Mais ist zusammen mit Weizen das weltweit wichtigste Getreide, aber auch jenes, an dem am meisten gentechnisch herummanipuliert wird. „Moderner“ Mais soll unfruchtbar sein, aber dafür resistenter gegenüber Schädlingen und Bakterien. Der Nachteil für die Bauern: Sie müssten das Saatgut aus einer Hand kaufen und damit wohl Monopolpreise zahlen. Dass Genmais gesundheitlich unbedenklich ist, wie es uns unsere Politiker weis machen wollen, wird wohl erst in vielen Jahren bewiesen werden können, wenn Erkrankungen tatsächlich ausbleiben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass wir täglich in direkter oder indirekter Form Substanzen aus Genmais zu uns nehmen, sei es über das Fleisch der Tiere, die mit Mais gefüttert wurden, oder über die Süße in Nahrungsmitteln. Bei der Herstellung von Benzinersatz mag das hingegen weniger eine Rolle spielen. Gerade der größte Energieverschwender der Welt, die USA, verfügt über Mais in Hülle und Fülle. Ein wachsender Maisanteil soll für die Herstellung von Bioethanol verwendet werden. Dass die Verwendung von Mais zur Bioethanolherstellung rentabel wurde, liegt nicht nur an den hohen Benzinpreisen. Vielmehr spielt auch die hohe Effizienz der Landwirtschaft eine Rolle, denn wer hätte vor einhundert Jahren gedacht, dass Nahrungsmittel heute nur deswegen angebaut werden, um sie anschließend in Fahrzeugmotoren zu verbrennen. Jene Getreide, die als Überschuss in den Industrieländern anfallen, und nicht rentabel an die Nahrungsmittelindustrie abgesetzt werden können, werden zur Herstellung von Treibstoffen verwendet. Dies ist bei Roggen in Deutschland geplant (siehe Analyse Ethanolmarkt). Dies eröffnet Bauern ein völlig neues Betätigungsfeld. Biokraftstoffe werden helfen, die Abhängigkeit der Industrieländer von den politisch unsicheren Gas- und Öllieferanten deutlich zu senken. Ein weiterer Vorteil der Biokraftstoffe kommt außerdem dem Weltklima zu Gute: Klammert man die bei Herstellung und Transport von Bioethanol verwendeten fossilen Brennstoffe aus, so tragen Biokraftstoffe zur Senkung der Kohlendioxid-Emissionen bei, da das Verbrennen der Pflanzen nur diejenige Menge Kohlendioxid freisetzt, welche die Pflanzen zuvor in ihrem Wachstumsprozess aufgenommen haben. Verboten sollte allerdings die gentechnisch veränderte Saatgutmischung für die Nahrungsmittel- und Futtermittelherstellung bleiben, da die Folgen für die Gesundheit nicht abzusehen sind. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, um Richtlinien zu schaffen, die eine Mischung von gentechnisch verändertem mit natürlichem Saatgut zu verhindern. Die Nachfrage Ein wichtiges Element bei der spekulativen Nachfrage spielen Indexfonds. Nachdem die Metalle und Energierohstoffe stark angestiegen sind, hoffen viele Anleger auf einen Anstieg der Getreidesorten, da sie dem Rohstoffboom „hinterherhinken“. Sie notieren noch immer weit unter ihren langfristigen Durchschnitten. Dass man mit Rohstoffen ein Portfolio optimieren kann, hat sich außerdem bis zu den Pensionsfonds herumgesprochen. Sie wollen in den kommenden Jahren Milliardensummen in Indexfonds investieren. So kommt es immer wieder zu dramatischen Preisausschlägen, auch wenn es keine Neuigkeiten gibt. Denn Indexfonds kaufen unabhängig von der Marktlage. Das trifft nicht zuletzt die Maispreise in den USA und weniger jene in Europa oder Asien, da die großen Indexfonds GSCI, Dow Jones/AIG, Jim Rogers und die Deutsche Bank bei den Getreiden primär in Chicago „einkaufen“. Die Folge: US-Mais wurde durch diese künstliche Verteuerung auf dem Exportmarkt weniger wettbewerbsfähig. Schon aus diesem Grund bietet es sich für die Amerikaner an, größere Mengen Mais zur Ethanolherstellung im eigenen Land zu verwenden und immer an denjenigen Abnehmer (Ethanol- oder Nahrungsmittelindustrie) zu verkaufen, der gerade den besten Preis bietet. Dieses „Schauspiel“ ist eindrucksvoll in Brasilien zu beobachten, wo die Zuckerrohrproduzenten wahlweise an Zuckerkäufer oder die Ethanolbrennereien verkaufen können. Die Nachfrage nach Mais wird daher ganz entscheidend vom Ethanolverbrauch abhängen. Im Jahr 2005 stellten die USA 16 Millionen Liter Ethanol her, das ist mehr als doppelt soviel wie im Jahr 1999. Der Ethanolbedarf ist bereits heute theoretisch deutlich höher, ist jedoch begrenzt durch die Produktionsengpässe bei den Brennereien. Daher entstehen jetzt neben den 97 in Betrieb befindlichen Brennereien 33 neue, während neun Anlagen ausgebaut werden. Für die Produktion des Ethanols wurden im Jahr 2005 insgesamt 13% der Maisernte in den USA verbraucht. Bis 2011 soll die Produktionsmenge auf 41 Millionen Liter steigen. Ein Vorteil der Ethanolbrennereien gegenüber Ölraffinerien ist, dass die Brennereien das ganze Jahr laufen können, während Ölraffinerien 25% des Jahres für Instandhaltungsarbeiten geschlossen haben. Die Substitution von Benzin durch Ethanol hat in Europa und in den USA aber gerade erst begonnen. Die Ziele sind ehrgeizig. Bis Ethanol in Europa und den USA im großen Stil genutzt werden kann, müssen noch große Anstrengungen unternommen werden. Da Ethanol nicht über Pipelines transportiert werden kann, da es zum Einrosten der Rohre führt, muss auf LKW oder Züge zurückgegriffen werden, um es zu transportieren. Hier wird es wohl immer wieder zu Engpässen kommen, was direkte Auswirkungen auf die Versorgung und damit auf die Benzinpreise haben wird. Indirekt lässt sich diese Entwicklung über die Erbauer von Eisenbahnwagongs und Zugstrecken spielen. Interessant erscheinen uns hinsichtlich der zu erwartenden Expansion des Eisenbahnsektors in den USA die Aktien von Union Pacific (NYSE: UNP, WKN 858144) und Norfolk Southern (NYSE: NSC, WKN 867028). Noch stärker wird die chinesische Ethanolnachfrage zunehmen. Der Benzin- und Erdölbedarf würde ohne die Substitution durch Biokraftstoffe geradezu ins unermessliche wachsen. Schon heute deutet sich ein unerbittlicher Konkurrenzkampf um die knappen Erdölressourcen an. China testet gerade in mehreren Großstädten die Herstellung und Vermarktung von Ethanol. Nebst Zuckerrohr will das Land der Mitte bei der Ethanolherstellung auch auf Mais setzen. Allerdings wird dieser Nachfrageboom bei Ethanol die Nachfrage nach Mais nicht explodieren lassen. Denn zunächst müssen die Verarbeitungskapazitäten, d. h. die „Biobrennstoffraffinerien“ aufgebaut werden. Kurzfristig ist da nicht viel möglich. Die Bauzeit der neuen Brennereien liegt deutlich über jener im letzten Jahr, da es auch Engpässe bei den Bauteilenb gibt. So bleibt weiterhin entscheidend, wie sich die Nachfrage nach Viehfutter entwickelt. Auch sie wird mittelfristig mit dem steigenden Wohlstand der Schwellenländer und dem damit verbundenen höheren Fleischkonsum wachsen. Wie bei den anderen Getreidesorten gilt auch hier, dass sich vor allem China, auch wegen der gleichzeitig stattfindenden Landflucht der chinesischen Bauern, vom Exporteur zu einem massiven Mais- und Fleischimporteur wandeln wird. Es handelt sich aber auch dabei um einen mittelfristigen Prozess, so dass plötzliche „Nachfrageschübe“ wenig wahrscheinlich sind. Die Nachfrage könnte vorübergehend sogar zurückgehen, wenn die Vogelgrippe zur Epidemie heranwachsen sollte. Der Konsum von Geflügel hat für Chinesen Priorität. Ansonsten wird für die Preisentwicklung von Mais aber das Angebot bestimmend sein. Angebot Das Angebot bestimmt sich über die Größe der Anbauflächen und über die Ertragsraten, die in direkter Verbindung mit dem Wetter liegen. Die Anbauflächen werden von Jahr zu Jahr neu festgelegt. Sie unterliegen keinen langfristigen Planungen und können flexibel auf die Lagerbestände aus dem letzten Jahr und auf die erwartete Nachfrage im neuen Jahr angepasst werden. Da es im letzten Jahr eine Rekordernte gab, werden in den USA in diesem Jahr kleinere Anbaugebiete als im letzten Jahr eingeplant. Diese Ankündigung führte zu einem Kurssprung, da Hedgefonds und andere Anleger auf eine Verknappung von Mais zum Ende des Jahres spekulieren. Zu einer Verknappung kann es tatsächlich kommen, wenn der Sommer trocken und heiß wird und es zu Ernteausfällen kommt. Allerdings können die geplanten Anbauflächen in den nächsten Wochen wieder nach oben korrigiert werden, was die Preise belasten könnte. Jede kleinste Wetteränderung wird aufmerksam registriert. Die Hoffnungen auf zusätzlich Nachfrageschübe aus den Schwellenländern sind groß und die Effizienz der Landwirtschaft in den ehemaligen Ostblockstaaten nimmt stetig zu. Von dort können jedes Jahr Überraschungen kommen, da bisher die in den USA übliche Prognosegenauigkeit fehlt. Unabhängig davon gilt es festzuhalten, dass Engpässe des Angebots bei Mais nicht von den Flächen, sondern von den Lager- und Weiterverarbeitungskapazitäten bestimmt werden. Diese sind inzwischen so knapp geworden, dass die amerikanischen Bauern oft nicht mehr wissen, wohin sie mit ihren Überschussmengen ausweichen sollen. Die Crux in diesem Jahr ist also das Wetter. Sollten die Ertragsraten durch schlechtes Wetter unerwartet fallen, so droht ein Angebotsdefizit im kommenden Jahr, was die Preise deutlich ansteigen lassen würde. Zusammenfassung Der Appetit der Anleger für Rohstoffe erfasst jetzt auch die Getreidemärkte, was sich direkt in einer steigenden Volatilität widerspiegelt. Wie bei Zucker, das in Brasilien zur Ethanolherstellung verwendet wird, wirken sich steigende Ölpreise positiv auf die spekulative Nachfrage nach Mais in den USA aus. Wir halten Mais für interessant, da die Ethanolnachfrage unserer Meinung nach in den kommenden Monaten eher überraschen als enttäuschen könnte. Immer wieder kann das Wetter auch zu Preisausschlägen führen. Die Wetterextreme aus dem letzten Jahr führen schon jetzt zum Aufbau einer Risikoprämie in den Preisen der Getreide. |