HB FRANKFURT. Eine Sperrminorität der Aktionäre von 49,8 Prozent habe sich auf der Hauptversammlung gegen das Übernahmeangebot von 25 Cent je Aktie ausgesprochen, teilte Primacom-Gläubiger Apollo am Mittwoch mit. Notwendig zur Zustimmung des Übernahmeangebotes wäre eine Drei-Viertel-Mehrheit gewesen. „Damit droht allen Aktionären nun der Totalverlust ihres Kapitals“, erklärte Apollo. „Es gibt keine Alternative zu der Transaktion, da wir sonst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Insolvenz beantragen müssen“, hatte Primacom-Finanzvorstand Stefan Schwenkedel am Dienstag am Rande der Hauptversammlung gesagt.
Primacom wolle dazu am Mittwoch keine Stellungnahme abgeben. Ein Apollo-Sprecher sagte, es werde jetzt sondiert, wie es bei Primacom weitergehe. Aktionärsvertreter bezeichneten das Abstimmungsergebnis hingegen als Erfolg. Sie sehen für die Gesellschaft andere Alternativen und begründen dies mit den Verbesserungen im operativen Geschäft.
Die Aktionäre hätten auf der Hauptversammlung einem Vertrag zustimmen sollen, der vorsieht, dass die Gesellschaft das operative Geschäft sowie sämtliche Darlehensforderungen an die BK Breitband Kabelnetz Holding GmbH verkauft. Im Gegenzug sollte die BK Breitband Kabelnetz Holding sämtliche ausstehenden zweitrangigen Darlehensforderungen in Höhe von rund 448 Millionen Euro übernehmen. Gesellschafter von BK sind Apollo und JP Morgan Chase.
SdK - Aktionäre entziehen Vorstand das Vertrauen
Die Aktionäre von Primacom haben nach Aussage von Christoph Öfele, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), zudem dem Vorstand mit 52,72 Prozent das Vertrauen entzogen. „Erstmal ist das ein Sieg für die Aktionäre, wir haben alle wesentlichen Abstimmungspunkte gewonnen“, sagte Öfele. Primacom und Apollo wollten sich dazu nicht äußern.
Zudem kam es auf der Hauptversammlung zu einer Neubesetzung des Aufsichtsrates. In das Kontrollgremium wurden SdK-Vorstand Markus Straub und Wolfgang Preuß, der rund 14 Prozent am Primacom hält, gewählt. Die beiden Aufsichtsratsmitglieder Peter Bogner und Shane O„Neill standen nicht mehr für eine Wiederwahl zu Verfügung. „Damit ist die Aktionärsseite wieder stärker im Aufsichtsrat vertreten“, sagte Öfele.
Primacom hätte nach der Übernahme aufgelöst werden sollen. Das Angebot sah vor, dass die Aktionäre 25 Cent je Aktie bekommen sollten. Aktionäre und Aktionärsvertreter hatten das Angebot als deutlich zu niedrig bezeichnet. Apollo hatte ein höheres Angebot abgelehnt und das bestehende als „großzügig“ bezeichnet. Primacom hatte nach Apollo-Angaben zuletzt Verbindlichkeiten in Höhe von rund eine Milliarde Euro und kann trotz guter operativer Ergebnisse den Schuldenberg nicht mehr abtragen. Die seit Anfang 1999 an der Börse gehandelten Aktien hatten in der Boomphase der Kapitalmärkte Mitte des Jahres 2000 Kursnotizen von 100 Euro verzeichnet.