FTD Hypothekenkrise erreicht Geldmarkt
von Tim Bartz, Doris Grass und Yasmin Osman (Frankfurt)
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat einen Schnelltender zur Verfügung gestellt, um am Geldmarkt ausreichende Liquidität sicherzustellen. Zuvor hatte sie erklärt, es gebe Verwerfungen. Der Markt ist alarmiert.
Insgesamt wurden 94,841 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, um die Liquidität am Euro-Geldmarkt sicherzustellen. Die Laufzeit der Offenmarktkredite betrage einen Tag, der Festzinssatz liege bei vier Prozent, teilte die EZB am Donnerstag mit. Nach eigenen Angaben will die EZB mit dieser Feinsteuerungsoperation normale Verhältnisse am Euro-Geldmarkt sicherstellen. Die EZB erhielt Gebote von 49 Banken, alle abgegebenen Gebote erhielten einen Zuschlag.
Der Geldmarkt ist ein reiner Interbankenmarkt. Er besteht deshalb, weil die Zentralbanken jeder Geschäftsbank nur eine bestimmte Bargeldmenge per Diskontsatz zugestehen. Hat eine Geschäftsbank kurzfristig einen Bargeldbedarf, der dieses, ihr zugeteilte Kontingent übersteigt, versucht sie diesen Bedarf auf dem Geldmarkt zu decken, indem sie überschüssiges Bargeld anderer Geschäftsbanken leiht.
Europäische Notenbank spricht von "Spannungen"
Die Notenbank sprach am Donnerstag von "Spannungen im Geldmarkt". Die Furcht der Banken vor möglichen Turbulenzen wegen der US-Hypothekenkrise hatte zum Abzug von Geld aus dem Kreislauf geführt und den Zinssatz für Tagesgeld kurzfristig bis auf 4,7 Prozent nach oben getrieben. Händler nannten dann am späten Donnerstagvormittag Tagesgeldsätze zwischen 4,4 und 4,5 Prozent. Noch am Mittwoch, dem ersten Tag der neuen Mindestreserveperiode, hatte der Zinssatz für Tagesgeldeinlagen bei knapp über vier Prozent gelegen. Für Unruhe an den Märkten hatte die Nachricht gesorgt, dass die französische Großbank BNP Paribas drei ABS-Fonds schließt. ABS steht für Asset-Backed-Securities. Zuvor hatten schon andere Fondsgesellschaften wie Union Investment und HSBC Trinkaus solche Schritte angekündigt.
Marktteilnehmer reagierten alarmiert. "Das größte Problem ist, dass die Krise auch auf andere Segmente des Interbankenhandels übergreift - Commercial Papers zum Beispiel. Wenn sich breit über die verschiedenen Segmente des Kredithandels Probleme bei der Platzierung einstellen, kann es sehr schnell zu einer Krise für viele Banken kommen - und damit zu einer des Finanzsystems", sagte ein hochrangiger Investmentbanker. Aus Landesbankenkreisen heißt es, es würden zum Teil höhere Sätze bei Übernachtkrediten in Dollar verlangt. Diese lägen zum Teil 30 Basispunkte über dem Leitzinssatz der Fed. So etwas komme nicht oft vor, aber es habe noch keine Panik ausgelöst. Im Euroraum habe es auch einen Anstieg der Geldmarktsätze gegeben, doch habe sich die Lage dort wieder entspannt, hieß es.
„Die Banken steuern ihre Liquidität defensiver“, sagte Michael Schneider, bei der DZ Bank zuständig für das Liquiditätsmanagement. Die Nachfrage sei von amerikanischen Banken über Asien schließlich auf den europäischen Markt übergeschwappt, erklärten Geldhändler. „Der Markt ist derzeit sehr dünnhäutig“, hieß es. Es könne aber keine Rede davon sein, dass die Banken sich gegenseitig keine Liquidität oder keine Kreditlinien mehr zur Verfügung stellten, sagte ein Marktteilnehmer einer deutschen Großbank. „Da gibt es keine Probleme.“ |