+++++++++++++++ Coca-Cola greift Pepsi an Von Marc Pitzke, New York
Coca-Cola übernimmt die US-Getränkefirma Glaceau. Hinter dem Deal steckt mehr als nur eine einfache Akquisition: Der Konzern rüstet sich zum nächsten Krieg gegen Erzfeind Pepsi - und der wird mit stillem Wasser ausgetragen.
New York - Die "New World of Coca-Cola", ein am Wochenende eröffnetes Mega-Museum in Atlanta, ist ein 6000 Quadratmeter großer Werbespot. Unter einer riesigen Coke-Flasche fährt der Brausemulti über 1200 Exponate aus seiner Firmengeschichte auf. Und alle haben sie die gleiche Botschaft: die alten Radiospots, die erste Coke-Dose im All, der knuddelige Coca-Cola-Polarbär von heute. Diese Botschaft sang einst schon Ray Charles im PR-Auftrag des Konzerns: "Things Go Better With Coke."
Leider lässt sich das nicht auch für das Unternehmen selbst sagen. Zwar bleibt Coca-Cola ein Symbol amerikanischer Pop-Kultur. Wirtschaftlich aber wächst der Druck auf den weltgrößten Getränkekonzern, der voriges Jahr über 24 Milliarden Dollar Umsatz einfuhr. Druck von innen, wo CEO Neville Isdell bis heute mit den Folgen jahrelanger Querelen kämpft - und Druck von außen, wo sich Coke vom erfolgreichen Erzfeind Pepsi sowie von kleineren, agileren Rivalen im Trendmarkt für schicke Vitaminwasser ausmanövriert sieht.
Das merken auch die Börsianer. Der Kurs des Traditionsunternehmens hat sich zwar wieder etwas gefangen nach dem Tief der vergangenen Jahre, wo er auf die Hälfte abrutschte. Trotzdem: Die Coke-Aktie liegt heute bei 52 Dollar - weit entfernt vom Hoch von 1998 (88 Dollar). Pepsi dagegen ist im letzten Jahrzehnt fast ungebremst nach oben geschossen, auf zuletzt rund 69 Dollar - mehr als das Doppelte dessen, das der Konzern 1998 wert war.
Kein Durst mehr auf "Sodas"
So war denn jetzt die Nachricht, Coke kaufe die New Yorker Getränkefirma Energy Brands (Glaceau), mehr als nur eine Routinemeldung. Erstens ist dies mit 4,1 Milliarden Dollar die größte Übernahme, die Coca-Cola in seiner 121-jährigen Geschichte gewagt hat. Zweitens will Coke mit Glaceau endlich den Markt für stille Mineral- und Vitaminwasser erobern und Pepsi dort die Vorherrschaft streitig machen.
Anders gesagt: Der legendäre Brausekrieg zwischen Coke und Pepsi erlebt seine Neuauflage - nur diesmal ohne Kohlensäure.
ISM Konjunkturindex Gesundheitsbewusste Verbraucher haben nämlich vor allem in den USA immer weniger Durst auf kohlensäurehaltige Getränke, hier "Sodas" genannt. Stille Wasser, Eistees und Energy-Drinks werden dagegen beliebter und machen inzwischen über ein Drittel des US-Getränkemarkts aus. Firmen mit Natur-Image wie Hansen Natural, Jones und Honest Tea sind gefragt wie nie.
Griff nach Mexiko
Cokes Milliarden-Griff nach Glaceau zeige, "dass das Wachstum in der Getränkeindustrie nicht mehr von winzigen Bläschen kommen wird", prophezeite Seth Goldman, der CEO von Honest Tea, in der "New York Times". Denn stille Wasser seien der beste Erfolgsgarant der Zukunft: "Alle sind sich einig, dass es günstige Gelegenheiten jenseits von Sprudel gibt."
Pepsi erkannte das als einer der ersten. Vor sechs Jahren schnappte es sich für 13,8 Milliarden Dollar den Lebensmittelkonzern Quaker Oats, der nicht nur Frühstücksflocken herstellt, sondern unter anderem auch den immens populären Energy-Drink Gatorade. Ein echter Coup: Coca-Cola hatte den Quaker-Oats-Deal kurz zuvor als zu teuer abgelehnt. Damit gab es die Marktführung bei Vitaminwassern sozusagen kampflos an Pepsi ab - und Pepsi hat sie mittlerweile noch weiter ausgebaut.
Seitdem versucht Coke mühsam nachzuziehen, bisher aber nur mit kleineren Akquisitionen. So hat es die Biosaft-Firmen Odwalla und Mad River Traders sowie Fuze geschluckt, Letzterer ein Produzent "junger" Energy- und Vitamindrinks. Das Unternehmen hat außerdem noch den Eistee-Mixer Arizona im Blick, ebenso wie das mexikanische Getränkeunternehmen Jugos del Valle. Dessen Übernahme hat die Regierung in Mexico City jedoch bisher aus Monopolgründen verhindert.
Neue "Magie" für alte Marke
Glaceau, ein Unternehmen nördlich von New York City, soll Coke jetzt endlich den Anschluss verschaffen. "Es war ein dringend benötigtes Deal", schrieb der Portfolio-Manager und Getränke-Analyst Theo Parrish. "Zwar wird es nicht alle Probleme bei Coke lösen können. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung."
Glaceau stellt das beliebte, fast schon zum Kultobjekt mutierte Vitaminwater her, ein mit Geschmacksstoffen, Vitaminen und Mineralien angereichertes Wasser, erhältlich bisher meist nur im US-Nordosten und an der Westküste. Sein Verkaufsvolumen hat sich im vorigen Jahr verdoppelt. Cokes Volumen dagegen stieg im selben Zeitraum nur um knapp vier Prozent. Kein Wunder, dass Coke die Glaceau-Produkte nun schnell auch nach Übersee bringen will.
"Wir wechseln in die nächste Phase", sagt Isdell, der es sich zum Ziel gesetzt hat, seiner alten Marke neue "Magie" zu verleihen. So wurde am Wochenende bekannt, dass sich Coca-Cola nun auch Highland Spring einverleiben will, Großbritanniens zweitgrößten Mineralwasser-Produzenten - und zwar für fast eine Milliarden Dollar. Der neue Brausekrieg hat begonnen. +++++++++++++++++++ da tut sich was. limi
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