In Einigkeit und Harmonie wollte der britische Premierminister und EU-Ratspräsident Blair die EU-Staaten auf ihrem Gipfel aus der Finanzkrise führen. Doch schon vor Beginn der Gespräche wurden die ersten Bedenken gegen den vorgelegten Fünf-Punkte-Plan laut.
Hampton Court - Vorbehalte mehrerer EU-Staaten gegen einen neuen Milliardenfonds zur Abfederung von Globalisierungsfolgen gefährden eine Einigung über die europäische Finanzplanung unter britischem Vorsitz. Noch vor dem offiziellen Beginn des EU-Gipfeltreffens auf Schloss Hampton Court bei London äußerten verschiedene Regierungschefs heute Bedenken gegen die geplante Unterstützungskasse.
Der amtierende Ratspräsident und britische Regierungschef Tony Blair befürwortet hingegen die Reformpläne der EU-Kommission samt dem neuen Fonds. Er bezeichnete sie als Voraussetzung für einen Beschluss über die künftigen EU-Finanzen vor Ende des Jahres.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte in einem Fünf-Punkte-Plan unter anderem die Gründung eines Fonds gegen "Schocks der Globalisierung" vorgeschlagen. Der Fonds soll nach seinen Vorstellungen 3,5 Milliarden Euro für den Zeitraum 2007 bis 2013 umfassen, 500 Millionen Euro pro Jahr. Das Geld soll außerhalb des üblichen EU-Haushalts zur Verfügung stehen. Mit dem Fonds sollen beispielsweise soziale Folgen von Firmenschließungen in Europa wie jüngst beim Computerhersteller Hewlett-Packard sozial abgefedert werden.
Blair sagte: "Seine Absicht (des Fonds) ist nicht, Jobs zu schützen, sondern Menschen." Die größten Einzahler in die Brüsseler EU-Kasse, Deutschland, die Niederlande und Schweden, lehnen die Idee hingegen ab. Diplomaten sagten, Deutschland sei gegen die Idee Barrosos, weil man keine "Schattenhaushalte" haben wolle. Berlin fürchtet, dass damit auf Deutschland als Nettozahlerland neue Lasten zukommen würden.
Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen sagte unmittelbar vor dem Treffen: "Ich stehe dem Globalisierungsfonds skeptisch gegenüber." Er sei aber bereit, sich damit zu beschäftigen, wenn die Mittel für mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt sorgen könnten. Rasmussen warnte davor, Europas Wirtschaft künstlich vor dem weltweiten Wettbewerb zu schützen. "Protektion wird langfristig keinen Arbeitsplatz sichern", meinte der dänische Regierungschef.
Der estnische Regierungschef Andrus Ansip lehnte den Globalisierungsfonds rundweg ab. "Es ist sehr schwer zu verstehen, wofür wir den Fonds brauchen", sagte Ansip. Der finnische Regierungschef Matti Vanhanen sagte, die EU könne von dem Treffen in Hampton Court keine Revolutionen erwarten.
EU-Industriekommissar Günter Verheugen sagte der "Westfälischen Rundschau", die Regierungschefs müssten dringend die finanzielle Vorschau der EU regeln. "Nur so können wir sicherstellen, dass wichtige EU-Programme nicht gefährdet werden." Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok äußerte sich skeptisch über die Chancen einer Einigung unter britischer Präsidentschaft. "Tony Blair will nicht wirklich die Probleme anfassen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments.
spiegel.de |