sogar 150 Jahre lang ausreichen.
Von der Marke von 130 USD je Pfund U3O8 sind wir allerdings genauso weit entfernt, wie wir es in Kürze vom aktuellen Bedarf sein dürften. Denn dieser dürfte sich in den kommenden Jahren bis zu verdoppeln. Man könnte in 10 bis 15 Jahren die oben genannten Reichweiten also getrost halbieren. Unangenehm für den Uran-Spekulanten wird es übrigens erst ab einer Grenze von etwa 300 USD, denn dann würde sich sogar das Auslösen von Uran aus Meerwasser wirtschaftlich lohnen.
Dort dürften circa 8 Billionen Pfund Uran enthalten sein, die die Weltbevölkerung beim aktuellen Bedarf noch rund 50.000 Jahre über Wasser halten würde. Es ist also schon so, dass es bei all der Uran-Spekuliererei eine gewisse Obergrenze für den Uran-Preis gibt. Sowohl aus Angebots- als auch aus Nachfrage-Sicht, denn wer will schon für Atomstrom mehr zahlen müssen als für Solarstrom oder Ähnliches.
Russlands Reserven und Ressourcen liegen zusammen übrigens bei 3,4 Milliarden Pfund Uran. Dies entspricht etwa 15% aller aktuell bekannten weltweiten Ressourcen. Diese sind nicht mit den oben genannten Ressourcen zu verwechseln, die zum Einen auf Grund von Marktpreisen und zum Anderen auf Grund von geschätzten Vorkommen innerhalb der Erdkruste erhoben wurden. Reserven und Ressourcen – alles eine Frage des Blickwinkels.
Acht neue Kernreaktoren mit einer Gesamtleistung von 11,4 Gigawatt plant Japan bis ins Jahr 2020 zusätzlich ans Netz zu bringen. Ein entsprechender Plan wurde in dieser Woche dem Kabinett in Japan vorgelegt und soll bis zum Juni diesen Jahres abgesegnet werden. Insgesamt erhöht sich die Anzahl der Kernreaktoren Japans damit bis 2020 um 19, da aktuell bereits 11 Anlagen in Planung beziehungsweise im Bau befindlich sind. 54 Kernreaktoren befinden sich aktuell am Netz beziehungsweise im Reparatur-Status.
Wenig Sorgen sollte Uran-Anleger übrigens der in dieser Woche zwischen den USA und Russland unterzeichnete Abrüstungsvertrag machen. Denn obwohl man mit den ausgehandelten jeweils 1.550 Atomsprengköpfen noch immer die gesamte Menschheit auslöschen könnte, handelt es sich dabei um lediglich 15% des ursprünglich – in den 1980er Jahren vorhandenen – Waffenarsenals. Mit dem neuerlichen START-Vertrag (Erklärung siehe unten) rüsten die USA und Russland also von 20% der ursprünglichen Anzahl an Atomsprengköpfen auf 15% ab. Die bisher abgerüsteten 80% sind bereits zu einem Großteil in Aufbereitungsanlagen und danach in Kernreaktoren verschwunden.
Die durch diesen neuerlichen Vertrag in den nächsten zehn Jahren abzurüstende Menge Uran ist im Vergleich zu der Menge der letzten 20 Jahre also geradezu lachhaft und dürfte den Uran-Markt nicht sonderlich unter Druck setzen können. Zumal ja vor allem die russische Seite bereits angekündigt hatte, dass man Uran aus eigenen Atomwaffen künftig nicht mehr auf dem freien Markt anbieten wolle.
Hätten Sie’s gewusst:
Der Strategic Arms Reduction Treaty (= Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen), meist START abgekürzt, ist ein Abrüstungsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion bzw. Russland zur gemeinsamen allmählichen Reduzierung atomarer Trägerwaffensysteme.
START I wurde ursprünglich 1982 von US-Präsident Ronald Reagan initiiert und am 31. Juli 1991, fünf Monate vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von seinem Nachfolger George H. W. Bush und Michail Gorbatschow unterzeichnet.
START II wurde am 3. Januar 1993 von George H. W. Bush für die USA und Boris Jelzin für die Russische Föderation unterzeichnet.
Am 8. April 2010 unterzeichneten die Präsidenten beider Nationen in Prag den bis 2020 gültigen Vertrag (START III), der auch als „New START“ benannt wurde.
Alle drei Verträge zusammen vermindern den Bestand an nuklearen Sprengköpfen von je etwa 10.500 auf je etwa 1.550.
Das Zitat der Woche:
„Wenn man die Geschichte betrachtet, die ja schließlich das Ergebnis der Politik ist, dann kann einem vor dieser Kunst nur grausen.” - Ernst von Siemens (* 9. April 1903 in Kingston upon Hull, Großbritannien; † 31. Dezember 1990 in Starnberg) war ein deutscher Industrieller und Sohn von Carl Friedrich von Siemens.
In diesem Sinne eine erfolgreiche Rohstoff-Woche!
Die nächste Ausgabe der Rohstoff-Woche erhalten Abonnenten spätestens am Sonntag, dem 18. April 2010.
© Tim Roedel > Die Rohstoff-Woche |