Scholl-Latour: Soll Kriegsgrund inszeniert werden?

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neuester Beitrag: 04.02.03 17:51
eröffnet am: 04.02.03 08:36 von: Sahne Anzahl Beiträge: 32
neuester Beitrag: 04.02.03 17:51 von: Depothalbiere. Leser gesamt: 3107
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04.02.03 08:36
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8215 Postings, 8629 Tage SahneScholl-Latour: Soll Kriegsgrund inszeniert werden?

Spezialkräfte der USA bereits im Irak: Soll Kriegsvorwand inszeniert werden?
  
jW sprach mit dem Journalisten und Publizisten Peter Scholl-Latour
  
F: Sind Sie lebensmüde, Herr Scholl-Latour?

Warum?

F: Sie wollen Ende der Woche in den Irak fliegen.

Ich reise über Amman an. Ich war schon oft in brenzligen Situationen und weiß, wie ich mich zu verhalten habe. Das heißt nicht, daß ich keine Angst habe. Ein Mensch ohne Angst ist unvorsichtig.

F: Wann wird der Krieg beginnen?

Ende Februar oder Anfang März. Die Amerikaner sind wild entschlossen.

F: Und wenn sich die Beratungen im UN-Sicherheitsrat hinziehen?

Darauf nimmt Bush keine Rücksicht. Er kann auch nicht länger warten, denn später wird es zu heiß in der Region.

F: Aber Bush muß zumindest auf Blair Rücksicht nehmen, oder? Beim Gipfeltreffen letzte Woche hat der Brite mehr Zeit von Bush erbeten.

Blair hat sich schon so weit aus dem Fenster gelehnt, der kann gar nicht mehr zurück. Der muß hoffen, daß alles gut geht.

F: Am morgigen Mittwoch will US-Außenminister Powell dem Sicherheitsrat wieder einmal Beweise für die Gefährlichkeit des irakischen Regimes vorlegen. Versprechen Sie sich etwas davon?

Eigentlich nicht. Wie oft haben denn die Amerikaner schon Beweise angekündigt? Und was ist mit den Hinweisen, die die CIA den Waffeninspekteuren geben wollte? Einige Hinweise sind durchaus erfolgt, aber als die Inspekteure ihnen nachgegangen sind, haben sie nichts gefunden.

Natürlich hat Saddam Chemiewaffen. Aber was soll das heißen? Alle Staaten in der Region haben sie. Und wenn sie vernichtet werden, kann er sie in Kürze wieder herstellen. Jeder kann Chemiewaffen herstellen. Das kann man in der Garage tun.

Ich befürchte auch, daß von den Spezialkräften der US-Army und der britischen SAS, die sich jetzt schon in geheimer Mission im Land befinden, dem Irak noch brisantes Material untergeschoben werden könnte – was dann die Inspekteure ganz zufällig finden würden. Eine Inszenierung, ein inszenierter Kriegsvorwand. Wie beim Vietnam-Krieg der Tongking-Zwischenfall, der auch von den Amerikanern erfunden wurde, wie man heute weiß.

F: Erdogan, der neue starke Mann in der Türkei, hat darauf hingewiesen, daß bereits US-Spezialeinheiten im Irak kämpfen. Verwunderlich nur, daß das irakische Regime mit diesem Punkt nicht in die Offensive geht.

Das liegt wohl daran, daß Saddam die Hoffnung hat, den vollständigen Bruch mit den Kurden noch zu vermeiden. Sie sind es ja, die das Einsickern der Spezialkräfte der USA und Großbritanniens in ihr autonomes Gebiet im Nordirak zumindest tolerieren.

F: »Kampf dem Terror – Kampf dem Islam?« lautet der Titel Ihres aktuellen Buches. Das Fragezeichen weist darauf hin, daß Sie ein Gleichheitszeichen zwischen Islamismus und Terrorismus ablehnen.

Ja natürlich. Man muß doch sehen, was sich aktuell abspielt: Washington hat angekündigt, daß es eventuell Atomwaffen einsetzen werde. Kein Wunder, daß sich in dieser Situation terroristische Bewegungen formieren. Die haben zwar keine Atomwaffen, aber andere Mittel, um Schrecken zu verbreiten.

F: Hat Saddam mit diesen Leuten Kontakt? Immerhin versuchte er in den letzten Jahren, durch demonstrative Hinwendung zum Islam seine Basis in der Bevölkerung zu erhalten. Sucht er gar den Schulterschluß mit Osama bin Laden, wie die US-Regierung behauptet?

Vollkommener Blödsinn. Freilich hat Saddam in den letzten Jahren einige Anleihen beim Islam gemacht, mit »Allah uh akbar« garniert er seither seine Reden, und beim Golfkrieg 1991 hat er gar zum Dschihad, zum Heiligen Krieg, aufgerufen – wozu er aus religiöser Sicht nicht die mindeste Berechtigung hat. Aber er weiß, daß der Fundamentalismus sein Todfeind ist und wird ihn auch weiterhin, wie schon in der Vergangenheit, gnadenlos bekämpfen. Al Qaida ist im übrigen keine weltweit agierende Untergrundarmee, wie man es bisweilen darstellt. Es gibt kein Hauptquartier und keinen Anführer. Es gibt terroristische Gruppen auf dem gesamten Globus, aber ihr Kontakt untereinander ist lose. Wenn sich im Irak solche Grüppchen befinden, dann im Nordirak, also gerade in dem Teil des Landes, den Saddam nicht kontrolliert.

F: Sie kennen aus eigener Erfahrung die gesamte Region. Was wird sich demnächst in der Türkei abspielen?

Die USA haben Durchmarschrechte für 80000 Soldaten verlangt. Aber die türkische Bevölkerung ist mit großer Mehrheit dagegen, und die seit kurzem amtierende AKP-Partei wurde bestimmt für alles mögliche gewählt – aber nicht dafür, den USA dabei zu helfen, ein anderes islamisches Land zu überfallen. Ihr Chef Erdogan gilt mittlerweile im Westen als weltoffen, aber man sollte sich nicht täuschen, er ist ein sehr frommer Mann.

F: Die USA haben vier Milliarden Dollar Kredite in Aussicht gestellt – angesichts der galoppierenden Krise im Land nicht zu verachten. Und der türkische Generalstab hat Bush schon grünes Licht für den Durchmarsch gegeben.

Der Generalstab steht der AKP kritisch gegenüber, da er sich als Hüter der laizistischen Traditionen von Staatsgründer Atatürk sieht und der Läuterung des Fundamentalismus in Gestalt der AKP nicht über den Weg traut. Immerhin ist er massiv gegen die radikaleren Vorgänger der AKP vorgegangen, hat zum Beispiel das Verbot der Refah-Partei betrieben. Jetzt werden die Generäle mit einigem Wohlgefallen beobachten, wie sich die AKP angesichts des amerikanischen Ersuchens windet: Sie kann nicht nein sagen, sie kann nicht ja sagen. Das könnte zur Entzauberung der AKP führen, die ja als unverbrauchter Hoffnungsträger die Wahlen gewonnen hat.

F: Man spricht schon von einer Domino-Strategie der USA im Nahen Osten. Wie in den siebziger Jahren, als nach dem Sieg der Kommunisten in Vietnam ein Dominostein nach dem anderen aus dem westlichen Einflußbereich herausfiel – nur dieses Mal umgekehrt. Welche Länder sind das nächste Ziel, sollten die USA den Irak besetzen?

Vor allem wird sich der Druck auf Syrien erhöhen. Von dort operiert die Hisbollah, die Israel am meisten Schaden zufügen kann.

F: Und Saudi-Arabien? Das dortige Regime ist ja tatsächlich der größte Finanzier des islamischen Terrorismus.

Zweifellos. Saudi-Arabien ist tatsächlich ein fundamentalistischer Staat, eine fundamentalistische Gesellschaft. Im Irak beispielsweise herrscht große Toleranz gegenüber den Christen, immerhin eine Million – eine solche Toleranz wie in Bagdad ist in Riad und Mekka unvorstellbar. Die Swissair durfte beispielsweise die saudischen Flughäfen nicht anfliegen, weil sie auf der Heckflosse das Schweizer Kreuz hatte – für die Saudis ähnelt es zu sehr dem christlichen Kreuz und ist damit verboten.

Oberflächlich bemüht sich das Regime um ein Auskommen mit den USA. Aber die fünftausend Prinzen leben in Saus und Braus und fürchten das Aufbegehren der moslemischen Massen im Land, einen fundamentalistischen Aufstand. Deswegen versuchen sie, sich freizukaufen, indem sie unter der Hand die Terrorgruppen finanzieren.

F: Sie sind ein Anhänger der Idee vom starken Europa. Um sich der Hegemonie der USA zu entziehen, müsse Europa aufrüsten.

Ich bin Gaullist, war es schon immer. De Gaulle hat eine klare Unterscheidung gemacht: In der Auseinandersetzung mit Moskau war er immer an der Seite der USA, in der Berlin-Krise etwa stand er für einen ganz harten Kurs. Aber dann hat er Frankreich aus der militärischen Integration der NATO herausgeführt.

F: Die EU sollte also die transatlanischen Bindungen kappen?

Wer ist denn die EU? Mit der Unterstützung von acht Staaten für den Kriegskurs von Bush hat sich doch gezeigt, wie es um die Einheit der EU bestellt ist. Unterschrieben hat dabei so ein Land wie Portugal, das bisher von Frankreich und Deutschland wirtschaftlich gepäppelt worden ist, sich aber nun gegen Berlin und Paris stellt. Auf die EU kann man nur bedingt setzen. Was not tut, ist ein enger Zusammenschluß von Deutschland und Frankreich, das wäre ein Block mit 140 Millionen Menschen, das sind fast so viel wie in Rußland. Und dann müssen diese beiden aufrüsten.

F: Aufrüsten? Birgt das nicht die Gefahr, zumindest mittelfristig, daß es zu einer militärischen Konfrontation mit den USA kommt?

Die Proliferation von Massenvernichtungswaffen ist die reale Gefahr. Dagegen muß Europa geschützt sein, auch mit Atomwaffen.
  

 http://www.jungewelt.de/2003/02-04/014.php

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04.02.03 09:27

8584 Postings, 8651 Tage RheumaxHinan! o. T.

04.02.03 13:04

8584 Postings, 8651 Tage Rheumaxoder hinauf? o. T.

04.02.03 13:10

9950 Postings, 8428 Tage Willi1Wach bleiben!

P S-L und H. Schmidt, die könnten unserm Land helfen, hab ich dem Schröder vor 7-8 Monaten gemailt, is hier aber schon erwähnt worden ....
 

04.02.03 13:31

9123 Postings, 8844 Tage ReilaDer Rückzug der europäischen Zivilisation

Gerwin trifft Peter Scholl Latour
Journalist, Schriftsteller, Weltreisender

Er hat die ganze Welt bereist, darüber in großen Fernsehreportagen berichtet und viele Bücher geschrieben. Peter Scholl-Latour ist Journalist und kennt den Nahen und den Fernen Osten wie kaum ein anderer. Im vergangenen Jahr bekam der promovierte Professor den Deutschen Fernsehpreis. Vor Jahren begleitete er als französischer Soldat Ayatollah Khomeini aus dem Exil von Paris nach Teheran. Keinem Abenteuer hat sich Peter Scholl-Latour - inzwischen 78 Jahre alt - verweigert und immer hat er für die große Öffentlichkeit voller Spannung darüber berichtet. Sein Buch über Indochina "Der Tod im Reisfeld" wurde 1,3 Millionen mal verkauft.

Peter Scholl-Latour, fügt sich Ihr großer Erinnerungsschatz nun zu einer Lebensgeschichte zusammen? Gibt es so etwas wie einen Gesamtüberblick?
Ja, es gibt natürlich verschiedene Kapitel in meinem Leben. Es hat z.B. eine asiatische Epoche gegeben. Ich muss jedoch ehrlich sagen, was ich erlebt habe, ist im Grunde ein allgemeiner Rückzug. Ich war Gefährte des Rückzuges, sagen wir der europäischen Zivilisation, die mal die ganze Welt beherrscht hatte. Und jetzt wird sie von andere Kulturen beherrscht.


Hatten Sie auf einer Ihrer Reisen eine Erkenntnis, die Sie als die bedeutendste, überraschendste, wichtigste, für Sie benennen?

Die Vergänglichkeit der Macht. Als ich angefangen habe, waren noch die europäischen Kolonialmächte überall vertreten. Dann habe ich auch noch die Macht der Sowjetunion erlebt. Wir müssen wieder darauf achten, dass das Böse nicht identifiziert wird mit irgend einer Geisterströmung wie dem Islam. Das wäre viel zu einfach. Das wäre außerordentlich gefährlich und ungerecht. Jetzt kehren wir in ein mythisches Zeitalter zurück, nachdem wir glaubten, voll im Materialismus zu leben.

Würden Sie sagen, dass dieser Wechsel der Vorzeichen etwas ist, was als Erkenntnis im Mittelpunkt steht.
Ja, das ist es, was ich im Gegensatz zu vielen meiner Kollegen von Anfang an bei meiner Berichterstattung immer berücksichtigt habe: Die Wiedergeburt des Religiösen. Dies äußert sich beim Islam. Aber der amerikanische Patriotismus hat auch eine religiöse, fundamentalistische Grundlage, was keine vereinzelte Erkenntnis ist. Der französische Schriftsteller André Malreau hat mal geschrieben, das 21. Jahrhundert werde religiös sein. Das ist noch sehr schwer zu vermitteln, da in Europa dieses Gefühl für die Mythen und für die Religion auch weitgehend abhanden gekommen ist.

Es heißt, Sie sind ein religiöser Mensch. Stimmt das?
Ja, zumindest betrachte ich die Dinge unter dem Aspekt der Ewigkeit, jedoch über das rein Materielle und Wirtschaftliche hinaus.

Sie haben ja diese ganzen Schauplätze, die in der Bibel so eine große Rolle spielen, ob es jetzt im Alten oder Neuen Testament ist, sich genau angekuckt. Sie haben die Menschen kennen gelernt, Sie sind die Wege nachgegangen. Was ist denn aus Ihrer Sicht im 20. Jahrhundert anders? Oder was ist gleich im Vergleich mit der Bibel?
Es ist erstaunlich und teilweise sogar erschreckend, wie wir an die Ursprünge direkt zurück geführt werden. Da sind im Moment alle fasziniert und auch erschrocken über das, was sich im Heiligen Land abspielt. Und ich war jetzt gerade im Irak gewesen und bin dann nach Ur gefahren, also im Südirak. Der Irak, wo übrigens die meisten Propheten der Bibel, die ja auch von den Muslimen verehrt werden, gelebt haben. Übersetzt man das Wort Irak, so ergibt sich sinngemäß "die Ehre der Propheten". Abraham - oder Ibrahim wie die Muslime sagen - hat wohl ursprünglich in Ur gelebt. Er ist mit seinen Herden von dort weggezogen in das gelobte Land. Abraham ist ja der Stammvater sowohl der Juden als auch der Araber. (Anmerkung der Redeaktion: Abraham zeugte zwei Söhne, Ismael, Stammvater der Muslime und Isaak, Stammvater der Juden) Eine Sache, die man oft vergisst.


Wenn Sie jetzt diese Länder bereisen, diese Städte sehen und mit diesen Menschen sprechen, ist das so, wie Sie es sich zuvor in der Bibel vorgestellt haben?
Ich bin schon sehr lange mit dieser Gegend verbunden. Ich habe sogar einen Teil meines Studiums in Beirut, also im Orient gemacht. Ich kenne diese Länder seit 1951 durch intensives Reisen. Aber ich stelle eines fest, dass eine religiöse Rückbesinnung an der Spitze der Staaten noch nicht stattgefunden hat. Selbst der Irak ist gar kein fundamentalistischer Staat, wie manche gerne behaupten, sondern eher ein säkularer Staat unter Saddam Hussein. Aber in den Massen gibt es eine sehr weite Verbreitung dieses religiösen Gefühls und das ist recht eindrucksvoll. Ich habe das von Anfang an verkündet. Damals bin ich viel verlacht worden. Ich bin 1958 zum ersten Mal nach Zentralasien in die damals noch sowjetischen Teilrepubliken gefahren, die überwiegend muslimisch sind. Ich sagte damals unserem Botschafter in Moskau: Der Islam ist dort nicht tot. Er kommt wieder. Das hat damals große Heiterkeit ausgelöst.

Warum verbindet die drei großen Religionen Islam, Christentum und Judentum so wenig? Schließlich stammen sie alle aus der gleichen Gegend. Besteht der Grund, warum sie so gegeneinander sind darin, dass sie sich so nah sind?
Ich glaube, sie sind zu nah verwandt. Das Christentum steht ein bisschen außerhalb, auch wenn es sich auf Abraham bezieht, auf die Offenbarung. Auf den Monotoismus (?). Die Muslime stören sich daran, dass die Christen die Dreifaltigkeit haben, also nicht die absolute Einzigkeit Gottes, wie es im Islam vorgeschrieben ist. Das Christentum steht auch deshalb abseits, weil keine ethnische Bindung da ist. Araber und Juden sind ethnisch, sagen wir ruhig rassisch eng verwandt. Sie haben beide den gleichen Ursprung und sind semitische Völker. Und sie berufen sich beide auf die biblischen Propheten. Der Koran ist ein einziges Zitat von Bibelsprüchen. Die jüdischen Propheten sind auch Propheten des Islam. Jesus übrigens auch. Er ist ein großer Prophet. Und es geht im Grunde um einen Wettstreit, der begonnen hat unter Abraham, als dieser laut jüdischer Version seinen Sohn Isaak - Stammvater der Juden und Sohn der Jüdin Sarah - bevorzugt hat gegenüber Isaaks Halbbruder Ismael, Sohn der Nebenfrau Hagar. Beide, Ismael und Hagar wurden laut Bibel von Abraham verstoßen. Bei den Muslimen hingegen stellt sich Abraham auf die Seite Ismaels. Baut mit ihm zusammen die Kaba von Mekka. Es ist gewissermaßen ein Erbstreit im Hause Abraham, ein Streit zwischen beiden Völkern um die Gunst Gottes. Das ist der Kern dafür, dass es Territorialprobleme gibt.

So ist dieser Streit ist im Grunde bis heute der Stein des Anstoßes.
Absolut. Der Tempelberg, auf dem früher der salomonische Tempel stand und der für die Muslime ein Heiligtum ist, weil dort der Prophet Mohammed in einer Nacht der Offenbarung zum siebten Himmel erhoben wurde. Im Felsendom fand auch laut islamischer Überlieferung das abrahamitische Opfer statt. An dieser Stelle wurde dann symbolisch ein Hammel anstelle des Sohnes geopfert. Das ist in der islamischen Religion ganz entscheidend. Insofern ist dieser Ort auch für die Muslime unverzichtbar, Während er für die Juden natürlich das allerheiligste geblieben ist.

Wie würden Sie es als erfahrener und kenntnisreicher Mensch angehen, mit einem Juden, einem Muslim und einem Christen am runden Tisch das Problem zu bereinigen?
In einem kleinen Kreis geht das relativ leicht. Da sind die Konfrontationen am geringsten, da kein Publikum dabei ist. So ist doch die Vernunft im allgemeinen vorherrschend. Dann kommt es zu relativ gemäßigten Äußerungen. Aber wenn der Gruppenkomplex hinzu kommt, dann ist es eben sehr schwer, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Laut Koran werden Christen und Juden als Familie des Buches dargestellt. Sie hatten die gleiche Offenbarung wie die Muslime auch. Nur seien sie von der wahren Offenbarung, die mit Abraham begonnen hatte, abgewichen. Mohammeds Aufgabe war es dann, diese Religion wieder in ihrer ursprünglichen Reinheit herzustellen.

Was bedeuten diese Erkenntnisse für Ihren persönlichen Glauben?
Es ist eines ganz wichtig, wenn man in diese Regionen reingeht. Man muss sich zu einer Religion bekennen. Ein Atheist wird dort kaum als Mensch betrachtet. Jemand, der nicht an Gott glaubt, wird nicht anerkannt. Die Qualität Christ oder Jude zu sein, ist ganz entscheidend.

Stärkt denn diese Kenntnis der Orte den Glauben oder ist das eher ernüchternd?
Im Grunde doch. Es ist auch eine persönliche Erfahrung. Eine tiefgläubige Gemeinschaft zu sehen, die in ihrer Religion ruht, ist schon ganz eindrucksvoll. Die Hauptqualität des Islam ist, dass der Mensch in Gott ruht. Dass er sich dem Willen Gottes unterwirft. Man kann auch sehr seltsame Parallelen herstellen insbesondere zum heiligen Augustinus, der gesagt hat: Unruhig ist unser Herz, es ruht in dir, oh Gott. Den gleichen Ausspruch gibt es faktisch genau im Koran, obwohl Mohammed weder Kontakt zu Augustinus hatte, noch zur gleichen Zeit wie dieser lebte. Auch die Idee vom Gottesstaat hat Augustinus damals entwickelt, oder sogar die Idee des gerechten Krieges. All das sind Dinge, die sehr, sehr islamisch verbunden sind. Im Judentum sind die Beziehungspunkte noch viel zahlreicher. Denn ursprünglich war ja Mohammed von der Annahme ausgegangen, die Juden würden ihn als einen neuen Propheten anerkennen. Er hat in seiner ersten Phase, als er noch seinen Streit mit den Juden in Medina hatte, den Sabbat als Feiertag angenommen. Und die Gebetsrichtung war damals nicht Mekka, sondern Jerusalem. Nach dem Zerwürfnis mit den Juden hat er Neuerungen eingeführt, den Freitag zum Feiertag erklärt und die Gebetshaltung nach Mekka gerichtet.

Sie sind im Lauf Ihres Lebens ein sehr mutiger Journalist gewesen, der kein Abenteuer und auch keine Gefahr gescheut hat. Gibt es etwas, wovor Sie persönlich Angst haben?
Es gibt Situationen, wo man eine gewisse Angst spüren muss. Angst ist so, wie wenn man an einem brennenden Ofen lang geht, und man berührt ihn nicht. Es gibt da gewisse Warnreflexe.

Gesunde Vorsicht - Das ist eigentlich keine Angst.
Ich bin nie leichtsinnig gewesen. Ich habe auch immer sehr darauf geachtet, dass den Kamerateams, die mich begleiteten, nichts passiert. Ihnen galt meine besondere Sorge. Ich bin sehr froh, dass tatsächlich niemand je etwas passiert ist und wir uns richtig verhalten haben.

Aber Angst haben Sie keine?
Ich bin nicht ängstlich veranlagt. Ich rühme mich dessen nicht.

Haben Sie Angst vor dem Tod?
Nein, nicht in meinem Alter. Was ich mir wünsche, ist einen gnädigen Tod. Ich möchte nicht langsam dahinsiechen. Aber der Tod selbst ist different. Das ist die einzige Gewissheit, die wir im Leben haben.

Wenn Sie einmal einen Wunsch frei hätten, was wäre es?
Wenn es mich selbst betrifft, in Frieden zu sterben.


Norbert Schramm
Peter Scholl-Latour


Norbert Schramm
im Gespräch...


Norbert Schramm
mit Hanno Gerwin


Peter Scholl-Latour
Peter Roman Scholl-Latour wurde im März 1924 in Bochum geboren. Er studierte von 1948 bis 1953 Literaturwissenschaft und Politikwissenschaft an der Sorbonne/Paris und in Mainz. Seit 1950 ist er als Journalist tätig, er übernahm Aufgaben in fünf Erdteilen. Er war ARD Korrespondent in Afrika und Paris, Programmdirektor des WDR-Fernsehens, Vorstandsmitglied von Gruner + Jahr und Herausgeber der Zeitschrift "stern". Bekannte Bücher von ihm: "Der Tod im Reisfeld 1979; "Die sieben Gesichter Chinas" 1981; "Der Ritt auf dem Drachen" 1988; "Den Gottlosen die Hölle" 1991; "Lügen im Heiligen Land" 1998.
 

04.02.03 13:39

1059 Postings, 8924 Tage mikelandauBemerkenswert!

Bemerkenswert erscheint der Satz von Scholl-Latour:

"natürlich hat Saddam Chemiewaffen"

das sagt doch alles!  

04.02.03 13:51

9123 Postings, 8844 Tage ReilaÄh, mikelandau, ja, was sagt das denn? o. T.

04.02.03 13:58

8215 Postings, 8629 Tage SahneIm Zusammenhang:

"Natürlich hat Saddam Chemiewaffen. Aber was soll das heißen? Alle Staaten in der Region haben sie. Und wenn sie vernichtet werden, kann er sie in Kürze wieder herstellen. Jeder kann Chemiewaffen herstellen. Das kann man in der Garage tun."
 

04.02.03 14:06

1059 Postings, 8924 Tage mikelandau@reila

Saddam hat sich gegenüber der UNO verpflichtet, sämtliche Chemiewaffen zu vernichten und auch alles Material, was zu deren Herstellung dient...wenn er das nicht tut, muß
er die angekündigten Konsequenzen tragen!

Dadurch, daß er dazu nicht wirklich bereit ist, stürzt er sein Volk in einen Krieg,
unter dem wieder unschuldige leiden. Er hat es seit Jahren in der Hand gehabt, diesen Krieg zu vermeiden, er hat es nicht getan!

Deshalb muß Saddam weg...damit es dem irakischen Volk besser geht!

Daß dies nicht deine meinung ist, ist mir schon klar...

aber für mich müssen alle Diktatoren weg, egal ob links oder rechts!  

04.02.03 14:11

19279 Postings, 9129 Tage ruhrpottzockerEr muss weg - klar !


Andere müssen dann auch weg. Weil sie Chemiewaffen haben UND böse sind. Wer entscheidet, wer böse ist ?

Böse sind doch immer nur die anderen !

Diese Denke führt ins Desaster. Das ist doch wohl klar, oder ?  

04.02.03 14:18

1059 Postings, 8924 Tage mikelandau@rpz

mach bessere Vorschläge und labere nicht rum!  

04.02.03 14:23

19279 Postings, 9129 Tage ruhrpottzockerLabern ?


Hier hat man sich zu entscheiden: PRO oder CONTRA Krieg !

Ich bin zum gegenwärtigen Zeitpunkt und unter den aktuellen Bedingungen CONTRA Krieg !!

Dein Text liest sich sehr, sehr leichtfertig. Den Namen Saddam könntest du leicht auch gegen andere Namen austauschen. Wo soll das hinführen ?

Wie steht es deiner meiner Meinung nach mit Nordkorea ? Auch Krieg ?

Die Diplomatie ist am Zuge. Geduld !  

04.02.03 14:24

8584 Postings, 8651 Tage Rheumax"Andere müssen dann auch weg"

Komisch, dass mir da ausgerechnet der Name Bush einfällt..
Aber der ist ja kein Diktator, sondern demokratisch legitimiert.
Sogar bis hin zum Obersten Gerichtshof.
Und von der amerikanischen Rüstungs- und Energieindustrie, die sich mit vielen
Millionen Dollar diese ganze Verbrecherbande von US-Regierung zusammengekauft hat und
jetzt natürlich eine ordentliche Rendite für diese Investition erwarten darf.  

04.02.03 14:40

1059 Postings, 8924 Tage mikelandau@rpz @rheumax

wenns nach mir geht, muß auch in nordkorea der diktator weg, damit die menschen dort endlich nicht mehr hungern müssen!
nach möglichkeit selbstverständlich auf diplomatischem wege, genau wie bei Saddam...
aber wenn die diktatoren sich allen diplomatischen versuchen widersetzen, sollen wir dann nur weiter zusehen??

rheumax:

ich kann diese hetze gegen die amerikaner nicht mehr hören...über reagan wurde damals auch nur gelästert, weil er schauspieler war...trotzdem er mit seinen wirtschaftspolitischen maßnahmen ursächlich war für den letzten gewaltigen boom in den usa...über carter wurde nur gelästert, weil der erdnußfarmer war...heute bekommt er den nobelpreis!

wer soll euch denn an der börse wieder aus der scheiße holen? die deutsche wirtschaftspolitik? ich lach mich schlapp!
die initialzündungen werden wie immer in zukunft von der amerikanischen wirtschaft ausgehen...wir dürfen dann in deutschland die krumen aufpicken...wenn in amerika das wirtschaftswachstum wieder bei 4-5% liegt, haben wir dann max. 2%!

merke: der Feind steht im eigenen Land!  

04.02.03 14:42

9123 Postings, 8844 Tage Reilamikelandau,

du hattest das Zitat doch aus dem Kontext gerissen. Und nun hüpfst du auf und nieder wie ein religiöser Eiferer: Aha, doch Chemiewaffen! Draufhauen!

Was kocht denn in unseren Chemiefabriken? Wenn es dort eine Havarie gibt, werden doch gleich ganze Stadtviertel evakuiert oder müssen wenigstens die Fenster schließen. Bloß weil mal eine Chlor- oder sonstige Giftwolke über die Dächer zieht. Und daß man in jeder geringfügig modifizierten Düngemittelfabrik relativ leicht Giftgas herstellen könnte, ist doch nun wirklich keine neue Erkenntnis.

Hoffentlich drohen uns jetzt die USA nicht auch die Entwaffnung an und fordern den Kopf von Gerhard Schröder oder die Schließung aller unserer Chemiestandorte.

R.

PS: Na gut, über Schröder ließe ich mit mir reden.  

04.02.03 14:43

19279 Postings, 9129 Tage ruhrpottzockerDer Feind ? Im eigenen Land ?


Und wenn Diplomatie nichts bewirkt, dann immer gleich Krieg ?

Du liest zuviele Cowboy-Romane !  

04.02.03 14:52

7336 Postings, 8016 Tage 54reabSoll Kriegsgrund inszeniert werden?

ist nicht notwendig. man braucht nur 1441 zu lesen und sieht klar. das war die letzte verklausulierte aufforderung an saddam und seine clique abzuhauen. die diskussion über erfolg oder misserfolg der un-inspektoren auf der "schnitzeljagd", bringt nichts. das ganze dient nur dazu, dass saddam die zeit hat zur abdabkungseinsicht zu gelangen.  

04.02.03 14:54

722 Postings, 8776 Tage GlasnostWarum sollten wir uns da überhaupt einmischen?

1. Unsere Verfassung verbietet jede Art von Angriffskrieg es sei denn "der Feind" steht sozusagen schon an der Grenze bzw. ist im klaren Aufmarsch begriffen. Unsere Grenzen sind nicht bedroht, also haben wir uns an unser Grundgesetz zu halten. In der Tat könnte man abweichende Meinungen als Verfassungswidrig bewerten!

2. Für Internationale Konflikte ist einzig die UNO hoheitlich Zuständig. Das haben weder die USA, noch sonst wer im Alleingang zu machen!

Das ist das Gesetz! Und wenn wir uns nicht an die Gesetze halten, wie können wir dann verlangen, dass die sich dran halten oder mit uns reden?

Klar ist, dass der Nahe Osten ein Kriesenherd erster Güte ist. An der Aussage von P. S.-L., dass dort so ziemlich jeder seine Chemiewaffen kocht, habe ich keinen Zweifel. Aber wer bitte beurteilt, welches Regim in dieser Region gut und welches böse ist? Ist Saddam als offener Feind der USA schlimmer als die Saudis, die "ihre Freundschaft" mit den USA pflegen und gleichzeitig Terroristen finanzieren?

Die einseitig Unterstützung Israels durch die USA hat das ganze Ungleichgewicht erzeugt. Und wir Deutschen sind auch nicht ganz unschuldig an der Gründung Isrels, schließlich haben wir die Juden in fast Ganz Europa ausrotten wollen und nicht zuletzt desshalb wollten sie ihr eigenes Land haben.

Mit der Gegenwärtigen Politik ziehen wir von Krieg zu Krieg, dazwischen mal ein paar Anschläge - wer weiß mit welchen Mitteln... Dann haben wir wieder einen neuen Schuldigen für einen Krieg gefunden - Toll gemacht, Herr Busch.

Ich bin inzwischen richtig sauer auf diese Kurzsichtigkeit. Natürlich kann man Saddam nicht trauen, aber mit dem Übergehen der Rechstaatlichen Mittel (UNO) zieht sich die USA aus der Weltgemeinschaft zurück - warum sollten andere dann noch mitmachen bzw. sich selbst an diese Gesetze und Resolutionen halten?

Tja, ich hoffe immer noch auf ein Wunder!

Glasnost  

04.02.03 15:06

7336 Postings, 8016 Tage 54reabaugen zu, ohren zu ....

dann wird nichts schlimmes passieren. mund machen wir natürlich nicht zu. mit dem posaunen wir unser einzigartige moral in die welt.  

04.02.03 15:08

8584 Postings, 8651 Tage RheumaxDie USA ziehen sich nicht aus der Weltgemeinschaft

zurück. Sie verlangen lediglich, dass diese Gemeinschaft ihnen folgt.
Schließlich müssen die Staaten dieser Welt von Zeit zu Zeit mit passenden Regierungen ausgestattet werden. Und da ist gerade der Irak an der Reihe.

Ansonsten unterschreib ich bei Glasnost

Gruß
Rheumax
 

04.02.03 15:18

7336 Postings, 8016 Tage 54reabfür alle anhäger des internationalen rechts:

04.02.03 15:22

1059 Postings, 8924 Tage mikelandau@54reab danke! o. T.

04.02.03 15:32

722 Postings, 8776 Tage Glasnost@ Rheumax und 54reab - Danke

genau diese Resolution soll der Irak einhalten.

Wenn er es nicht tut, beschließt die UNO (UND NIEMAND SONST) das weitere Vorgehen. Wenn es zum Krieg kommt, dann stellt die UNO (UND NIEMAND SONST) die Truppen auf und die UNO hat die Oberbefehlsgewalt (UND NIEMAND SONST).

OKOKOK, ich reg mich ja auch schon wieder ab - scheint ja, dass ihr eh mit mir übereinstimmt, nur dieser VERBLÖDETET HERR BUSCH nicht - aber der hört mir ja eh nicht zu.

Good Day,
Glasnost  

04.02.03 15:38

25551 Postings, 8616 Tage DepothalbiererSehr weitsichtig, glasnost

Volle Zustimmung zu Post. 18.

Ich wollte gerade etwas ähnliches schreiben, aber nun möchte ich nur Folgendes anmerken:

Nach dem Ende des kalten Krieges mußte in allen ehemaligen Ostblockstaaten ein Umdenken stattfinden.
Das ist in vielen Staaten leidlich gelungen in einigen sehr gut, andere sind leider in Diktaturen abgekippt, bzw. werden es bald sein.

Nun, genau dieses Umdenken muß auch in den USA stattfinden !

Der jetzige Weg der permanenten Konfrontation mit ständig neuen Staaten als Ziel wird irgendwann fehlschlagen.
Dadurch schwächen die USA sich selbst.

In Irak hätte man die Möglichkeit, erstmalig eine friedliche Lösung anzustreben, da das Land extrem militärisch geschwächt ist.
Wenn dies wirklich fehlschlagen sollte, könnte immer noch in ein paar Jahren eine militärische Lösung gefunden werden.

Warum sträubt sich die Regierung der USA derart dagegen, daß zuerst alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft werden?  

04.02.03 15:41

7336 Postings, 8016 Tage 54reabdie uno hat weder eine wehr noch

ein oberkommando und ist auch nicht in der lage krieg zu führen. das äußerste ist ein abnicken. ubrigend 1441 verlangt nicht eine weitere resolution für einen krieg. aus diesem grund wurde im oktober/november so lange um den text geschachert:

- eine fraktion wollte einen freibrief zuzuschlagen
- eine andere fraktion hoffte mittels verlängerung der "schnitzeljagd" bis in den sommer die möglichkeit, den krieg kurzfristig zu verhindern
- den meisten war eigentlich alles wurscht.    

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