DÜSSELDORF (Dow Jones-VWD)--Ein relativ sicheres Investment - diesen Eindruck vermittelt die Deutsche Postbank für ihren Börsengang. Doch ein Blick in den jetzt vorliegenden Verkaufsprospekt zeigt: Der Neuling auf dem Kurszettel wird kein Witwen- und Waisenpapier sein. Auf 17 Seiten nennt die Bank Unwägbarkeiten, die negative Folgen haben könnten. Ein solcher Gefahren-Katalog ist bei Erstemissionen zwar obligatorisch und soll alle Eventualitäten abdecken. Doch die angeführten Warnungen vor allem für das operative Geschäft erscheinen keineswegs rein hypothetisch.
"Der Eintritt dieser Risiken kann die Geschäftstätigkeit der Postbank wesentlich beeinträchtigen und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben", heißt es zusammenfassend. Die mögliche bittere Konsequenz: "Der Börsenkurs der Aktien könnte aufgrund des Eintritts jedes dieser Risiken fallen, und Anleger könnten ihr eingesetztes Kapital ganz oder teilweise verlieren." Wie hier durchzieht der Konjunktiv das gesamte Kapitel; über die Eintrittswahrscheinlichkeit wird nichts gesagt. Der meiste Raum ist Risiken aus der Geschäftstätigkeit gewidmet.
So heißt es, das Bankenumfeld in Deutschland dürfte auf absehbare Zeit schwierig bleiben. Schon ein längeres Anhalten der schwierigen konkunkturellen Lage könnte zu einem Rückgang der Nachfrage nach den Produkten und Leistungen der Postbank und vor allem zu einem weiteren Anstieg des Ausfallsrisikos bei notleidenden Krediten führen. In diesem Bereich ist das Institut zwar relativ geringfügig engagiert, will sich aber verstärken. Zudem bestünden Konzentrationsrisiken, denn die Postbank habe "Kredite in erheblichem Umfang an eine begrenzte Zahl von Schuldern ausgereicht."
Anhaltend niedrige Zinsen belasten Ergebnis
Wegen seines verhältnismäßig geringen Ausleihvolumens hat das Institut einen besonders großen Einlagenüberhang. Von daher ist seine Ertragslage "im Vergleich zu Wettbewerbern in besonderem Maße vom Zinsergebnis abhängig". Das niedrige Zinsniveau macht der Bank bereits jetzt zu schaffen. Ein längerfristiges Anhalten werde das Zinsergebnis weiter belasten, heißt es im Börsenprospekt. Wenn aber die Zinsen wieder anziehen, muss die Postbank mit negativen Folgen für das Finanzanlageergebnis rechnen. Denn sie hat einen hohen Bestand an längerfristig verzinslichen Kapitalanlagen, deren Preise bei einem Zinsanstieg sinken.
Des weiteren weist die Postbank darauf hin, dass die Branche in Deutschland vor allem im Bereich der Privatkundenbanken "durch eine starke Fragmentierung und hohe Wettbewerbsintensität geprägt" sei, die vor allem auf Überkapazitäten beruhe. "Der anhaltende Wettbewerbsdruck kann dazu führen, dass andere Banken zur Kundengewinnung und -bindung ihre Konditionen für Spar- und Girokonten verbessern oder mit attraktiven Konditionen versuchen, neu in den Markt einzudringen", warnt der Börsenaspirant. Die möglichen Folgen: Eine Abnahme von Tempo und Umfang der Kundengewinnung und ein "erheblicher Abfluss von Sicht-und Spareinlagen".
Die künftigen Aktionäre sollten sich außerdem darüber im Klaren sein, wer letzten Endes bei der Postbank den Ton angibt: Die Mutter Deutsche Post AG und dahinter der Bund als deren Mehrheitsaktionär könnten unmittelbar oder indirekt "einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben", heißt es. So bestehen neben den kapitalmäßigen und wirtschaftlichen Verflechtungen - vor allem durch die Mitbenutzung der Post-Filialen - auch enge personelle Bande zwischen dem Börsenkandidaten und dem Mutterkonzern.
"Doppelmandat" des Vorstandsvorsitzenden
Denn der Postbank-Vorstandsvorsitzende Wulf von Schimmelmann sitzt gleichzeitig im Konzernvorstand der Deutschen Post, und deren Vorsitzender Klaus Zumwinkel steht dem Aufsichtsrat der Tochter vor. Beide sind in das Aktienoptionsprogramm der Post eingebunden. Ferner ist die variable Vergütung Schimmelmanns und seiner Kollegen teilweise "an den Erfolg des Deutsche-Post-Konzerns geknüpft". Insgesamt sei nicht auszuschließen, dass die Einbindung der Postbank-Vorstände in die Konzernstrategie der Post oder das eigene wirtschaftliche Interesse an deren Erfolg dazu führten, dass Einzelne zum Nachteil der Postbank die Interessen des Mutterhauses wahrnähmen.
Schließlich schweben potenzielle Gefahren aus Brüssel über der Postbank, wo die Europäische Kommission in den vergangenen Jahren bereits der Deutschen Post schwer zu schaffen machte. Die Bank macht darauf aufmerksam, dass die Vergütung, die sie der Muttergesellschaft für die Nutzung von deren Filialnetz zahlt, eventuell eine unerlaubte staatliche Beihilfe darstellt. Post und Postbank seien allerdings gegenteiliger Ansicht. Außerdem bestehe neuerdings durch eine aktuelle Brüsseler Entscheidung wieder Unsicherheit, ob nicht die überwiegende Versorgung der Postbank-Beamten durch den Bund verboten ist und eine Rückzahlung zur Folge haben könnte.
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