Die Stimmung in den Lehrerzimmern der nds. Gymnasien ist derzeit auf dem absoluten Nullpunkt. Man lässt sich nicht gerne verarschen. Und das ist eine Verarschung. Das Maß ist einfach voll.
Um das zu verstehen, muss man den Kontext kennen. Dabei will ich gar nicht mit den ganzen Nackenschlägen in den letzten Jahren anfangen (Wer hatte die Last von G8 zu tragen? z.B. Weihnachtsgeld? inzwischen null. Urlaubsgeld? inzwischen null. Eigenverantwortliche Schule? Hört sich toll an, heißt aber im Klartext: macht das mal vor Ort selber. In der gleichen Zeit. Bei gleichem Geld. Lohnerhöhung? Kommt in Nds. ein paar Monate später, sprich, fällt hier geringer aus).
Vor rund 15 Jahren führte die damalige SPD-Kultusministerin Jürgens-Pieper Arbeitszeitkonten ein. Damit sollte angesichts klammer Kassen der Schülerberg bewältigt werden. Die Lehrer gingen also in Vorleistung. U. a. alle Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien bis zum 50. Lebensjahr wurden verpflichtet, ab dem Schuljahr 2000/01 zur Vermeidung von Unterrichtsausfall ein Jahr lang eine und neun Jahre lang zwei Unterrichtsstunden pro Woche zusätzlich zu unterrichten. Zudem wurden Regelungen zur Altersermäßigung ausgesetzt. Diese sollten ab 2014 wieder gelten. Jürgens-Pieper hat eine Arbeitszeiterhöhung für den Zeitraum der Rückerstattung, beispielsweise an Gymnasien bis 2023, ausgeschlossen. Die Rückzahlungsphase dieser Überstunden läuft gerade.
Noch im Frühjahr bekam man von der amtierenden Kultusministerin lauter Gegenteiliges zu hören (Wiederherstellung Altersermäßigung wird nicht angetastet u.ä.). Und jetzt kommt die neue Landesregierung mit einem dicken Bildungspaket - alles wird besser! Inklusive dem derzeitigen Lieblingsbaby Inklusion. Wer hat da wohl die Lasten im Alltag zu tragen? Genau, die Lehrer vor Ort. Und deshalb, voll logisch, sollen die Lehrer (an den Gymnasien, RotGrün favorisiert bekanntlich andere Schulformen) einen Anteil zur Finanzierung beitragen: eine Stunde mehr im Deputat. Da hängt natürlich noch mehr Zeit mit dran (Vor-/Nachbereitung, mehr Konferenzen, Elterngespräche etc.). Und das in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen.
Okay, denkt sich da der nds. Gymnasiallehrer. Dann muss ich die zusätzliche Arbeitszeit halt woanders einsparen. Alles, was über den Dienst nach Vorschrift hinaus geht, bleibt dann eben auf der Strecke. Der abendliche Theater(oder sonstwas)besuch. Die AG. Die mehrtägige Klassenfahrt*. Alles zusätzliche Engagement eben. Das, was Schule für die Schüler liebenswert macht. Und da komme mir keiner mit "nicht auf dem Rücken der Schüler austragen". Eine andere Art sich angesichts dieser Verarsche zu wehren, hat Lehrer nicht. Nur wenn Schüler und vor allem Eltern mit ins Boot geholt werden (und das werden sie), hat der Protest eine Chance auf Erfolg.
Nett dabei auch: es liefen in letzter Zeit so einige Podiumsdiskussionen mit den vor Ort gewählten Landtagsabgeordneten. Die hatten z.T. keine Ahnung, konnten z.T. die Maßnahme lediglich mit "ich verstehe euch ja, aber das hat die Koalition nun mal im Haushaltsausschuss so beschlossen, da muss ich jetzt auf für stimmen" "verteidigen". Denn inhaltlich lässt sich das nicht begründen (boersalino wies weiter oben schon darauf hin: Vergleiche mit anderen Bundesländern hinken, da gibt es z.T. noch Sondergratifikationen, vor allem aber ganz andere Entlastungsmodelle und noch anderes).
*Absolut ernstgemeint: wenn ihr nen Kind in der Schule habt, und das hat eine mehrtägige Klassenfahrt gemacht - macht es nicht wie alle Eltern: Kind schnappen, nix wie weg (oder gar darüber beschweren, dass man doch viel eher habe ankommen wollen, was steht der Bus auf der Rückfahrt auch im Stau). Geht hin zum Lehrer und bedankt euch, dass er seine Freizeit freiwillig (!) für euer Kind geopfert hat. Euch kostet die Geste nichts, beim Lehrer beugt es Frust vor, mal abgesehen von gewissen, eigentlich selbstverständlichen Formen des Anstands...
----------- Tja, kann ja so sagen, kann nichts dazu sagen, ob das sein kann, oder nicht. |