siehe letzter Absatz. In der Meldung von heute spricht man ja vorsichtshalber schon mal von Vermarktungstart im 1.HJ 2004. Leuprogel®-Zulassung 2003 erwartet – MediGene AG im Interview
Seit August warten die Aktionäre der MediGene AG vergebens auf eine positive Nachricht im Zulassungsverfahren für das Prostatakrebs-Medikament Leuprogel®. LM Research nahm dies zum Anlass, um sich mit Herrn Dr. Michael Nettersheim über das „schwebende“ Zulassungsverfahren zu unterhalten, die Bedeutung von Leuprogel® für den Unternehmenserfolg herauszustellen, die Verkleinerung des Vorstandes zu erörtern und die Restrukturierungsmaßnahmen zu hinterfragen. Darüber hinaus brachte LM Research in Erfahrung, dass der Journalisten- und Analystentag, der diese Tage hätte stattfinden sollen, aus organisatorischen Gründen zunächst verschoben wurde.
Leon Müller (LM Research): Beginnen wir mit dem aktuellsten Ereignis, das nur wenige Tage zurückliegt. Zum 30. September 2003 hat Frau Dr. Johanna Holldack die MediGene AG aus persönlichen Gründen verlassen. Als Vorstandsmitglied war sie für den Bereich Forschung und Entwicklung verantwortlich. Ihr Ausscheiden werten Beobachter als Schwächung für Ihr Unternehmen, auch weil der Vorstand dadurch auf lediglich zwei Personen verkleinert wurde. Wie sieht MediGene diese Entwicklung?
Dr. Michael Nettersheim (MediGene AG): Frau Dr. Holldack hat in der Tat MediGene aus persönlichen Gründen verlassen. Glücklicherweise verfügen wir in unserem Unternehmen über eine Vielzahl hervorragender Mitarbeiter. Mit Dr. Kowal hat eine hochkompetente und erfahrene Persönlichkeit die Nachfolge von Dr. Holldack angetreten. Dr. Kowal verfügt nicht nur über ein hohes Maß an Kompetenz in der Medikamentenentwicklung, sondern kennt auch unser Unternehmen und die Mitarbeiter sehr gut. Bisher hat Dr. Kowal unsere US-amerikanische Tochtergesellschaft geleitet. Mit Blick auf unsere aktuelle Unternehmensgröße halten wir die Verkleinerung des Vorstands ebenfalls für sinnvoll.
Leon Müller: Im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen bei der amerikanischen MediGene, Inc. und der Verlagerung sämtlicher Forschungsaktivitäten nach Deutschland ist Herr Dr. K. Jon Kowal nach Martinsried übergesiedelt und leitet nun, wie Sie sagen, die internationale Forschungs- und Entwicklungsabteilung der MediGene AG. Hat er sich in diesem kurzen Zeitraum bereits einleben können?
Dr. Michael Nettersheim: Dr. Kowal hat in einer Vielzahl von Besuchen München bereits kennen gelernt, so dass er sich in kurzer Zeit schon sehr gut akklimatisiert hat. Im Unternehmen war Dr. Kowal als Mitglied unseres globalen Forschungs- und Entwicklungsgremiums schon in der Vergangenheit in alle wesentlichen Entscheidungen im Bereich Forschung und Entwicklung eingebunden.
Leon Müller: Dann sollte der Übergang reibungslos verlaufen. Gehen wir nun etwas detaillierter auf die ergriffenen Maßnahmen bei der amerikanischen MediGene, Inc. ein. Zum 30. Juni 2003 waren 38 Personen dort beschäftigt. Zum Jahresende sollen es rund 10 sein. Ihr Unternehmen erhofft sich dadurch jährliche Einsparungen bei Forschungs- und Personalkosten in Höhe von 5 Millionen Euro. Tatsächlich aber lassen die Entlassungen die Personalkosten zunächst einmal steigen, ehe möglicherweise im kommenden Jahr Einsparungen realisiert werden können. Inwiefern wirken sich also diese Maßnahmen auf das Ergebnis für 2003 aus?
Dr. Michael Nettersheim: Die Verminderung der Mitarbeiterzahl von 60 zum Jahresbeginn auf 10 zum Jahresende ist für die ab 2004 erwarteten Einsparungen von 5 Mio. € verantwortlich. Mit der Verringerung des Personalbestands sind keine Erhöhungen der für das Gesamtjahr geplanten Personalkosten verbunden. Der Abbau von Personal wird daher unser geplantes Jahresergebnis 2003 nicht negativ beeinflussen.
Leon Müller: Aber Sie stimmen mit mir überein, dass die Entlassungen die Personalkosten zunächst steigen lassen, auch wenn dieser Faktor in Ihren Gewinnprognosen bereits eingerechnet ist?
Dr. Michael Nettersheim: Nein, damit stimme ich nicht überein...deswegen habe ich es zuvor deutlicher erklärt.
Leon Müller: Darüber hinaus war zu beobachten, dass MediGene die F&E – Aufwendungen im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesenkt hat. Ist dieser Vorgang einzig mit der Ausgliederung des Kardiologie–Bereiches in die gemeinsam mit der BioM AG gegründeten LARNAX GmbH zu erklären?
Dr. Michael Nettersheim: Nicht ausschließlich. Die Abnahme der F&E-Aufwendungen geht sowohl auf den Bereich Kardiologie wie auch das Segment Onkologie zurück. Der gesunkene F&E-Aufwand spiegelt die Veränderungen innerhalb des Produktportfolios und die Ausgliederung des kardiologischen Forschungsprogramms wider.
Leon Müller: Nicht zuletzt aufgrund dieser Schritte ist es Ihnen gelungen den durchschnittlichen Nettoverbrauch an Barmitteln auf rund 2,3 Millionen Euro zu senken. Nach knapp 34,8 Millionen Euro an liquiden Mitteln zum 30. Juni dürfte Ihnen dennoch auf kurz oder lang das Geld ausgehen, wenn nicht bald eines Ihrer Produkte auf den Markt kommt. Und so scheint Leuprogel® zum Zünglein an der Wage zu werden. Vielleicht erklären Sie zunächst einmal, um was für ein Medikament es sich bei Leuprogel® handelt.
Dr. Michael Nettersheim: Die Zulassung von Leuprogel® und der Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft sowie die hierdurch erwarteten Einnahmen sind sicher wichtige Meilensteine für unser Unternehmen. Darüber hinaus verfügen wir noch über viel versprechende Produkte in der Entwicklung, aus deren Verpartnerung wir ebenfalls weitere Zahlungsströme erwarten. Leuprogel® selbst wurde zur Behandlung von Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium entwickelt. MediGene besitzt die exklusiven europäischen Vermarktungsrechte für Leuprogel®. Die Zulassung von Leuprogel® erwarten wir noch für dieses Jahr. Wir planen, die Vermarktung von Leuprogel® im Rahmen einer Vermarktungspartnerschaft mit einem Pharmaunternehmen. Das Produkt ist in den USA bereits zugelassen. In Europa betrugen die Umsätze für vergleichbare Medikamente zur Behandlung von Prostatakrebs rund 600 Millionen Euro im Jahr 2001.
Leon Müller: Nachdem der Antrag auf Zulassung für Leuprogel® bei der zuständigen Zulassungsbehörde eingereicht wurde, warten alle seit Ende August vergeblich auf eine Nachricht. Was können Sie uns dazu sagen?
Dr. Michael Nettersheim: Seit Einreichung der Zulassungsunterlagen steht MediGene in engem Kontakt mit der deutschen Zulassungsbehörde. Aufgrund dieser Kontakte gehen wir davon aus, noch in diesem Jahr die Zulassung zu erhalten.
Leon Müller: In den USA ist das Medikament bereits zugelassen worden, wie Sie bereits erwähnt haben, was zweifelsohne das Risiko für eine Absage in Deutschland mindert. Es hat jenseits des Großen Teiches einen Marktanteil von etwa 3 Prozent erreicht, wird aber nicht von Ihnen vertrieben. Sie wollen noch dieses Jahr hierzulande erste Erlöse einfahren. Doch je weiter der Termin für die Zulassung im Kalender nach hinten rückt, desto geringer sind die zu erwartenden Einnahmen. Wie kritisch sehen Sie die Situation, wird unter Umständen sogar eine Revision der Umsatzprognosen vorgenommen werden müssen?
Dr. Michael Nettersheim: Entscheidend für das Erreichen unserer Jahresprognose ist der Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft und damit verbundener Zahlungen. Entsprechende Verhandlungen könnten gegebenenfalls auch ohne das Vorliegen der Zulassung zu einem Abschluss gebracht werden. Wir sehen daher keine Notwendigkeit unsere Prognosen zu ändern.
Leon Müller: Ihrer Aussage entnehmen wir, dass Verhandlungen bereits laufen. Aber ursprünglich haben Sie doch mit einer Entscheidung der Zulassungsbehörde Ende August gerechnet? Darauf aufbauend wäre der Zeitraum für mögliche Erlöse um einige Wochen länger gewesen, als zum jetzigen Zeitpunkt.
Dr. Michael Nettersheim: Wir haben in unserer Jahresprognose den Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft für das Jahr 2003 eingeplant. Wir erwarten bei Abschluss eines entsprechenden Vertrags eine einmalige Vorauszahlung. Diese Vorauszahlung ist zur Einhaltung der Prognose entscheidend. Ob wir die Partnerschaft im August abschließen oder erst im Dezember ist also nicht so wichtig.
Leon Müller: Das klingt gut. Angenommen Leuprogel® erhält noch 2003 die Marktzulassung – und davon gehen wir stark aus. Wie hoch schätzen Sie dann die Umsätze für das kommende Jahr?
Dr. Michael Nettersheim: Die Einnahmen hängen wesentlich von der Vermarktungsstrategie und dem Vermarktungserfolg des Partners ab. Wir werden mit der Veröffentlichung des Jahresabschlusses im März 2004 unsere Jahresprognose abgeben. Grundsätzlich werden sich die erwarteten Einnahmen für Leuprogel® aus zwei Komponenten zusammensetzen: feste Meilensteinzahlungen und eine prozentuale Umsatzbeteiligung.
Leon Müller: Ihren Erwartungen für die kommenden Jahre ist zu entnehmen, dass Leuprogel® die Verluste nahezu aufheben soll und Sie im Jahre 2005 die Gewinnzone erreichen wollen. Können Sie das bestätigen?
Dr. Michael Nettersheim: Wie bereits erwähnt sind für das Erreichen der Gewinnschwelle in 2005 drei Meilensteine entscheidend: der Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft für Leuprogel® und die Vermarktung des Produkts, die erfolgreiche Verpartnerung unseres Phase 3-Kandidaten Polyphenon® E und eine Kooperation im Bereich der HSV-Technologie. Leuprogel® ist also ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg dorthin.
Leon Müller: An dieser Stelle wäre es interessant auf ein weiteres Erfolg versprechendes Produkt einzugehen, nämlich die Polyphenon® E–Salbe. Im Mai gaben Sie vorzeitig das Ende der Patientenaufnahme für den europäischen Teil der Studie bekannt – sechs Wochen vor dem eigentlichen Termin. Im Juli sollte die Patientenaufnahme für den amerikanischen Teil beginnen. Sind Sie mit dem bisherigen Verlauf zufrieden?
Dr. Michael Nettersheim: Absolut. Der vorzeitige Abschluss der Patientenrekrutierung ist sicher ein guter Indikator für die hohe Akzeptanz von Polyphenon® E bei Ärzten und Patienten und verdeutlicht den hohen Innovationsbedarf in der Indikation Genitalwarzen. Da die Studie verblindet ist, - d.h. Patienten und Ärzte nicht wissen, ob Placebo oder Wirkstoff verabreicht wird - können wir zu den Ergebnissen noch nichts sagen. Die werden wir erst nach Abschluss der Studie und der anschließenden Auswertung vorliegen. Wir erwarten aber, dass wir die guten Daten der vorangegangenen Studie bestätigen können.
Leon Müller: Sollten die Studien tatsächlich zu einem positiven Ergebnis führen, soll die Polyphenon® E–Salbe im Jahr 2006 die Marktzulassung erhalten. Erst vor kurzem gaben Sie bekannt, dass Sie die exklusiven weltweiten Rechte zur Entwicklung und Vermarktung von Hyperplasien von der Epitome Pharmaceuticals Ltd. erworben haben. Welche Absicht verfolgen Sie mit diesem Deal – eine Stärkung bei den Verhandlungen mit möglichen Vertragspartnern für die Polyphenon® E–Salbe?
Dr. Michael Nettersheim: Ja, ganz richtig. Wie Sie wissen, steht und fällt der wirtschaftliche Erfolg eines Medikaments mit der Patentsituation. Die muss absolut wasserdicht sein und auch verhindern, dass Wettbewerber auf Umwegen den Markt erreichen. Mit diesem Vertrag haben wir unsere Position nochmals deutlich verbessert. Gerade in Vertragsverhandlungen mit potentiellen Partnern ist das wichtig. Die Bedeutung von Patenten wird häufig in der Öffentlichkeit unterschätzt.
Leon Müller: Neben der eben erörterten Phase 3 Studie läuft aktuell noch eine ½ Studie beim rAAV–Tumorimpfstoff, der gemeinsam mit dem Partner Aventis entwickelt wird. Ist noch in diesem Jahr mit ersten Ergebnissen zu rechnen?
Dr. Michael Nettersheim: Ja. Wir erwarten das Studienende für 2003. Die vollständigen Ergebnisse werden aber erst - in Absprache mit Aventis - später vorliegen. Bei diesem therapeutischen Impfstoff handelt es sich um einen völlig neuen Ansatz zur Behandlung von Schwarzem Hautkrebs. Der Tumorimpfstoff selbst stellt ein hochinnovatives Projekt dar, das wir schon in einer sehr frühen Phase an Aventis verpartnert haben. Aventis ist für einen Großteil der Entwicklung verantwortlich und besitzt daher auch wesentliche Vermarktungsrechte.
Leon Müller: Gewähren Sie uns zum Schluss noch einen Ausblick auf die geplante Umsatz- und Gewinnentwicklung für das laufende Geschäftsjahr 2003?
Dr. Michael Nettersheim: An unserer im März 2003 abgegebenen Jahresprognose halten wir weiter fest: Wir erwarten den Verlust in 2003 auf 30 Millionen Euro abzusenken. Um dies zu erreichen, ist der Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft für Leuprogel® Grundvoraussetzung. Der Barmittelbestand soll zum Jahresende bei ca. 20 Millionen Euro liegen.
Leon Müller: Ich bedanke mich herzlich für das Interview und hoffe gemeinsam mit Ihnen auf eine positive Nachricht von der Zulassungsbehörde. |