"...Aus Sicht der Amerikaner seien die Russen „noch nicht so lange von den Bäumen heruntergekommen“, beklagte Putin 2007 in einem Interview mit der „Time“ – und offenbarte damit tief sitzende Minderwertigkeitskomplexe.
Der Moskauer Journalist Michail Sygar warnt in seinem Buch „Endspiel“: „Verschwörungstheorie und Antiamerikanismus sind zur neuen offiziellen Ideologie Russlands geworden.“ Wladimir Putin sieht sich im Krieg: Schon im Wahlkampf 2012 zitierte er den Dichter Michail Lermontow, dass die Soldaten davon träumten, für die Heimat das Leben zu geben. „Die Schlacht um Russland geht weiter. Wir werden siegen“, appellierte Putin mit zitternder Stimme an eigens abkommandierte „Anhänger“: „Wir sind ein Sieger-Volk, das haben wir in den Genen“
"Dass der Kremlchef so viel und so beschwörend von Kampf, Krieg und Stärke redet, lässt auf ein tief sitzendes Gefühl von Schwäche schließen. Das Gefühl der Erniedrigung und Beleidigung, das viele systemnahe Russen nach dem Zerfall der Sowjetunion empfanden, sitzt beim Kremlchef besonders tief. Glasnost und Perestroika erlebte er in der DDR, die für ihn eine kleine heile Welt war, nicht als Befreiung, sondern als Zusammenbruch. Auch seiner Karriere.... ...Später nannte er das Ende der Sowjetunion „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“. In seinen gesteuerten Medien lässt er Gorbatschow als Verräter darstellen, und Stalin als großen Patrioten. Er lässt Radikale wie Alexander Dugin hofieren, die zur Eroberung Europas aufrufen, und Netzwerke mit den Rechtsradikalen auf dem ganzen Kontinent knüpfen... Er will Europa schwächen. Um selbst stärker zu sein. Wie gefährlich Schwäche ist, auch das hat er in der Baskowgasse in Petersburg schmerzvoll am eigenen Leib erfahren müssen: In einem Nachbarhof legte er sich mit einem fremden Jungen an, den er für schwächer hielt, und grundlos beleidigte, wie er Jahrzehnte später im Kreml erzählte. Der vermeintliche Schwächling entpuppte sich als stärker – und der kleine Putin bekam kräftige Prügel. Und zog eine Lehre daraus: „Egal, ob man im Recht ist oder nicht – man muss stark sein, um die Möglichkeit haben, etwas zu erwidern!“ .....Seit er an der Macht ist, wurde Stärke zum zentralen Thema in Russland. So wie er sie sieht. Nicht als Stärke der Gesetze, der demokratischen Institutionen, Zivilgesellschaft und Meinungsfreiheit. Stärke bedeutet für Putin, dass er alles allein entscheidet. Ohne lästige Einmischung von Parlament, Gerichten oder Presse, ohne nervige Rücksicht auf Gesetze und Spielregeln. Machotum als Staatsdoktrin... Der nur 1,70 große Kremlchef wirkt nur deshalb so groß, weil sich seine Widerparte im Westen wegducken und ihn damit geradezu herausfordern, immer mehr mit seinen Muskeln zu spielen. Was wir derzeit erleben, in Syrien, in der Ukraine und anderswo, zeigt nicht Putins Stärke - sondern die Schwäche seiner Gegenspieler."
Der Mann wird niemals aufhören, solange er nicht gestoppt wird.
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