20. Februar 2012
Trotz Existenzkrise: Praktiker wirbt weiter und hübscht Märkte auf
Schon fast auf Halbmast: Praktiker sucht den Weg aus der KrisePraktiker steht mit dem Rücken zur Wand: Nach deutlichen Umsatzeinbußen und einem Vorsteuerverlust von 360 Millionen Euro in den ersten neun Monaten 2011 stehen jetzt harte Einschnitte bevor: Der Zusammenlegung der Konzernzentrale mit der des Tochterunternehmens Max Bahr in Hamburg fallen rund 220 Arbeitsplätze zum Opfer. Zudem werden zahlreiche Praktiker-Märkte schließen: Von 236 deutschen Standorten sollen etwa 200 übrig bleiben. Auf die Werbeaktivitäten des Unternehmens wirkt sich der Sparkurs aber offenbar nicht aus.
Wie Michael Molitor, Bereichsleiter Marketing, gegenüber HORIZONT.NET erklärt, laufen die Werbekampagnen von Praktiker "ganz normal weiter". Auch Boris Becker steht bei Praktiker nach wie vor als Testimonial unter Vertrag und soll in den vom Hamburger Stammbetreuer Freunde des Hauses entwickelten TV-Spots weiterhin eingesetzt werden. Molitor will auch 2012 auf der "gesamten Klaviatur" spielen, um Heimwerker in die Praktiker-Märkte zu locken. Neben TV-Spots wird die Hamburger Mediaagentur Pilot vor allem Radio-Commercials, Beileger und Online-Werbemittel schalten.
Dass Praktiker auf eine Kappung des Werbeetats verzichtet, legen auch die aktuellen Zahlen von Nielsen nahe. Danach hat das Unternehmen im Januar 2012 trotz finanzieller Schieflage immerhin 1,2 Millionen Euro in TV-Spots investiert. Im Vergleichsmonat des Vorjahres, in dem sich die Praktiker-Spendings am Ende auf brutto knapp 25 Millionen Euro summierten, hatte das Unternehmen so gut wie nichts für Werbung ausgegeben.
Obwohl der Umsatzrückgang um 7,7 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auch mit dem Verzicht auf die traditionellen "20 Prozent auf alles"-Aktionen zu tun hat, wird Praktiker an dieser Strategie festhalten. "Es wird 2012 und 2013 definitiv keine Werbung für 20-Prozent-Aktionen geben", betont Molitor. Es sei schlichtweg notwendig gewesen, aus dieser Art der Werbung auszusteigen. "Irgendwann wird das unrentabel", begründet der Manager den Schritt.
Statt der ruinösen "20 Prozent auf alles"-Botschaft dürfte Praktiker künftig das Einkaufserlebnis und den PoS stärker in den Mittelpunkt seiner Werbung rücken. Grund ist die geplante Umrüstung der Praktiker-Filialen. Diese sollen nicht nur deutlich übersichtlicher und großzügiger werden, sondern auch mit einer vereinfachten Preis-, Qualitäts- und Markenstruktur aufwarten. Ziel ist es, den Kunden ein attraktiveres Einkaufserlebnis zu bieten. "Sobald eine kritische Zahl von Märkten umgerüstet ist, wird das auch in der Kommunikation ein Thema", kündigt Molitor an.
Die Neupositionierung am PoS lässt sich Praktiker einiges kosten. Bis 2014 will der klamme Konzern nach eigenen Angaben mehr als 300 Millionen Euro für die Profilierung seiner beiden Konzernmarken Praktiker und Max Bahr ausgeben. Praktiker hatte bereits Anfang 2012 die ersten Märkte mit dem neuen Konzept vorgestellt. Dem Vernehmen nach soll ein großer Teil der Filialen noch in diesem Jahr umgerüstet werden.
Veränderungen stehen auch bei Max Bahr an. Die Konzernschwester hatte bereits letzte Woche angekündigt, ihre Kommunikation noch konsequenter auf Service und Beratung auszurichten und im Zuge dessen ihren Werbeetat an die Agentur Flemming-Pfuhl vergeben, die wie berichtet im März mit Vasata Schröder Florenz zu VSF&P fusioniert. mas |