erstmal danke für deine ausführlichen und teils grafisch ausgestalteten Beiträge. Auch wenn wir nicht einer Meinung sein mögen, so denke ich macht es dennoch Spaß auf dieser Basis zu diskutieren.
Meiner Meinung nach kann man von einem "Modell" BGE noch nicht wirklich abschätzen, welche Folgen es im Detail haben wird und es ist auch nicht unüblich, dass man sich so manche Vorteile mit Nachteilen auf anderer Seite erkauft.
Wenn jedoch die Vorteile überwiegen und man Wege findet um die möglichen Nachteile (z.B. Garantierung des Geldumlaufs, Refinanzierbarkeit, usw.) in Grenzen zu halten, so ist es die Sache wert auszuprobieren. Ich denke, dass die die damals die Sozialsysteme einführten, vor ähnlichen Herausforderungen standen und viele Kritiker es für unmöglich und nicht finanzierbar hielten. Heute mehr als 100 Jahre später gibt es diese Systeme immer noch uns so manche Armut konnte damit abgewendet werden, aber man musste eben auch einsehen, dass es nicht DIE Lösung ist, so wie auch das BGE nicht DIE Lösung der fernen Zukunft sein wird, sondern eben nur eine Zwischenetappe in einem Dauerlauf gegen Armut und gesellschaftlichen Verfall.
Nun aber auch noch mal zu deinem Argument, dass die Löhne im Hochlohnsektor steigen würden. Dem Argument möchte ich insofern widersprechen, weil im Hochlohnsektor die Wertigkeit des Geldes abnimmt und hier andere Dinge wie "Perspektive, Attraktivität, Chancen" eine größere Rolle spielen und zudem die 1000€ mehr im Monat sich relativieren. Wenn man dennoch deiner Argumentation folgen würde, so würde ich dies sogar negieren und den gegenteiligen Trend erwarten, nämlich dass Fachkräfte bereit sind für ein bisschen mehr Freizeit auch mit dem Stundenlohn zurück zu gehen.
Beispiel:
Bruttolohn 5000€ / Monat a 40h -------- BGE 1000€ / Monat = 6000€
Facharbeiter handelt nun zu Gunsten der Freizeit einen 32h Vertrag aus Lohn sinkt auf 4000€ BGE 1000€ D.h. der Mitarbeiter hat zum Monatsende das gleiche Geld und muss nur noch 32h arbeiten gehen. Warum sollte er nun mehr Stundenlohn verlangen, wenn er eh schon so viel gewonnen hat?
Da das Unternehmen die Fachkraft aber braucht, wird sich das Unternehmen etwas einfallen lassen.
Möglichkeit A) Es zahlt einen höheren Stundenlohn für 40h, so dass der Mitarbeiter dann statt der ursprünglichen 5000 = 7000€ verdient. Vielleicht denkbar, jedoch ineffektiv, weil man auf Dauer den Wunsch nach mehr Freizeit nicht wird mit Geld ökonomisch verträglich bezahlen wird können.
Möglichkeit B) Das Unternehmen verlangt die Einhaltung der 40h bei gleichen Bedingungen, bietet aber als Alternative einen Verträge mit niedriger Wochenarbeitszeit an, jedoch mit dem Manko eines geringeren Arbeitslohns. Dank der 1000€ BGE sind diese Angebote für den Mitarbeiter attraktiv, weil er so vielleicht mit 10% Lohnverzicht 20% weniger arbeiten muss. Für das Unternehmen sorgt diese Strategie dazu, dass die Löhne im Hochlohnsektor nicht stärker steigen als sie ohnehin angesichts des Fachkräftemangels steigen würden. Zudem muss man bedenken, dass bei Ausübung einer 40 oder gar 50h Woche die Konzentration derartig schwach wird, dass der Mehrwert eines 30h zu 40h-Vertrags nicht 33% sondern eher nur 11% beträgt.
Des Weiteren werden Arbeitnehmer aber auch Unternehmen nun Bildungsoffensiven starten können, da sie nun Arbeitnehmer ins Vollzeitstudium schicken können, ohne dabei zu viel Eigenleistung erbringen zu müssen.
Interessant wird es dann im mittleren und unteren Lohnniveau, denn hier hat das BGE einen deutlich höheren Anteil, so dass Mitarbeiter nun auch für niedrige Löhne arbeiten und leben können. Ich denke nämlich nicht, dass von heut auf morgen plötzlich die Putzfrau nicht mehr arbeiten würde für ihr Geld, im Gegenteil, sie kann nun mit einem etwas besseren Gefühl nach Hause gehen und evt. sogar darüber nachdenken, weniger als die 40h arbeiten zu gehen, was wiederum offene Stellen schafft.
Andererseits werden Arbeitnehmer sich gegen die "Sklaverei" wehren, z.B. wenn sie sich ausgebeutet fühlen oder ihnen der Job zu sehr zusetzt.
|