Sommer, Sonne und Prozente [Von ftd.de, 20:54, 01.08.04]
Tourismus- und Freizeitaktien boten in den vergangenen Monaten wenig Grund zur Freude - ganz anders als Branchenfonds. Der Sommer ist für viele die schönste Zeit des Jahres. Der Urlaub steht vor der Tür, die Sonne verspricht warme Tage und laue Nächte. Auch Reiseveranstalter und Gastronomen sehnen die warme Zeit und mit ihr die besten Umsätze des Jahres herbei. Anleger, die ihr Geld in Aktien der Urlaubs- und Freizeitindustrie investiert haben, dürften mit dem bisherigen Saisonverlauf indes kaum zufrieden sein. Die Kurse vieler Unternehmen wie etwa der des größten Hotelkonzerns Europas, Accor, dümpeln vor sich hin. TUI, größter Reiseanbieter auf dem Kontinent, ist an der Börse gerade mal halb so viel wert wie noch vor zwei Jahren, jetzt droht sogar der Rauswurf aus dem Dax. Die Aktienkurse von Euro Disney und dem britischen Tourismusunternehmen MyTravel bewegen sich nur noch knapp über der Nulllinie. Der Hauptgrund für die Reise- und Freizeitflaute ist in der Anhäufung verschiedener negativer Faktoren zu suchen. Die schleppende Erholung der Konjunktur und die damit verbundenen steigenden Arbeitslosenzahlen sind hier ebenso zu nennen wie Terroranschläge, die Lungenkrankheit Sars und der Irak-Krieg. Auch der hohe Ölpreis tut ein Übriges. Umso überraschender ist die Wertentwicklung der auf Urlaub und Freizeit spezialisierten Aktienfonds, neudeutsch auch Leisure Funds genannt, zu bewerten. Die Produkte der hier zu Lande aktiven Anbieter liegen auf Jahressicht alle im Plus. Über drei Jahre fällt die Performance zwar schlechter aus, sie entspricht aber immer noch in etwa dem Durchschnitt international anlegender Aktienfonds.
Geheimnis gelüftet
Schaut man sich die Depots der Fondsmanager einmal etwas genauer an, lüftet sich das Geheimnis. Die kaufen sich nämlich nur mit einem Teil des ihnen anvertrauten Geldes in klassische Tourismus- und Reiseunternehmen ein. Darüber hinaus investieren sie in fast alles, was auch nur im Entferntesten mit Freizeit zu tun hat, um nicht zu sehr in Abhängigkeit von der schwankungsintensiven Reiseindustrie zu geraten. Das Depot von Mark Greenberg etwa, Manager des Invesco-GT-Leisure-Fonds, dem ältesten Vertreter der Branche, enthält vor allem Aktien von Spielkasinos sowie von Film- und Fernsehunternehmen. Im Unterschied zu den meisten anderen Managern kauft Greenberg auch Titel von Bierbrauern wie Anheuser-Busch oder Heineken sowie von Schnapsbrennern und großen internationalen Tabakherstellern. Doch auch die Manager anderer Fonds beschränken sich keineswegs auf Hotel-, Reise- oder Sportartikelfirmen. Bei den meisten dominieren Branchen wie Internet, TV und Kino sowie Themen- und Freizeitparks. Zu den begehrtesten Aktien zählen dabei die von Time Warner, Walt Disney, Ebay und McDonalds. Was kaum überraschen mag, zählen doch Internet und Filmindustrie nach Meinung zahlreicher Analysten zu den Segmenten mit den größten Wachstumschancen.
Gute Aussichten
Einiges spricht indes dafür, dass klassische Freizeitunternehmen in den Depots der Fondsmanager künftig wieder mehr Berücksichtigung finden werden. Die Aussichten sind besser, als die Kurse derzeit vermuten lassen. So gehen viele Experten von anziehenden Notierungen bei Tourismusunternehmen aus, da die Fundamentaldaten der Branche dies durchaus rechtfertigen. Das Forschungsinstitut Prognos rechnet beispielsweise damit, dass die Europäer bereits in diesem und im kommenden Jahr zu ihrer Reiselust zurückfinden werden, die nach dem 11. September 2001 doch stark eingetrübt war. Zudem dürfte der bislang schlechte Sommer dazu beitragen, dass Urlaubsziele im sonnigen Süden wieder begehrter sein werden. Prognos geht hier von einem Wachstum von fünf Prozent in diesem sowie im nächsten Jahr aus, bis 2010 sollen es jährlich drei bis vier Prozent Zuwachs sein. Als einer der wichtigsten Faktoren für die erwartete Wende im Reisesektor könnte sich der schwache Dollar erweisen, der bei den Unternehmen zwar auf die Gewinne drückt, Reisen in die USA oder in die Karibik aber attraktiver macht. Viele Reiseanbieter haben bereits reagiert und bieten Trips, etwa in die USA, billiger an, um sich rechtzeitig ein Stück vom lukrativen Kuchen zu sichern. Auch für die Aktien von Sportartikelherstellern, einem weiteren klassischen Investment von Freizeitfonds, ist das Jahr noch längst nicht gelaufen. Schließlich steht nach der Fußball-Europameisterschaft und der Tour de France mit den Olympischen Sommerspielen in Athen ein weiteres sportliches Großereignis unmittelbar bevor. Das könnte den Aktien der Trikot- und Schuhhersteller einen zusätzlichen Schub geben, wenn begeisterte Zuschauer den Rest des Sommers im Dress ihrer Lieblingsathleten durch Straßen und Parks joggen. Gut denkbar auch, dass selbst Invesco-Manager Greenberg mit seinen Bierinvestments von Olympia profitiert. Denn was könnte schöner sein, als mit einem gut gekühlten Bier in der Hand anderen beim Schwitzen zuzusehen? :-)) cu gue100 |