Kanzlerin mag USA nicht Von Arnold Schölzel Montag in Berlin: Die Kanzlerin demonstriert die neue deutsche Stärke
Foto: AP Was bislang als »Antiamerikanismus« galt, wird nun deutsche Regierungspolitik: Die USA sind allein schuld an der Finanzkrise, die alle führenden Industriestaaten und deren Finanzkonzerne herbeigeführt haben, und sollen sich selbst helfen. Am gigantischen Rettungspaket für den US-Bankensektor beteiligen sich weder Deutschland noch irgendeine andere große Wirtschaftsmacht. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte am Montag in Berlin nach einer Schaltkonferenz mit den Finanzministern und Notenbankchefs der G-7-Staaten, alle lehnten eine Beteiligung an dem 700-Milliarden-Dollar-Programm Washingtons ab. Auch plane niemand ein vergleichbares Paket. Einhellig wurden aber die Bemühungen der Amerikaner um Eindämmung der Finanzkrise begrüßt. Diese Marschrichtung hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits am Wochenende vorgegeben, als sie den USA in ungewöhnlich deutlicher Form Versäumnisse vorgeworfen hatte. Sie bezog sich während eines Wahlkampfauftritts für die Österreichische Volkspartei (ÖVP) am Sonnabend in Linz auf internationale Vereinbarungen zu schärferen Eigenkapitalvorgaben für Banken. Die unter dem Stichwort »Basel II« zusammengefaßten Regeln gelten seit Anfang 2007 in der Bundesrepublik sowie in anderen EU-Staaten. Die USA dagegen haben die Regeln bisher nicht eingeführt. Merkel hatte laut Spiegel online gesagt: »Wir haben das natürlich brav gemacht, eine schöne EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, viele Klagen von Mittelständlern in Kauf genommen – und als der Tag dran war, haben die Amerikaner gesagt: Wir nicht.« So gehe es nicht im internationalen Bereich. Die USA hätten aus den Finanzprodukten Nutzen gezogen, die Verluste würden »ziemlich gut über die Welt verteilt«. Inzwischen strebten auch die USA und Großbritannien mehr Transparenz an. Am Montag erklärte Merkel vor 1000 Unternehmern in Berlin, die aktuelle Krise zeige, daß man viel national regeln könne, »aber das allermeiste muß international geregelt werden«. Es müsse nicht immer gleich ein neues Gesetz geben: »Aber dort, wo Gesetze nicht gemacht werden sollen, müssen die Wirtschaftsakteure bereit sein, bestimmte Regeln für sich selber zu akzeptieren«. Kraftvolle Töne kamen auch von anderen deutschen Politikern. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte in München, die Amerikaner hätten sich in den vergangenen Jahren »den Sack vollgemacht«. Es könne nicht sein, daß nun die Verluste auf Europa abgewälzt würden. Der Haushaltsexperte der Union, Steffen Kampeter (CDU), sieht keinen Grund, »daß der deutsche Steuerzahler auch noch dem amerikanischen hilft«. Dem Bayerischen Rundfunk sagte er: »Die Amerikaner haben die Finanzkrise hervorgerufen, ihre Risikogeschäfte bringen die gesamte Welt in Bedrängnis, und von daher glaube ich, daß vor allem die amerikanischen Steuerzahler ... an der Lösung dieser Probleme arbeiten sollten.« Bundestagsvizepräsident Hermann-Otto Solms (FDP) hält ebenfalls nichts davon, der US-amerikanischen Bitte nach staatlichen Finanzhilfen aus Europa für das geplante Banken-Rettungspaket nachzukommen. »Die Ursachen der Krise sind einzig und allein in den USA zu suchen und müssen auch dort behoben werden«, .. http://www.jungewelt.de/2008/09-23/026.php |