http://www.focus.de/panorama/welt/tid-18362/...r-cash_aid_511052.html Lieben Kriminelle 500-Euro-Scheine? Ja, sagt Großbritannien und hat die Ausgabe der Banknoten verboten. Dass sie in Deutschland nicht überall angenommen werden, hat einen anderen Grund. Die Briten sind überzeugt: 500-Euro-Noten spielen Verbrechern und Terroristen in die Hände, die Geld schmuggeln und waschen wollen. Deswegen ist seit Mitte Mai der Handel mit dem „Gangster-Cash“ auf der Insel verboten. Wechselstuben und Banken geben sie nicht mehr aus. Weiterhin erlaubt ist aber, die lila Noten aus dem Ausland mitzubringen und auf das Konto einzuzahlen.
Spitzname „Bin Laden“ Neun von zehn der 500-Euro-Scheinen in Großbritannien gehen nach Erkenntnissen des Amtes für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens in London (Soca) durch die Hände von Verbrechern. Die Noten werden daher auch „Bin Laden“ genannt: Man weiß, es gibt sie, allein wo sie gerade kursieren, ist unbekannt. Ein besonders brisanter Fall, der Soca untergekommen ist: Fahnder fassten einen Gangster, der innerhalb eines Jahres 500-Euro-Noten im Wert von mehr als vier Millionen Pfund (rund 4,6 Millionen Euro) auf die Insel geschleust hatte.
Die Euro-Noten sind in Großbritannien nicht Landeswährung, aber sie haben zwei Vorteile: Die Herkunft des Geldes lässt sich besser als beim Pfund verheimlichen. Vor allem aber sind die Scheine – gerade mal 160 mal 82 Millimeter groß und federleicht – unauffällig zu transportieren. Transportieren Verbrecher eine Million Pfund in 50-Pfund-Noten, bräuchten sie 20 000 Scheine, die 50 Kilogramm wiegen. Für denselben Betrag bedarf es gerade mal 2300 der Euro-Scheine mit einem Gewicht von wenigen Kilogramm. „Logistische Probleme von Kriminellen werden durch große Scheine klar erleichtert“, sagt der Bremer Strafrecht-Professor Felix Herzog, der sich auf Geldwäschebekämpfung spezialisiert hat, zu FOCUS Online.
Probleme im Heimatland der Mafia Soca ist nicht die einzige Behörde, die Banknoten mit einem so hohen Nominalwert skeptisch beurteilt. Im April berichtete der Finanznachrichtendienst Bloomberg von einer internen Studie der italienischen Notenbank. Auch sie kam zu dem Schluss, dass die lila Noten Geldwäschern und Steuerhinterziehern das Geschäft erleichtern. Italien habe besonders darunter zu leiden, weil im Heimatland der Mafia illegale Zahlungen noch häufig bar beglichen würden.
Herzog hält es für naheliegend, dass auch beim organisierten Verbrechen in Deutschland 500-Euro-Scheine gefragt sind. „Mit großen Scheinen wird vor allem im Autohandel, im Baugewerbe und im Glückspielbereich hantiert. Das sind genau die Branchen, in denen es zu organisierter Kriminalität kommt.“
Frankreich will 500er abschaffen Fahnder in Deutschland haben allerdings keinerlei Hinweise darauf, dass 500er besonders häufig geschmuggelt oder gewaschen würden, wie Bundes- und Zollkriminalamt unisono versichern. Auch bei den Landeskriminalämtern in Bayern und Hessen ist die Problematik unbekannt.
In Frankreich gab es vergangenen Herbst eine Initiative im Parlament, 500-Euro-Scheine abzuschaffen. Im Alleingang ist dies für Euro-Länder aber nicht möglich. Das Sagen hat die Europäische Zentralbank. Und die sieht keinen Anlass, die Stückelung der Euro-Noten zu verändern. „Der EZB-Rat hat 2005 gründlich alle Argumente gegeneinander abgewogen“, so ein Sprecher zu FOCUS Online. Es gebe mehrere Gründe dafür, die Stückelung auch bei einer Aktualisierung der Noten beizubehalten. Unter anderem führt er an, dass es ohne 500-Euro-Noten zu steigenden Produktions- und Transportkosten käme, da erheblich die Nachfrage nach kleinen Stückelungen steigen würde. „Außerdem ist die Nachfrage da, es hat sie schon immer gegeben“, sagt er mit Verweis auf 1000-D-Mark-Scheine. „Den legalen Bedarf an Banknoten darf man nicht bestrafen.“ Nach Erhebungen der Bundesbank wuchs der Bedarf an großen Scheinen seit Beginn der Finanzkrise – auch um sie zu Hause zu horten. Derzeit machen 500er mehr als ein Drittel der Scheine aus, die in der Eurozone ausgezahlt wurden. In Deutschland sind 500-Euro-Scheine häufig unerwünscht. Tankstellen lehnen sie genauso ab wie kleinere Läden oder auch Gaststätten, allerdings nicht wegen Sorgen, Geldwäsche zu unterstützen.
„Aus Sicherheitsgründen können wir keine 200- und 500-Euro-Scheine annehmen“, heißt es etwa auf Schildern an den Türen der Restaurantkette „Bohne&Malz“ in München. „Wenn die Scheine gefälscht sind, ist der Verlust mit einem Schlag gewaltig“, sagt Geschäftsführer Jakob Hagenbucher. Zwei Mal habe er dies schon erlebt, das genügte ihm. Zwar sind die Lokale mit Falschgeldprüfgeraten ausgestattet. Doch vertrauen will Hagenbucher auf die Geräte nicht. Und wenn es zur Mittagszeit hoch hergeht, hat das Personal ohnehin wenig Zeit, Scheine unter UV-Licht zu halten.
Bei Fälschern unbeliebt Die Angst vor falschen 500ern ist verbreitet. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, eine lila Blüte untergejubelt zu bekommen, gar nicht so groß. Im zweiten Halbjahr 2009 tauchten 83 gefälschte 500-Euro-Noten auf – was angesichts 28 216 gefälschter Noten einen verschwindend geringen Prozentsatz ausmacht. Vorübergehend waren 200er bei Fälschern beliebt, inzwischen werden vor allem aber 20- und 50-Euro-Scheine nachgemacht.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum lila und gelbe Noten abgelehnt werden: das Wechselgeld, das Händler parat haben müssten. Bei einem kleinen Straßenverkauf oder beim Bäcker ums Eck leuchtet wohl jedem Käufer ein. Der Tagesumsatz ist schließlich nicht groß. Anders bei den Tankstellen. Dort hat sich seit einigen Jahren wegen der Gefahr von Überfällen eingebürgert, den Bargeldbestand möglichst gering zu halten. „Große Scheine in der Kasse sind ein absurd hohes Sicherheitsrisiko. Und Tankstellen sind nun mal ein beliebtes Opfer“, sagt Sigrid Pook, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Tankstellen und gewerbliche Autowäsche. Hinzu kommen Versicherungsauflagen. Aushang genügt Tatsächlich steht es Besitzern von Tankstellen, Läden und Lokalen gesetzlich zu, die Annahme seltener Geldscheine zu verweigern. Voraussetzung ist, dass sie die Käufer vor Abschluss des Geschäfts darauf aufmerksam machen: mit Aushängen an den Zapfsäulen und an Eingangstüren. Bei 200- und 500 Euro-Scheinen ist nach Aussage von Markus Feck, Finanzjurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die Sache klar. Anders stehe der Fall bei den allgemein gängigen 100-Euro-Scheinen. „Da hätte ich meine Probleme, wenn jemand die Annahme verweigert“, sagt er. Hier könne ein Kunde durchaus auf sein Recht pochen, wenn ein Händler den Schein nicht annehmen will. |