Nervosität an den Börsen hält an Die Nervosität an den internationalen Finanzmärkten wird nach Einschätzung von Bankstrategen diese Woche anhalten. Sie rechnen mit weiteren starken Kursschwankungen bei den europäischen Aktien.
Aktienexperten prognostizieren aber keine eindeutige Richtung. Ein Grund dafür ist die zunehmende Risikoscheu der Anleger vor dem Hintergrund der Krise am US-Hypothekenmarkt und ihrer Auswirkungen auf einige Hedge-Fonds. Dies begünstigt aktuell die Rentenmärkte.
Für Kursgewinne der europäischen Staatsanleihen spricht zudem, dass sich die Zinsdifferenz zwischen Europa einerseits und den USA sowie Japan andererseits vergrößern dürfte. Zwar erwarten Analysten am Donnerstag noch keine Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank, allerdings Hinweise auf einen solchen Schritt im September. Entsprechend rechnen Experten mit einem steigenden Euro und einem schwächeren Yen.
Der Spielraum für den Dax im zweiten Halbjahr
Die Dax-Entwicklung im zweiten Halbjahr beurteilen deutsche Strategen eher zurückhaltend. Der Leitindex war in den vergangenen vier Wochen zwischen 7500 und 8100 Punkten gependelt, hatte in den ersten sechs Monaten des Jahres aber um 20 Prozent zugelegt - fast soviel wie im gesamten Jahr 2006. "Für den DAX dürfte es im neuen Halbjahr schwerer werden, neue Hochs zu markieren, weil sich in Deutschland die nachrichtenarme Zeit fortsetzen wird", schreiben die Strategen der DZ Bank. "Zudem drohen zunehmend schlechte Nachrichten aus den USA. Bis zum Beginn der Quartalsberichtssaison Mitte Juli "wird sich der Aktienmarkt auf Wirtschaftsdaten fokussieren müssen, die den Aktieninvestoren vermehrt Sorgenfalten auf die Stirn bringen sollten", warnen die Strategen der Dekabank. Sie erwarten deshalb Unsicherheit und stärker als bisher schwankende Börsenkurse.
Auf Wochensicht schloss der Dax mit 8007,32 Punkten 0,7 Prozent im Plus, der europäische Stoxx 50 stieg um 0,6 Prozent auf 3946,89 Zähler. Kräftig abwärts ging es für den chinesischen Shanghai Composite, der binnen fünf Tagen 6,6 Prozent auf knapp über 3800 Punkte sank.
Unsicherheit an der Wall Street
Mit Verlusten gingen auch die US-Börsen aus der Woche: Der breit gefasste S&P 500 büßte 0,05 Prozent ein. Nicholas Bohnsack vom New Yorker Researchhaus Strategas erwartet für die US-Börsen einen leichten Anstieg der Volatilität, der die kommenden Sommerwochen prägen dürfte. "Wir haben rauhere See vor uns", sagt er. Auch Jim Paulsen, Chefstratege von Wells Capital Management, sieht derzeit Unsicherheit an der Wall Street, gibt sich aber dennoch optimistisch. Zwar dürfte diese Woche wegen des Unabhängigkeitstages am Mittwoch ruhig starten. Am Freitag sollten aber die Arbeitsmarktdaten für Bewegung sorgen. "Die Zahlen sollten nicht zu heiß und nicht zu kalt ausfallen," hofft Paulsen.
Er zeigt sich weder von der Hedge-Fonds-Krise beunruhigt, die er für überbewertet hält, noch von der US-Konjunktur. "Nach der momentanen Schwächephase wird sich zeigen, dass die US-Konjunktur robust wächst, und das wird dann auch die Aktienmärkte wieder auf neue Rekordmarken schicken." Die Großbank JP Morgan sieht das jedoch anders: "Wir sind auf kurze Sicht weiterhin negativ für US-Aktien eingestellt." Außer den Verwerfungen am US-Immobilienmarkt nennt sie Rückschläge für Private-Equity-Unternehmen bei der Jagd nach günstigen Großkrediten als Grund. Das schade der Übernahmefantasie und verstärke die Apathie der Aktienanleger.
Am Devisenmarkt kletterte der Euro am Freitag erstmals seit Wochen wieder über die Marke von 1,35 $ und legte auch zum Yen kräftig zu. "Die Zinsunterschiede sprechen auch in den nächsten Wochen für den Euro", sagt Hans Gunter Redeker, Chef-Devisenstratege von BNP Paribas in London. Er gibt dem Euro Potenzial bis in die Region von 1,37 $.
Schwacher Yen
Beim japanischen Yen sehen Experten eine Wiederbelebung der Carry Trades, bei denen sich Anleger in niedrig verzinslichen Währungen verschulden und in höherverzinsliche Anlagen investieren. Allein im zweiten Quartal hat Japans Währung rund 4,5 Prozent zum Dollar und 5,7 Prozent zum Euro verloren. Redeker sieht aber auch massive Mittelabflüsse aus Japan selbst. "Die Privatanleger sind auf den Geschmack gekommen und investieren zunehmend selbst in Ländern mit höheren Zinsen." Auf japanische Privatanleger entfielen inzwischen 33 Prozent des gesamten Handelsvolumens in der japanischen Währung. Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank führt aber auch die zuletzt schwachen japanischen Konjunkturdaten an. Zudem stärkte der Rückgang der Verbraucherpreise im Juni die Spekulationen, dass die japanische Notenbank den Leitzins zunächst nicht anheben wird.
Positive Anzeichen für Staatsanleihen
Für Kursgewinne bei den Staatsanleihen spricht laut Hellmeyer sowohl die steigende Risikoscheu der Investoren als auch, dass sich das konjunkturelle Bild global etwas eintrübt. Am Freitag konnte der Bund-Future seine anfänglichen Tagesgewinne allerdings nicht halten und notierte am frühen Abend mit 110,80 Zählern etwas leichter. Hellmeyer traut dem Kontrakt dennoch zu, kurzfristig die Marke von 111,80 Zählern ins Visier zu nehmen. Könne er diese knacken, habe er Potenzial bis 112,50 Punkte.
Von Doris Grass (Frankfurt) Quelle: Financial Times Deutschland Servus, J.B. |