Gibt es ein Leben rechts der CSU? "Danke, dass Sie mich nach wie vor als Ihren Schirmherrn die Umweltseiten in Ihrem wichtigen Kompendium zur Zeitgeschichte begleiten lassen. Solche Zusammenarbeit macht Freude! Herzlichen Dank".
Dieses Zitat entstammt einem Brief des CSU-Generalsekretärs Thomas Goppel an den Herausgeber der Vierteljahreszeitung "Epoche". Bei dem "wichtigen Kompendium" handelt es sich um eine rechtskonservative Scharniergazette, die in der (Schwarz-)Braunzone zwischen CSU/CDUlerInnen und RechtsextremistInnen angesiedelt ist. Herausgegeben wird sie von dem in Bad Reichenhall ansässigen "Verband für Publizistik und Jugendbildung Epoche e.V.". Der gemeinnützige Verein definiert sich selbst als "christlich-konservative-freiheitliche Denkfabrik". In einer Selbstdarstellung wird als Ziel genannt, "Jugend- und Schülerzeitungen, Jugendgruppen und nicht-linke Studentenorganisationen mit Argumenten und Ideen auszustatten".
Der Geschäftsführer des Vereins ist Karl Ludwig Bayer, der auch nicht gerade als unbeschriebenes Blatt bezeichnet werden kann. Er war Mitte der 60er Jahre Pressesprecher des bayerischen Landesverbandes der NPD, als diese im bayerischen Landtag vertreten war. 1971 wurde er ins Präsidium der Bundes-NPD gewählt und war dort für den Bereich "Propaganda" zuständig. Im November 1975, nach seiner Zeit in der NPD, nahm er als Leiter des "Historisch-Kulturellen Arbeitskreises" (HKA) an einem Treffen internationaler rechtsextremistischer und antikommunistischer Organisationen in München teil. Mit von der Partie war damals auch der "Antibolschewistische Block der Nationen", der von der italienischen Polizei mit einem Bombenanschlag auf einen Schnellzug im August 1974 in Verbindung gebracht wurde. Hauptredner des Treffen war übrigens der CSUler und Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft 1968 bis 1982, Dr. Walter Becher (MdB).
Antikommunismus ist, wie das Vereinsziel schon zeigt, noch immer ein Schwerpunkt der Bayerschen Aktivitäten. So finden sich dann auch in fast jeder Ausgabe der "Epoche" Artikel zu diesem Themenfeld. Otto Habsburg, Multifunktionär der europäischen Rechten z.B. stellt die Einführung der neuen Hymne Russlands, die eine textlich veränderte Fassung der 1943 von Stalin eingeführten Hymne ist, mit dem Einsetzen des Horst-Wessel-Liedes als Deutschlandhymne auf eine Stufe. Aber Otto Habsburg, für den "die Grenze, die (...) in Jalta durch Nichteuropäer durch unseren Kontinent gezogen wurde, keine gültige Grenze"1 ist, ist nicht der einzige extrem Rechte, der in der "Epoche" publiziert. Zu finden sind Artikel von Bruno Bandulet aus Bad Kissingen und Dr. Wolfgang Hacker, zwei ehemaligen Bundesvorstandsmitgliedern des inzwischen aufgelösten "neurechten" Bundes Freier Bürger. Aber auch Dr. Claus Nordbruch, u.a. Autor in der rechtsextremistischen Zeitschrift "Nation & Europa" aus Coburg, veröffentlichte bereits in "Epoche". Letztes Jahr war Nordbruch als Referent für ein Tagesseminar der "Staatsbürgerlichen Runde" und des Nationaldemokratischen Hochschulbundes in Nürnberg angekündigt. In seinem Artikel "Tugendterror in Deutschland - geistige Gleichschaltung" weiß er zu berichten, dass "aus Political Correctness ein Tugendterror geworden (ist), der die Freiheit zu ersticken droht".
Kallina Bernd, seines Zeichens "alter Herr" der Münchner Burschenschaft Danubia, die mittlerweile vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wird, interviewt unter dem Titel "Deutsche Identität und Rechtstradition bewahren" den obersten bayerischen Verfassungsschützer Günther Beckstein. Doch Beckstein greift auch selbst zur Feder und hetzt mit seinem Artikel "Jeder vierte Straftäter ist Ausländer" gegen Flüchtlinge und MigrantInnen. Etwas intellektueller, aber deswegen nicht besser, gibt sich der bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der CDU/CSU, Edmund Stoiber. In seinem Aufsatz behandelt er das "alte" neu-rechte Thema "Europa der Nationen und Regionen".
Ein weiterer Schwerpunkt in der "Epoche" liegt auf Revisionismus. So schreibt Botho Kirsch von einem "deutschen Schuldkult" und über "sowjetische Angriffsvorbereitungen" auf Deutschland.
Es spricht schon für sich, wenn Thomas Goppel die "Epoche" im Mai letzten Jahres "einen wichtigen Mosaikstein in der Presse- und Informationsarbeit der CSU" nennt. Goppel war auch der Hauptredner auf der Festveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen der Zeitung am 17. Oktober 2001.
Nachdem Ende Januar 2002 die ersten Vorwürfe gegen Goppel wegen seiner Aktivitäten für die "Epoche" in der Presse laut geworden sind, gab er zuerst an, dass seine Schirmherrschaft 1999 "ohne nachzufragen" verlängert worden sei. Dem widerspricht der eingangs zitierte Brief vom 20.3.2000. Mit dem Brief wurden zudem Spenden für "nicht-linke" Jugendarbeit gesammelt. Dabei ist im Laufe der letzten Jahre ein "siebenstelliger Betrag" zusammen gekommen.
Aber Bayern wäre nicht Bayern, würden solche Affären irgendjemand hinter dem Ofen hervor holen. Nicht mal eine Woche nach den ersten Veröffentlichungen ist der Name "Epoche" schon vergessen und die CSU samt Anhang stürzt sich auf den tschechischen Ministerpräsidenten Zeman, der es wagte, die sog. Sudetendeutschen als das zu bezeichnen, was sie waren - "die fünfte Kolonne Hitlers". Vorneweg die "Epoche"-Autoren Edmund Stoiber und Dr. Walter Kreul.
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