Der Kader des 1. FC Köln hat ein neues Gesicht - eine Bestandsaufnahme Talente, Riesen, Sensationen
Der Zweitligist hat erstmals seit Jahren wieder einen Linksverteidiger.
Stefan Wessels (27) hat von Uwe Rapolder (!) gelernt, dass der lauteste Torhüter das Tor hüten darf. Wessels brüllt seither ständig Sachen wie "WACH SEIN!" oder "DECKEN!" Wessels hat zuletzt auch richtig gut gehalten. Keine Chance also erst mal für
Dieter Paucken (23), ein Torhüter mit Kultpotenzial. Nach Aussage mehrerer Mitglieder des Betreuerstabs der kräftigste FC-Spieler aller Zeiten. Kann Abschläge über das gegnerische Tor schießen. 193 cm lang, 90 kg schwer - ein Riese! Benjamin Finke duelliert sich mit Paucken um den Platz hinter Wessels. Finke verschläft gern, ist aber wohl der komplettere Torwart.
Marvin Matip ist ein großes Defensivtalent, hatte aber zuletzt den gemeinen Lauf, dass ausnahmslos jeder seiner Fehler zum Gegentor führte. Das wird sich geben, und dann wird er sich ein feines Duell liefern mit
Alpay, dem Nationalverteidiger aus der Türkei, bei dem man nie weiß, was er im nächsten Moment mit seinem Gegenspieler anstellen wird. Manchmal etwas langsam auf den Beinen. Das Vertrauen in den 33-Jährigen ist weiterhin begrenzt.
Alexander Mitreski ist dagegen einer, auf den zu bauen sich lohnt - ein Hyper-Athlet in einer Rüstung aus Muskeln. Wenn er vorbeisprintet, bebt der Boden. Der 26-Jährige sieht ein bisschen aus wie T 1000, Schwarzeneggers supermächtiger Gegner in "Terminator 2". Die perfekte Ergänzung zu
Lukas Sinkiewicz, der nach einer überragenden Bundesliga-Rückrunde wegen eines Kreuzbandrisses noch lange ausfällt - eine Katastrophe für den Nationalspieler. Wenn er zurückkehrt, wird er allerdings stärker sein als je zuvor. Seine Zukunft beginnt gerade erst.
Bernt Haas hat einen Kreuzbandriss bereits hinter sich, und noch immer ist der 28-jährige Schweizer extrem verletzungsanfällig. Das hat
Carsten Cullmann in die unfassbare Lage gebracht, ein Kandidat auf einen Stammplatz zu sein. Cullmann ist nach endlosen Verletzungsphasen beschwerdefrei, hat gewohnt gut trainiert und in den Tests nicht schlecht gespielt. Respekt.
Pekka Lagerblom macht einen Ausflug zum 1. FC Köln zum Erlebnis. Wann immer Fans künftig die Frage gestellt wird, warum um Gottes Willen sie sich Trainingseinheiten eines Zweitligisten anschauen, können sie antworten: "Wegen Lagerblom!" Der Finne rennt morgens um zehn auf den Übungsplatz, als ginge es um die Champions League. Wer dermaßen will, der kann auch.
Baykal ist im defensiven Mittelfeld eine gute Ergänzung zu Lagerblom. Der 23-jährige Schweizer kann sich die Nachbereitung der Spiele eigentlich sparen, weil er schon auf dem Platz permanent Analysen erstellt. Ein technisch versierter Spieler mit großem taktischen Verständnis, der sich jedoch in punkto Gewaltbereitschaft ein wenig bei Lagerblom abschauen könnte.
Matthias Scherz könnte glatt mit einem Stammplatz im Sturm rechnen, wenn beim 1. FC Köln nicht schon wieder eine Sensation im Gange wäre. Die Sensation heißt
Adil Chihi, ein 18-jähriger Deutsch-Marokkaner, der ebenfalls eine Reise ans Geißbockheim wert ist. Chihi ist ein Meister der Improvisation, alles an seinem Spiel ist höchst ästhetisch und spontan. Chihi kann alles, was man nicht lernen kann. Müsste nur etwas mehr essen.
Patrick Helmes hat seinen bereits in der vergangenen Saison geplanten großen Durchbruch auf diese Saison verschoben. Gnadenlos schnell, guter Abschluss, mittlerweile auch körperlich konkurrenzfähig.
Thomas Broich hat zu Gladbacher Zeiten irgendwann einmal einen Mannschaftskollegen im Auto mitgenommen und eine Mozart-CD offen rumliegen lassen. Weil er zudem Bücher liest, steckt er tief in der Schlaumeier-Schublade, obwohl er vor allem ein kluger Fußballer ist, der fantastische Pässe spielen kann und in der Vorbereitung zudem extrem torgefährlich war. Ob er hart genug ist, seinem Potenzial gerecht zu werden, kann er in der Zweiten Liga nun vortrefflich beweisen.
Peter Madsen ist immer noch da, und irgendwie gibt sich der Däne alle Mühe, nicht als weiterer Super-Flop in die jüngere Kölner Transfer-Historie einzugehen. Deutete an, dass er im rechten Mittelfeld wohl recht gut aufgehoben ist, aber dort spielte zuletzt meist Broich neben
Ricardo Cabanas, dem Schweizer, der bei der WM als Elfmeter-Kunstschütze auffiel. Cabanas wird in dieser Saison offensiver spielen, was ihm entgegenzukommen scheint, aber die Aussichten von
Dennis Epstein auf dessen mehr und mehr verdienten Platz zusätzlich mindert. Salvatore Gambino (22) erwischte einen guten Start in die Vorbereitung, steckte aber in den letzten Tests im Tief. Wird zu Saisonbeginn wohl der prominenteste Ersatzspieler der Zweiten Liga sein.
Fabrice Ehret (26) ist ein echter Linksverteidiger. Er beerbt Leute wie Roland Benschneider oder Alexander Voigt. Hier ein Versprechen: Ehret ist besser. Schnell, giftig im Zweikampf, kopfballstark - und er kann Flanken aus vollem Lauf schlagen. Kaum zu glauben.
So long (oder doch besser short?) Kalli |