Die Vorzeigefirma Singulus wird zum Sorgenkind. Asiaten bauen ihre Anlagen nach. Und die Börse verliert den Glauben von Michael Höfling
Roland Lacher weiss, wie die Aktionäre seines Unternehmens fühlen. Er ist selbst einer. 141 750 Anteile an Singulus Technologies besitzt der Vorstands-Chef. Die waren mal rund zehn Millionen Euro wert. Heute sind es noch 1,4 Millionen. Und bald vielleicht noch weniger. Das Beispiel Singulus zeigt, was Globalisierung für einen deutschen Mittelständler bedeuten kann.
Anfang Mai mußte der als umsichtig und bodenständig geltende Ingenieur den Märkten die jüngste Hiobsbotschaft überbringen. Der Gewinn des Unternehmens, das Maschinen für die Herstellung von CDs und DVDs baut, war im ersten Quartal eingebrochen, und auch der Auftragseingang war stark rückläufig. "In Asien sind wir derzeit mit einer schwachen Investitionsphase konfrontiert", sagt Lacher. Die im TecDax notierte Aktie stürzte ab. Sie notiert heute in der Nähe ihres Allzeittiefs, knapp unter zehn Euro.
Singulus war lange Zeit ein Vorzeigeunternehmen am früheren Wachstumssegment der deutschen Börse. Im November 1997 wurde die Firma von Permira, einem der von SPD-Chef Müntefering als "Heuschrecken" bezeichneten Finanzinvestoren, an den Neuen Markt gebracht. Lacher hatte frühzeitig auf den Siegeszug der DVD gesetzt. Mit Erfolg: Der kleine Silberling schlug ein. "Wir waren bei der CD noch die Nummer 16 der Welt, mit der DVD haben wir uns an die Spitze gesetzt", sagt Lacher. Singulus beherrschte den Markt, und die Aktie kletterte, erreichte in der Spitze einen Kurs von über 70 Euro. Dann kamen Börsenbaisse und Wirtschaftskrise. Der Abstieg begann.
Von den knapp 700 Singulus-Mitarbeitern entwickeln, produzieren und vermarkten rund 500 die Produkte des Unternehmens in Kahl bei Frankfurt. Noch. Denn die Konkurrenz kommt nicht mehr nur aus Hochlohnländern wie Schweden, der Schweiz oder Japan. Sie kommt auch aus Taiwan und Hongkong. Dort wird brutal kopiert. "Sogar ein Kunde von uns baut jetzt diese Maschinen", sagt Lacher. "Nicht so gut wie wir. Aber viel billiger. Die nehmen uns das Geschäft von unten weg."
Was tun? Gegen die asiatische Konkurrenz kämpfen? Aussichtslos. "Wir reden hier über die 35-Stunden-Woche, während die dort rund um die Uhr arbeiten", sagt Lacher. Selber nach Asien gehen? Lacher hat dazu Studien in Auftrag gegeben. Noch ist er unentschlossen. "Wir stellen ja nicht alle Teile selber her", gibt der 62jährige zu bedenken. "Und in Asien eine zuverlässige Lieferkette für die Fremdprodukte aufzubauen ist mit unwägbaren Risiken verbunden." Jetzt liebäugelt Lacher damit, mit Blick auf die asiatischen Absatzmärkte gemeinsame Sache mit den Konkurrenten zu machen. Getreu dem Motto: "If you can't beat them, join them."
Das allein wird nicht reichen. Lacher mußte auch die bittere Erfahrung machen, daß Spitzentechnologie manchmal gar nicht mehr gewollt ist. "Unsere Maschinen sind überentwickelt", sagt er, "das zeigt die hohe Nachfrage nach den billigeren, simpleren Geräten." Er will die eigenen Produkte jetzt vereinfachen.
Die nähere Zukunft von Singulus hängt aber vor allem an einer Frage: Was kommt nach der DVD? In der Entwicklung sind zwei technologisch unterschiedliche Formate mit jeweils deutlich höherer Speicherkapazität. Sie ermöglichen Aufnahme und Wiedergabe von Sendungen im hochwertigen HDTV-Format. "Wir arbeiten eng mit den jeweiligen Konsortien zusammen, das sichert uns eine gute Position, wenn es losgeht", sagt Lacher. Wann das sein wird, ist unklar. Gerüchten zufolge steht die Einigung auf einen Standard bevor, um einen System-Wirrwarr wie in den Siebzigern bei den Videoformaten zu vermeiden.
Börsianern ist das aber zuwenig. Analysten sind skeptisch, Fondsmanager sehen anderswo bessere Chancen. Da hilft auch das Aktienrückkaufprogramm nichts, mit dem Singulus bisher zwei Millionen Aktien vom Markt genommen hat. "Wir halten das angesichts der schwierigen Lage für die bessere Alternative gegenüber einer Dividende", sagt Lacher.
Unabhängig davon beträgt der Börsenwert nur noch rund 350 Millionen Euro, der Streubesitz liegt bei 100 Prozent. Die Heuschrecken lassen grüßen. "Eine Übernahme durch einen Finanzinvestor ist ein realistisches Szenario", sagt Malte Schaumann, Analyst bei SES Research. Lacher hat zumindest keine Vorbehalte: "Ich habe mit Private Equity bisher nur gute Erfahrungen gemacht."
Artikel erschienen am 15. Mai 2005
Ein Finanzinvestor müßte ja betrunken sein, wenn er den Laden für 350 Mio, bei der Ertragsausicht übernehmen würde.
Wenn man die Discounted Cash Flow Methode zum Ansatz bringt, sind 200 Mio/Euro noch viel zuviel. Ein potentieller Investor dürfte mit ca. 15% Kapitalisierungszinssatzes und Risikozuschlag rechnen.
Die Übernahme-Fantasie wird jetzt ins Spiel gebracht um noch Dumme zufinden denen man seine Aktien verkaufen kann ( NEWTRADER u.s.w ).
Auch die Fantasie mit HD-DVD und Blu Ray würden die Gewinne wieder extrem anziehen, ist sehr problemmatisch. Und selbst wenn wie Nachhaltig wäre diese Phase ( 1 Jahr maximal 2 Jahre).
Der Vorstand von Singulus hat echt verpennt.
Mein bisheriges Kursziel waren 8 EURO, nun tendiere ich eher zu einem Fair Value von 5 EURO/Aktie. Und selbst das ist noch sehr RISIKOREICH.
Also Leute Finger weg, lest noch einmal meine Postings. |