Hans Bernecker: Feiertage sind schlecht für die Börsen! Mails/Nachrichten vom 05.06.2001, Bernecker & Cie.
-------------------------------------------------- Guten Morgen, meine Damen und Herren, Feiertage sind schlecht für die Börsen. Das gilt hüben und drüben bzw. gegenseitig. Damit ist die laufende Korrektur schon zur Hälfte erledigt, aber eben nicht ganz. Ich kann damit gleichwohl sehr gut leben. Allerdings, und das gilt für die nächsten Wochen: Große Ereignisse werfen ihre Schatten nicht voraus, also sind gewaltige Rallies nach dem Muster von 1998 oder 1999 nicht zu erwarten. Das frustriert so manchen Neuling, aber kaum einen erfahrenen Börsianer. Die Entwicklung von damals wird es in den nächsten zwei Jahren ebenfalls nicht geben. Dafür können Sie solide rechnen. Wenn, dann nur billig kaufen. Sie merken dies auch an den Einschätzungen der Analysten der großen Investmenthäuser. Sie müssen ebenfalls umdenken und merken zusehends, daß die Story nichts bringt. Einfach deshalb, weil sie nicht da ist.
Wall Street konkret: Der Gewinn von gestern im Dow entsprach mehr dem Zufall wie umgekehrt der leichte Verlust im Nasdaq. Erfreulich in beiden Märkten: Die Ihnen bekannten Relationen waren auch gestern eindrucksvoll positiv. Dahinter verbirgt sich die innere Stärke des Marktes, wobei ich überrascht bin, daß die amerikanische Arbeitslosenquote schon wieder gefallen ist. Ich hatte mit 4,7 % als Spitzenwert gerechnet, 4,5 % wurden es bisher. Inzwischen 4,4 %. Ich bezweifle, ob dies schon ganz aussagefähig ist, weil eine ganze Reihe von Entlassungen in der Verarbeitung angekündigt, aber in den Maizahlen noch nicht berücksichtigt waren. Im übrigen gilt aber: FED-Funds-Rate von 3,5 % ist notwendig. Das alles ist nicht sensationell, und ich hatte es Ihnen schon vorgezeichnet.
Wo liegt der Boden von Sun Microsystems, die in der letzten Woche an einem Tag um 20 % abgesackt waren? Bei 12,50 - 13 $ gegen aktuell 16,25 $. Dies als Beispiel für alle Technikaktien in den nächsten Tagen. Halten Sie an meinen skizzierten Limits fest, da ich keinen Grund sehe, hier Wesentliches zu ändern. Ich werde die neuen Limits voraussichtlich erst zum Wochenende nennen. Bei Lucent gibt es einige Realisierungen enttäuschter Abfindungshoffnungen. Hier liegt meine Kaufbasis um rd. 8 $. Deutlich fester/stabiler sieht allerdings Xerox aus, nachdem die Vorwürfe bezüglich einer Bilanzfälschung nicht stimmen.
Deutschland probierte gestern eine Feiertagsbörse. Ob das Sinn macht, möchte ich bezweifeln. Das sieht eher gewollt, aber nicht gekonnt aus, und irritiert mehr als es erhellt. Sie merkten es an den Umsätzen. Haken Sie die gestrigen Kurse deshalb als nicht geschehen ab. Vor allem gilt dies für die Technikaktien, wo gerne gespielt wird, wie gestern bei SAP mit 193.500 Stück Umsatz und einem Kursplus von 3,3 %. Strategisch darf über einige Dinge neu nachgedacht werden, nachdem wichtige Beschlüsse abgehakt sind. Wer verfügt über den besseren Ansatz, Allianz oder Münchener Rück, nachdem erstere die Fusion mit der Dresdner Bank in der HV bestätigt erhielt? Diese Frage beantworte ich in der nächsten AB, weil sie wegweisend ist. Ich halte das für Ihre Portfoliostrategie ebenfalls für sehr aussagefähig. Sie wissen: Ich hatte mich nach dem ursprünglichen Beschluß eher zurückgezogen und dafür die anderen drei Versicherungen im MDAX favorisiert. Das war richtig. Jetzt ist eine Neugewichtung notwendig.
Ohne Dt. Telekom gibt es keine DAX-Hausse. Das sollten Sie ganz klar sehen, auch wenn diese Aktie jeden Tag einer neuen Betrachtung unterliegt. Mit der definitiven Abwicklung des Voicestream-Geschäftes sind die Fronten immerhin so klar, daß mit wilden Spekulationen der ehemaligen Voicestream-Aktionäre wohl nicht mehr zu rechnen ist, allerdings mit einigen "Sammelklägern", die sich unter der Adresse eines Anwaltsbüros einen Nebenverdienst verschaffen wollen. Schon der Name des Anwaltsbüros sagt alles. Aber ich verzichte auf die Namensnennung, die Sie sicher in der Presse lasen.
Europäisch: Wenn Cisco für Marconi bietet oder bieten will, nachdem Alcatel bei Lucent nicht zum Zuge kam, zeigt Ihnen dies, was bevorsteht: Der große Konsolidierungsprozeß bei den Ausrüstern beginnt. Für Sie denkbar einfach: Nachdem alle Titel dieser Art kräftig gefallen waren, sind Marconi, Ericsson ebenso wie Lucent ein Kauf. Offen sind natürlich die Übernahmekurse bzw. Umtauschangebote. Sicher ist: Sie liegen höher, weil alle wissen: Diese Adressen hatten sich im Kurs übernommen, sind aber jetzt extrem preiswert. Ich würde mich nicht wundern, wenn in Kürze für Lucent ein weiterer Bieter auftritt. Am interessantesten ist zur Zeit aber eher Ericsson, wie ich Ihnen in der AB schon begründete. Gleiches gilt für die Europa-Telekom-Adressen. Dazu laufen noch einige Recherchen, aber hier kündigt sich ein weiterer Konsolidierungsbedarf an. Ich werde darüber in der AB berichten.
Das wär's für heute und ich wünsche Ihnen noch vier erfolgreiche Börsentage in dieser Woche.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker |