Anlegern liegt die im August erneut gestiegene Inflation noch schwer im Magen. Doch bald könnten Aktien wieder attraktiver werden, meinen einige Chartexperten an der Wall Street. Wann rechnen Sie mit einer Trendwende?
Vorsichtiger Optimismus an der Wall Street: Nach dem brutalen Ausverkauf am Dienstag rechnen einige Börsenexperten mit einem weiteren Ausverkauf zum Jahresende hin. Andere schätzen, dass die Märkte den Boden bald erreicht haben und von dort aus umschwenken. Die Frage sei nur, ob die Zahlen noch schlimmer aussehen werden als beim Crash im Juni. In jedem Fall müssten Marktteilnehmer erstmal noch Zinsen und Kursbewegungen auf der Strafbank aussitzen, meinen die Analysten.
Analyst Ed Clissold glaubt nicht an einen großen Crash vor dem Turnaround: "Der Dow Industrials und der S&P müssen nicht erst Tiefststände wie im Juni erreichen, um zur Erholung anzusetzen", zitiert CNBC den Chefstrategen für die USA bei Ned Davis Research (NDR). Der Ausverkauf sei ein negatives Signal, jedoch kein Ausschlusskriterium für eine bullische Trendumkehr gewesen. "Im Großen und Ganzen hat der Markt am Dienstag das zurückgegeben, was er angehäuft hatte, bevor die Inflationsdaten bekanntgegeben wurden." Als Zeitpunkt für einen möglichen Turnaround nennt er Ende September oder Anfang Oktober. "Es wird in den nächsten Wochen darum gehen, ob der Markt eine Jahresendrallye einleiten kann oder nicht", fügt Clissold hinzu.
Ähnlich optimistisch zeigt sich Mark Newton, technischer Stratege bei Fundstrat Global Advisors. Der Analyst sieht den Ausverkauf von Dienstag als Katalysator für eine Jahresendrallye: "Die Umschwünge bei der Bewertung des US-Dollars und den Kryptowährungen könnten den Weg für höhere Preise im vierten Quartal ebnen, genauso wie die steigenden Staatsanleiherenditen." Derzeit geht Newton für die kommenden drei Wochen allerdings von einem Index aus, der immer weiter sinkt.
Traditionell nimmt der S&P 500 im vierten Quartal des Zwischenwahljahres noch einmal Fahrt auf. Das glaubt auch Oppenheimer-Analyst Ari Wald und bezieht sich auf Daten, die bis ins Jahr 1928 zurückreichen. Bereits einen Monat nach einem brutalen Ausverkauf steige der S&P 500 durchschnittlich wieder um ein Prozent. "Der Markt könnte bald einen Boden finden, der nicht allzu tief sein wird. Ein schwächerer Abschwung ist möglich." Wald setzt dabei auf das Potenzial von Tech-Unternehmen. Bis jetzt zeigten sie eine schwache Performance und verzerrten auf diese Weise verbesserte Rahmenbedingungen auf dem Markt.
Der S&P 500 rutschte am Dienstag zeitweise um 4,3 Prozent ins Minus und bescherte der Wall Street damit den höchsten Tagesverlust seit Juni 2020. Freitagnachmittag verzeichnete er ein Wochen-Minus von drei Prozent. Grund für den Ausverkauf war die Enttäuschung über die Inflationsdaten des US-amerikanischen Arbeitsministeriums für August: Anleger hatten mit einem Rückgang der Inflation und somit niedrigeren Zinsen gerechnet, doch sie stieg erneut. Mitte kommender Woche erwartet die Wall Street den neuen Zinsschritt der US-Notenbank. Anleger erwarten eine Erhöhung von 75 Basispunkte, Portfoliomanager Mark Mobius rechnet in einem Bloomberg-Interview sogar mit einem Zinshammer in Höhe von 700 Basispunkten.
Autorin: Sarah Stemper, wallstreet:online Zentralredaktion |