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zurück Börse: Ölpreis bringt Öko-Aktien auf Trab - 12.08.2004 Nachhaltige Investition mit nachhaltigen Unternehmen
(smartcaps-Redaktion Frankfurt am Main)
Die Internationale Konferenz für Erneuerbare Energien, „Renewables 2004" in Bonn, hat Impulse für den weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien und eine nachhaltige Energiewirtschaft gegeben. Angesichts der hohen Ölpreise stand die Konferenz Anfang Juni im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses - wie auch die Öko-Aktien. smartcaps hat nachgeforscht, warum manche Energie-Titel von der aktuellen Debatte profitieren und andere nicht.
Wiederholt sich die Geschichte? Als vor gut dreieinhalb Jahren die Ölpreise auf neue Höchststände kletterten, stiegen in ihrem Sog auch die Aktienkurse derjenigen Unternehmen, die ihre Umsätze mit Energie aus Wind, Sonne und Wasser machen. Kurze Zeit später, und das ist hinlänglich bekannt, stürzten die Titel jäh ab. Nun ist der Ölpreis zwischendurch wieder auf Rekord-Niveaus geklettert, und manche Öko-Aktien konnten ihre Wiedergeburt feiern.
Gefragt sind vor allem die Sonnenenergie-Titel. Für die Anleger der Solarworld AG ging nach den düsteren Jahren 2001 und 2002 in den vergangenen Monaten wieder die Sonne auf. So konnte das Unternehmen gestern das bislang beste Halbjahresergebnis verkünden. Die Aktie des Solar-Modul-Herstellers hat seit einem Jahr ihren Wert fast versechsfacht. Allerdings liegt das Papier mit aktuell 27,30 Euro immer noch deutlich unter dem Höchststand von fast 98 Euro im Herbst 2000. Der Kurs der Freiburger S.A.G. Solarstrom AG hat sich in den vergangenen zwölf Monaten verdoppelt, liegt mit vier Euro aber noch unter dem Ausgabekurs. Für 2005 erwarten die Freiburger schwarze Zahlen - was dem Kurs weiteren Auftrieb geben dürfte. Auch mit der Solon AG geht es seit Anfang dieses Jahres wieder aufwärts. Die Aktie schoss von zwei Euro auf fast 12 Euro.
Staatlich geförderter Börsenboom
Wenn schon ein grauer Sommer, dann wenigstens heiße Kurssprünge bei den Sonnen-Aktien? Die jüngsten Wertsteigerungen sind in der boomenden deutschen Solarbranche begründet. Im vergangenen Jahr wurde die Produktion von Solarmodulen mehr als verdoppelt. Ursache für den Fotovoltaik-Boom ist das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das dem Strom aus der Sonne höhere Einspeisevergütungen garantiert. Je Kilowattstunde gibt es rund 57 Cent, und auch schon vor der EEG-Neufassung wurden die Solarmodule durch das ausgelaufene „1000 Dächer-Programm" der rot-grünen Bundesregierung üppig gefördert.
Der Sonnenenergie wird ein enormes Zukunftspotenzial zugeschrieben. Noch trägt sie weniger als ein Prozent zur deutschen Stromproduktion bei, weltweit soll der Fotovoltaik-Markt nach Schätzungen einer renommierten Großbank aber um mindestens 13 Prozent wachsen. „Die Sonne bringt 16.000 Mal mehr Energie auf die Erde, als von fossilen Energieträgern verbraucht wird", erläutert der Träger des alternativen Nobelpreises, Hermann Scheer. „Wenn es gelinge, einen kleinen Teil anzuzapfen, würde das der Solarbranche zum Durchbruch verhelfen." Die deutschen börsennotierten Solarfirmen sind im internationalen Geschäft allerdings weit abgeschlagen. Top-Player sind die japanischen Unternehmen Sharp und Kyocera, auf Platz fünf der weltweiten Top Ten liegt der deutsche Solarzellen-Hersteller RWE Schott Solar mit einem Umsatz in 2003 von 123 Mio. Euro. Zum Vergleich: Solarworld hat in 2003 noch nicht einmal 100 Mio. Euro Umsatz gemacht, will in 2004 aber zweistellig wachsen.
Kampf mit den Windmühlen der Politik
Doch, wie der staatlich subventionierte Börsenboom zeigt: Die deutschen Solarunternehmen sind abhängig von der Gesetzgebung. Würde die Regierung die Förderung einschränken, wäre es wohl schnell vorbei mit dem rasanten Wachstum. Denn die Exportquote liegt im Schnitt bei weniger als 20 Prozent.
Und wie schnell sich der Berliner Wind drehen kann, haben zuletzt die Windenergie-Unternehmen in voller Härte zu spüren bekommen. In der Novellierung des EEG hat die Bundesregierung die Einspeisevergütung für Windenergie-Anlagen auf dem Festland auf knapp neun Cent gesenkt - die Solarfirmen erhalten rund das Sechsfache. Für börsennotierte Wind-Firmen wie Nordex, REpower, Energiekontor und Umweltkontor herrscht nicht erst seitdem Flaute in den Auftragsbüchern. Sie verfehlten ihre Ziele, mussten Gewinn- und Umsatzeinbrüche hinnehmen. Stürmische Zeiten für die Aktienkurse: In den vergangenen drei Jahren haben alle Titel mit Ausnahme von REpower mehr als 90 Prozent an Wert verloren.
Die Nordex AG, Hersteller von Windkraftanlagen aus Rostock, rangiert seit Monaten als Penny-Stock für Zocker. Das Unternehmen steckt trotz strikter Sparprogramme tief in den roten Zahlen. „Wir rechnen weiterhin mit einem Verlust vor Steuern und Zinsen in Höhe von 28 Mio. Euro", bezifferte Vorstandschef Thomas Richterich die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr bei einer Telefonkonferenz gegenüber smartcaps. Für das kommende Geschäftsjahr 2004/2005 ist allerdings die Rückkehr in die Gewinnzone geplant. Eine Nordex-Aktie ist rund 0,90 Euro wert, wann es wieder bergauf geht, ist ungewiss - und hängt nicht zuletzt von den politischen Rahmenbedingungen ab.
Auch die REpower Systems AG beruft sich auf die Politik, um das schwache Geschäft zu erklären. „Sehr schwierig" sei das Marktumfeld im vergangenen Jahr gewesen, geprägt von „dramatischen Veränderungen" und „anhaltender Verunsicherung" - so bezeichnete Vorstandschef Fritz Vahrenholt die Situation auf einer Telefonkonferenz. REpower ist die einzige noch in einem großen Index (TecDAX) notierte Öko-Aktie und erlebte in den letzten Monaten eine Berg- und Talfahrt. Der überraschende Gewinneinbruch im Geschäftsjahr 2003 - der Überschuss halbierte sich auf rund 13 Mio. Euro - setzte die Aktie stark unter Druck. Seit seinem Börsendebüt hat der Titel des Windanlagenbauers mehr als die Hälfte seines Werts eingebüßt und notiert derzeit um die 18 Euro. Die Anleger bekommen übrigens trotz des Gewinneinbruchs eine Dividende in unveränderter Höhe von 0,60 Euro.
„Energiewirtschaft ist ein Kernbereich der Nachhaltigkeitspolitik"
Vahrenholt hofft auf neue Impulse aus der Bonner Konferenz. Der Vorstandschef des Hamburger Windanlagenbauers sitzt im Rat für Nachhaltige Entwicklung, der im April 2001 von Bundeskanzler Gerhard Schröder berufen wurde. Unter dem Stichwort „Sustainable Development" erarbeitet der Rat Beiträge für die Nachhaltigkeitsstrategie, berät die Bundesregierung und will das Thema Nachhaltigkeit zur öffentlichen Angelegenheit machen. Die Bonner Konferenz für Erneuerbare Energien sieht Vahrenholt als Anstoß für die globale Energiewende und den weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien. „Energiewirtschaft ist ein Kernbereich der Nachhaltigkeitspolitik", betont der REpower-Chef. Er zieht ein positives Fazit der „Renewables 2004": „Die Weltkonferenz hat der Debatte um eine nachhaltige Energiewirtschaft Profil verliehen und sich weltweit als Motor für eine sozial- und umweltverträgliche Entwicklung erwiesen." Wann dieser Motor aber auch das Geschäft der Wind-Unternehmen wieder in Fahrt bringt, bleibt abzuwarten. Da der deutsche Markt stagniert, müssen die Unternehmen künftig noch stärker ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit beweisen. Um ohne die Subvention aus den Einspeisevergütungen langfristig zu überleben, ist eine Exportquote von mindestens 70 Prozent erforderlich - im Schnitt kommen die Windanlagen-Hersteller derzeit auf rund 40 Prozent.
Wind, Sonne oder doch wieder Atomkraft? In Deutschland werden derzeit viele Debatten darüber geführt, wie man sich unabhängiger vom Öl machen kann. In der Diskussion wird immer wieder auch die Brennstoffzelle angeführt. Prototypen von Fahrzeugen, die mit Brennstoffzellen angetrieben werden, gibt es schon seit längerer Zeit. Kritiker wenden jedoch ein, dass die Brennstoffzellen sehr viel Platz brauchen. Dass es auch anders geht, hat die Firma Masterflex AG bewiesen. Das Gelsenkirchener Unternehmen ist in die drei Geschäftsbereiche High-Tech-Schlauchsysteme, Medizintechnik und Brennstoffzellentechnologie aufgeteilt. Während die ersten beiden Segmente gute Umsätze und noch bessere Gewinne bringen, können die Gelsenkirchener im dritten Geschäftsbereich mit spektakulären Innovationen aufwarten - zum Beispiel mit einer Mini-Brennstoffzelle. Jüngst fuhr die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn auf einem Fahrrad, das mit einer Masterflex-Brennstoffzelle angetrieben wurde. Im kommenden Jahr sollen diese so genannten Cargobikes, also Räder zum Transport kleinerer Lasten, auf den Markt kommen. Fachkreise sprechen dem umweltfreundliche Antriebssystem ein „großes Marktpotenzial" zu.
Brennstoffzellentechnologie birgt großes Potenzial
Trotzdem agiert man in Gelsenkirchen vorsichtig. „Kurz- und mittelfristig erwarten wir Wachstumspotenzial vor allem aus unseren beiden angestammten Geschäftsfeldern", sagte Vorstandschef Detlef Herzog bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen. Die jüngste Sparte Brennstoffzellentechnologie berge zwar ein großes Potenzial, die kurzfristige Entwicklung „ist aber nicht seriös abschätzbar." Analysten und Investoren honorieren diese Zurückhaltung: Der Aktienkurs von Masterflex hat sich in den abgelaufenen zwölf Monaten verdoppeln können. Mit 30 Euro näherte sich der Titel zwischenzeitlich wieder seinen Höchstständen an. Aktuell werden die Anteile bei knapp 27 Euro gehandelt. Auf der Hauptversammlung bekräftigte der Vorstand wieder die guten Zukunftsaussichten: Masterflex strebt beim Umsatz ein Plus von 17 bis 20 Prozent an, der operative Gewinn (EBIT) soll um mindestens 30 Prozent steigen - sollten diese Prognosen womöglich sogar übertroffen werden, ist weiterer Auftrieb für die Aktie in Sicht.
Wind und Sonne oder doch die Brennstoffzelle? Die börsennotierten Small- und Midcaps unter den Öko-Aktien bergen ein großes Potenzial. Erneuerbare Energien könnten weltweit bis 2020 einen Markt von knapp 2000 Milliarden US-Dollar erschließen, schätzt die UN. Allerdings - auch das ein Ergebnis der Bonner Konferenz - kann selbst ein Teil dieses Potenzials nur erschlossen werden, wenn sich die Privatwirtschaft weitaus stärker als bisher für den Bau von Windparks, Solaranlagen, Wasser-, Biomasse- und Geothermiekraftwerken engagiert.
Unternehmen und Investoren brauchen sichere Planungsgrundlage
Danach sieht es im Moment aber nicht aus. Erneuerbare Energien bergen für Finanzdienstleister eine ganze Reihe von schwer kalkulierbaren Risiken, so dass nur wenige zu Investitionen bereit sind. An dieser Stelle ist die Politik gefragt. Nicht nur die Vereinten Nationen fordern weltweit verbindliche politische Ziele für den Ausbau der „Renewables", um Investoren eine langfristig sichere Planungsgrundlage zu bieten. Übereilte und nicht nachvollziehbare Gesetzesänderung haben verheerende Auswirkungen auf Aktienkurse. Diese Binsenweisheit hat sich in Deutschland nach der Neufassung des EEG bewahrheitet. Denn nicht zuletzt durch die willkürlich anmutende Streichung der Einspeisevergütungen für Wind-Strom stürzten die Kurse der Wind-Aktien ab. Die Solar-Aktien schossen hingegen - staatlich subventioniert - nach oben.
© smartcaps 2004
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