S&P-Analyse Halbleiter - Der lange Weg zurück Von Thomas Smith, S&P Analyst 18. Nov. 2001 Die Börse zeigt sich derzeit überaus lebhaft, vor allem bei den Halbleiteraktien. Eine Wende zeichnet sich für die Chip-Branche durchaus ab. Allerdings wird der Aufschwung sich nur allmählich vollziehen. Eine Erholung wird darüber hinaus für die einzelnen Chip-Kategorien zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten. Die besten Aussichten bestehen unserer Meinung nach für die Kategorien DSP und Analoganwendung.
Die Halbleiterbranche befindet sich in einer tiefen Talsohle, die nur schwer zu überwinden ist. Auf den Boom des Jahres 2000 folgte 2001 ein kolossaler Einbruch, der mit erheblichen Absatzeinbußen und mit einem Verfall der durchschnittlichen Verkaufpreise für Chip-Massenware, insbesondere für Speicherchips, verbunden war. Für das Jahr 2002 prognostizieren die meisten Branchenbeobachter eine schwache Erholung mit Wachstumsraten im einstelligen Bereich. Mit einem deutlicheren Anstieg kann demzufolge erst für die Jahre 2003 und 2004 gerechnet werden.
Goldene Zeiten erst ab 2004
Erst im Jahr 2004 werden Umsätze erreicht werden können, die über dem Niveau des Jahres 2000 liegen, so die Prognose. Für eine Branche, die in den letzten 40 Jahren Wachstumsraten von durchschnittlich 17 Prozent verzeichnen konnte, ist das gegenwärtige Tempo allerdings betrüblich.
Allerdings müssen die Daten relativiert werden. Lange Zeit war die Branche Konjunkturzyklen unterworfen, die typischerweise drei bis vier Jahre umfassten. Dass nach dem Boom-Jahr 2000 eine lange Wachstumspause eingetreten ist, kann daher als normal angesehen werden, auch wenn ihr Ausmaß bedrückend ist. Sollte sich der zyklische Verlauf fortsetzen, so können für die Branche irgendwann zwischen 2004 und 2006 goldene Zeiten anbrechen.
Kommunikationsbereich meiden
Wir gehen davon aus, dass der Bereich Festnetzkommunikation ein Jahr oder noch länger brauchen könnte, um sich zu erholen. Ferner sind die Fahrzeug-, die Raumfahrt- und die Investitionsgüterindustrie sowie der militärische Sektor relativ stabile Absatzmärkte für Chips. Die Chip-Nachfrage in den Märkten für Mobiltelefone, PCs, Videospiele und Breitbandanwendungen in privaten Haushalten dürfte gegen Ende des Jahres 2002 wieder steigen.
Unter diesen Annahmen hat bei Standard & Poor's viele Chiphersteller, die nur auf den Kommunikationssektor zielen, mit zwei STARS („Reduzieren“) oder drei STARS („Halten“) bewertet (siehe Link: " Geld verdienen mit dem S&P-Star-Ranking"). Zu den Unternehmen, die wir auf „Reduzieren“ stufen, gehören Applied Micro Circuits, Cypress Semiconductor, Integrated Device Technology, PMC-Sierra und Vitesse.
Breit aufgestellte Hersteller kaufen
Mit einem STAR („Verkaufen“) bewerten wir derzeit nur Micron Technology. In dieser Bewertung schlagen sich die recht düsteren Aussichten nieder, die für die Preisentwicklung bei Speicherchips bestehen. Micron produziert kostengünstig, macht aber dennoch Verluste. Die weltweiten Produktionskapazitäten für DRAMs sind insgesamt zu hoch. Wettbewerber wenden sich von der Herstellung von DRAMs ab, aber sie tun dies nicht schnell genug, um den Preisverfall zu stoppen.
Sollte sich der von Verlusten geplagte koreanische Speicherchiphersteller Hynix jemals aus dem Geschäft zurückziehen, würde sich die Preissituation verbessern. Es sieht allerdings so aus, als hätte Hynix eine Größe erreicht, die ein Scheitern unmöglich macht. Darauf lassen die Finanzspritzen schließen, welche die koreanische Regierung dem Unternehmen kürzlich zukommen ließ.
Uns gefallen solche Unternehmen, die auf breite Märkte zielen und die relativ am Anfang des zyklischen Aufschwungs wieder oben auf sein werden. Dazu gehören der Hersteller von hochwertigen Chips für Analoganwendungen Linear Technology, deren Aktie wir ebenso wie Texas Instruments mit fünf STARS oder mit „Kaufen“ bewerten. Vier STARS oder „Akkumulieren“ verleihen wir den Aktien von Analog Devices, NVIDIA, Microchip Technology sowie Maxim Integrated Products.
Thomas Smith leitet bei Standard & Poor's die Abteilung Technologie-Research.
Text: @ank |