Postbank: "600000 neue Kunden" (EurAmS)
Die Postbank hat das, wovon andere Banken träumen: Viele Privatkunden. Und es werden immer mehr. Wie Chef Wulf von Schimmelmann die und seine Aktionäre bei Laune halten will. Ortstermin in der Postbank-Zentrale in Bonn. Vorstands-Chef Wulf von Schimmelmann erscheint braungebrannt und angenehm entspannt im Besprechungsraum im fünften Stock. Schon nach wenigen Sekunden ist klar: Hier ist ein Boss, der trotz großer Verantwortung und langen Arbeitstagen eine gewisse Herzlichkeit nicht verloren hat. Nach dem einstündigen Gespräch ist aber auch klar: In der Sache ist von Schimmelmann sehr bestimmt, mit sehr klaren Vorstellungen. Im Gespräch mit EURO am Sonntag geht er auf die neuesten Entwicklungen bei der geplanten BHW-Übernahme ein, auf mögliche Zukäufe im Ausland und den Wandel in der deutschen Bankenlandschaft.
EurO am Sonntag: Haben Sie ein Konto bei der Postbank?Wulf von Schimmelmann: Natürlich. Meine gesamten Umsätze gehen darüber.
EurO: Wieviele Produkte der Postbank haben Sie? Der Schnitt liegt ja bei 1,8 pro Kunde. von Schimmelmann: Ich habe mehr. Ich sehe diese Zahl aber auch nicht als wichtigste Meßgröße für alle Kunden. Für uns kommt es auf die Kernkunden an.
Euro: Wieviele sind das denn?von Schimmelmann: Wir haben insgesamt mehr als 16 Millionen Kunden, die eine wie auch immer geartete Kontoverbindung haben. Davon benutzen rund 12,5 Millionen mindestens einmal im Jahr aktiv ihre Konten bei uns. Von diesen 12,5 Millionen sind es wiederum etwa fünf Millionen, bei denen wir sagen können, da sind wir die Hauptbankverbindung. Und bei diesen Kernkunden ist es für uns wichtig, unsere Produkte möglichst attraktiv zu präsentieren.
Euro: Attraktiv finden Sie auch den Baufinanzierer BHW, den die Postbank ja kaufen will. Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?von Schimmelmann: Diese Frage müssen Sie zunächst den Eigentümern stellen. Der Zeitplan sieht vor, daß in den nächsten Wochen die Due Diligence, also die Überprüfung der Bücher und des Unternehmenswerts, durch die Interessenten erfolgt. Mehr kann ich dazu nicht sagen.Euro: Aber das Ziel, den Kauf bis Ende 2005 abzuschließen, steht?von Schimmelmann: Wir sind nicht in einer so dominierenden Situation, daß wir den Prozess gestalten können.
Euro: Aber das Interesse besteht weiterhin?von Schimmelmann: Absolut.
Euro: Und je schneller ...von Schimmelmann: ... desto besser, das ist in der Tat so. Gerade hier leidet das Interesse, je länger diskutiert wird.
Euro: Worin liegt das Risiko?von Schimmelmann: Das BHW hat eine starke Vertriebsmannschaft. Gute Vertriebsleute wollen rasch Klarheit über ihre Zukunftschancen haben, sonst orientieren sie sich anders. Und ohne die heutigen Stärken wäre das BHW für uns nicht interessant.
Euro: Es heißt, die Postbank will 17 Euro pro BHW-Aktie zahlen.von Schimmelmann: Dann wissen Sie viel mehr als ich.
Euro: Dennoch: Sind 17 Euro realistisch? von Schimmelmann: Darüber können Sie spekulieren, wir werden uns daran nicht beteiligen.
Euro: Wollen Sie noch mehr zukaufen, um weiter zu wachsen? von Schimmelmann: Unsere Strategie baut auf organischem Wachstum auf. Wir haben 12,5 Millionen Kunden, da sind noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Wir sind ständig in der Überlegung, wie man die Kunden noch besser ansprechen kann, auch und gerade im Filialnetz. Aber wenn es Möglichkeiten gibt, werden wir auch künftig zukaufen.
Euro: Was sind interessante Übernahmeziele?von Schimmelmann: Alles, was in Richtung private Finanzierungen geht, interessiert uns. Wir haben in der Vergangenheit zahlreiche Baufinanzierungs-Portfolien übernommen. Das hatte für unseren Einlagenüberhang einen ähnlichen Effekt wie die Erwerbung der dahinterstehenden Finanzinstitutionen. Aber natürlich sind wir auch an attraktiven Finanzinstituten selbst interessiert. Euro: Bislang können Sparkassen, Genossenschaftsbanken und auch die Landesbanken nicht durch Privatbanken aufgekauft werden. Ist dieses System nicht veraltet?von Schimmelmann: Ja, wir waren schon immer dafür, daß in Deutschland ein offener, durchlässiger Markt geschaffen wird. Die alte Sorge, daß dann die privaten Banken alle Sparkassen aufkaufen, teile ich nicht. Erstens: So viele Privatbanken gibt´s gar nicht mehr, die aufkaufen können. Und zweitens ist so etwas niemals eine Einbahnstraße, wie das Ausland erfolgreich zeigt.
Euro: Sie haben mal Interesse an der Frankfurter Sparkasse gezeigt.von Schimmelmann: Mir leuchtet bis heute nicht ein, warum man diesen Prozeß, also den Verkauf der Frankfurter Sparkasse, so stark eingeschränkt hat.
Euro: Hätten Sie Interesse an einer Landesbank?von Schimmelmann: Das ist ein ganz anderes Geschäft, davon verstehen wir viel zuwenig. Aber mit großen Sparkassen etwas partnerschaftlich zusammen zu machen, das würden wir gerne tun.
Euro: Schaut sich die Postbank auch in anderen europäischen Märkten um?von Schimmelmann: Mal ganz hypothetisch: Wenn sich zwei große Sparkassen und die Postbank zusammentun würden, dann hätten wir natürlich schlagartig ein Institut, das auch über die Grenzen hinausschauen kann.
Euro: Sie wollen 15 Prozent Eigenkapitalrendite erzielen. Schaffen Sie das schon im laufenden Geschäftsjahr?von Schimmelmann: Wir haben immer gesagt bis 2006.
Euro: Gibt es möglicherweise eine Überraschung?von Schimmelmann: Wir halten an unserem Ziel 2006 fest.
Euro: Sie wollten dieses Jahr 600000 neue Kunden gewinnen. Wie ist die Lage?von Schimmelmann: Wir haben keinen Grund, von dem Ziel abzuweichen. Zum Halbjahr waren wir bei 360000 neuen Kunden.
Euro: Hoffen Sie durch die Übernahme der HypoVereinsbank durch Unicredit auf neue Kunden, die zur Postbank wechseln?von Schimmelmann: Nicht in größerem Umfang.
Euro: Man konnte in den vergangenen Wochen den Eindruck gewinnen, bei vielen deutschen Unternehmen wird geschmiert und gemauschelt. Erst VW, dann Infineon und jetzt auch noch BMW und die Commerzbank. Fehlt es bei vielen Managern am richtigen Charakter? von Schimmelmann: Ich kann nur zur Postbank etwas sagen. Bei uns ist das kein Thema. Es ist jedem in der Bank klar, daß es bei diesem Thema kein Pardon gibt. Viele fachliche Fehler kann man verstehen und sollte daraus lernen. Aber solche Sachen gehören wirklich nicht dazu.
Euro: Stichwort Bankgeheimnis. Sollte es aus Ihrer Sicht wieder eingeführt werden?von Schimmelmann: Mir erscheint eine Abgeltungssteuer am sinnvollsten. Wenn die Versteuerung der Zins- und Dividendenerträge durch eine Quellensteuer von x Prozent endgültig erledigt wäre, wären wir ein ganzes Stück weiter.
Euro: Gibt es wegen der Aufweichung des Bankgeheimnisses inzwischen mehr Kontoabwanderungen?von Schimmelmann: Wir haben versucht, das zu recherchieren, haben aber keine schlüssigen Erkenntnisse.
Euro: Ein weiteres Thema sind Studienkredite. Sind Sie da schon mit Modellen am Markt?von Schimmelmann: Das Thema Studienkredite halte ich volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich für ausgesprochen wichtig. Einige Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg wollen ja ab nächstem Jahr Studiengebühren einführen. Natürlich werden wir mit einem attraktiven Angebot kommen.
Euro: Wie wird dieses Angebot aussehen? von Schimmelmann: Für junge Menschen ist das so etwas wie ihre erste Investitionsfinanzierung. Sie stecken jetzt Geld in eine Ausbildung, von der sie sich später einen besseren Verdienst und entsprechende Rückzahlungsmöglichkeiten ausrechnen. Genau bei dieser Überlegung setzen wir an.
Euro: Das ist natürlich ein Modell, um künftige finanzstarke Kunden früh zu binden. von Schimmelmann: Das ist ein angenehmer Nebeneffekt. Die jungen Menschen sehen dann, daß wir auch bei anderen Finanzbedürfnissen der richtige Partner an ihrer Seite sind.
Euro: Zum Schluß noch eine Frage zum Sport-Sponsoring. Sie waren Sponsor beim Confederations Cup und für die Fußball-WM im nächsten Jahr in Deutschland sind Sie auch ein Geldgeber. Ist das ein Bereich, den Sie in Zukunft noch weiter ausbauen? von Schimmelmann: Wir haben uns zunächst nur bis zur Weltmeisterschaft festgelegt. Danach sehen wir weiter und schauen, mit welchem Engagement wir unsere Ziele am besten erreichen.
Euro: Gibt es bald auch eine Postbank-Arena? von Schimmelmann: Nein. Wir haben uns gegen die Ausrichtung auf einzelne Teams oder Stadien entschieden. Es ist nicht unsere Stärke, das Auf und Ab im voraus genügend beurteilen zu können. Früher haben wir im Eishockey die Frankfurt Lions gesponsort, zwei Jahre lang. Beide Male haben die Lions gegen den Abstieg gekämpft. Da waren wir ebenso wie alle Fans enttäuscht. Und im nächsten Jahr, als wir nicht mehr dabei waren, sind sie Meister geworden. «Interview: Jan Schäfer
Vita Wulf von Schimmelmann
1947 im bayerischen Steinhöring geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in Hamburg und Zürich. Seit 1. Februar 1999 ist von Schimmelmann Chef der Postbank. Zuvor war er bei anderen Banken beschäftigt.
Gruß Moya |