. AKTIENSERVICE FUNDAMENTAL-EMPFEHLUNG DER WOCHE: MEDIGENE - substanzielle Neubewertung angebracht, Risiko verringert __________________________________________________
In den Jahren 99 und 2000 strebten viele Biotechunternehmen an den Markt. Sie erhielten durch das IPO Unmengen an Kapital, dass sie auch dringend benoetigten, denn die ersten Produktumsaetze waren erst in 2005 oder 2006 zu erwarten. Um die Cashburnrate nicht zu sehr ausarten zu lassen, schlossen viele Biotechs For- schungskooperationen mit grossen Pharmaunternehmen, die mit Mei- lensteinzahlungen verbunden sind, sobald Forschungserfolge er- zielt werden.
Dennoch konkretisiert sich zunehmend, dass die Cashburn-Raten vieler kleinerer Biotechs viel zu gross sind, um die ersten Pro- duktumsaetze noch zu erleben. Medigene verfuegt derzeit noch ue- ber liquide Mittel in Hoehe von nicht ganz 80 Mio Euro, dies entspricht in etwa auch der Marktkapitalisierung, man kann hier also durchaus von einer im PeerGroup-Vergleich guenstigen Funda- mentalbewertung sprechen. Dennoch betraegt die Cashburn-Rate bei Medigene rund 8,5 Mio Euro per Quartal. D. h.: das Geld reicht noch knapp 2 Jahre. Spaetestens Mitte 2004 muss Medigene also erste Produktumsaetze generieren, ansonsten droht das Aus, in der Theorie zumindest, denn die Lizenzen und Patente sind ja auch als Asset zu werten und in gewisser Weise fungibel.
Die Biotechs waren in positivem Boersenumfeld gestartet und hat- ten erwartet, im Laufe ihrer Zeit ihre Cashbestaende durch do- sierte Kapitalerhoehungen wirder aufzustocken. Auf Grund der schlechten Verfassung des Kapitalmarktes wird dies jedoch auf absehbare Zeit nicht moeglich sein. Medigene hat dieses Problem sehr fruehzeitig erkannt und rechtzeitig reagiert, so schloss man Vermarktungskooperationen und kaufte Lizenzen fuer Medika- mente, die bereits recht schnell auf den Markt gebracht werden koennen - falls die Zulassungsbehoerden dem keinen Strich durch die Rechnung machen.
Mit Etomoxir, hier hatte Medigene die Forschung einstellen mues- sen, hat man bereits einen empfindlichen Rueckschlag hinter sich, da die Entwicklungskosten nicht mehr amortisiert werden koennen - weitere Rueckschlaege dieser Art waeren schwer zu ver- kraften. Dennoch muessen Anleger verstehen, dass dies zum ge- woehnlichen Tagesgeschaeft von biopharmazeutischen Unternehmen zaehlt.
Am 25.07. erhielt jedoch der US-Medigene-Partner Atrix Laborato- ries, Inc. (NASDAQ: ATRX) von der US-amerikanischen Gesundheits- behoerde (FDA) die Marktzulassung fuer Eligard. Der weniger als zehn Monate dauernde Pruefungsprozess belegt die hohe Qualitaet der von Atrix eingereichten Daten, auf denen der Medigene-Zulas- sungsantrag fuer Leuprogel zur Vermarktung in Europa basiert. Daher sollte dieser Erfolg keinesfalls unterbewertet werden, denn ist recht unwahrscheinlich, dass die europaeischen Arznei- mittelbehoerden den Amerikanischen nicht folgen.
Wie hoch ist also das Leuprogel-Marktpotenzial und wie hoch sind die zu erwartenden Umsaetze? Nun, vergleichbare therapeutische Wirkstoffe (LHRH-Analoga) werden in Europa bereits vertrieben, so bspw. von AstraZeneca. Das europaeische Marktvolumen fuer diese Therapeutica liegt derzeit bei rund 600 Mio Euro. Gehen wir konservativ von einem Marktanteil von 10-15% fuer Leuprogel aus, verbleibt fuer Medigene ein Bruttowert von 60-90 Mio.
Da die Zulassung von Eligard in den USA 10 Monate dauerte, rech- nen wir bei Medigene bereits fuer 2003 mit ersten Produktumsaet- zen in signifikanter Hoehe. Aus unserer Sicht rechtfertigt dies eine substanzielle Neubewertung des Unternehmens, das sich das Risiko deutlich verringert hat. Dieser Bewertungsaufschlag wird im Rahmen der PeerGroup-Vergleichsbewertung noch nicht reflek- tiert (Cash/Marktkapitalisierung 0,9). Wir halten ein "Long Term Buy"-Rating daher fuer angemessen.
Anleger sollten sich jedoch bewusst sein, dass gerade Biotech- Aktien stark stimmungsgetrieben sind und dem Gesamtmarktrisiko ueberproportional unterliegen. Ein Kauf auf Grund einer ueber- zeugenden Unternehmensstory sollte daher einem Anlagehorizont von mindestens 36 Monaten, besser 5 Jahren oder laenger unter- liegen. Zwischenzeitlich kann sich die Medigene-Aktie durchaus nochmals halbieren. Bis 2004/2005 sehen wir jedoch Vervielfach- ungspotenzial, da sich bis dahin das Marktumfeld stabilisiert haben sollte, Medigene signifikante Produktumsaetze generieren wird und sich dann auch weitere vielversprechende Medikamenten- kandidaten in konkreteren Entwicklungsphasen befinden werden.
MEDIGENE (NEMAX 50), WKN: 502090
Marktkapitalisierung: 68 Mio EUR KGV 03e: neg.
Kurs XETRA 30.07. 6,98 EUR 52-Wochen-Hoch: 6,35 EUR 52-Wochen-Tief: 2,00 EUR
Kursziel 24 Monate: 29,70 EUR Empfohlenes Stop-Loss: 4,51 EUR Unser Anlageurteil: "Long Term Buy"
OPTIONSSCHEIN & HEBEL-ZERTIFIKATE-TRADING
Lohnt sich bei Medigene der Erwerb eines Calls?
Nachfolgend betrachten wir einen langlaufenden Call-Optionsschein auf Medigene:
WKN Emittent Basispreis Faelligkeit Briefkurs Omega
666469 Goldman Sachs 17,5 E 10.12.03 0,377 1,8
Anleger sollten hierbei beachten, dass die immense Volatilitaet der Aktie eine enorme implizite Volatilitaet von 110% des Op- tionsscheins nach sich zieht, was die preisliche Attraktivitaet des Optionsscheins stark beeintraechtigt. Da das Omega (Hebel- wirkung) insbesondere auf Grund der schlechten moneyness (der Schein liegt sehr weit aus dem Geld, Aktie 7 Euro, Strike 17,5) mit 1,8 nur sehr gering ist, raten wir in diesem Fall dazu, die Aktie physisch zu kaufen. Das Angebot an Medigene-Calls ist sehr knapp, wobei der oben aufgefuehrte Schein zwar im Vergleich die besten Konditionen aufweist, absolut betrachtet aber inakzepta- bel bewertet ist. Das Chancen/Risiken-Profil spricht hier also eindeutig zugunsten des physischen Erwerbs der Aktie.
Gruß |