Renten und Devisen Trichets Inflationsalarm belastet Rentenvon Doris Grass und Mark Schrörs (Frankfurt)Mit kräftigen Verlusten haben die Kurse der Euro-Staatsanleihen darauf reagiert, dass der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, die Inflationsrisiken stark betont hat. Die Notenbank ließ den Leitzins unverändert bei 4,0 Prozent.Der richtungsweisende Bund-Future verlor bis gegen 19.45 Uhr MEZ acht Stellen auf 114,89 Zähler. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg um fünf Basispunkte auf 4,083 Prozent. Der Euro legte nach einigen schwächeren Tagen zum US-Dollar wieder zu. "Der Markt hat enttäuscht auf Trichets Äußerungen reagiert. Die Renditen sind über die ganze Kurve um 4 bis 5 Basispunkte gestiegen", sagte Ralf Preusser, Bond-Stratege der Deutschen Bank. Der Rentenmarkt habe sich wohl etwas Hoffnungen darauf gemacht, dass die EZB mehr unternimmt, um die Liquiditätssituation am Geldmarkt über das Jahresende zu entspannen - etwa indem sie den Zins für Übernachtkredite von 5,0 Prozent senkt. "Was den Markt auch verschreckt zu haben scheint, ist, dass einige EZB-Mitglieder für eine Zinserhöhung gestimmt haben", so Preusser. Trichet hatte recht offen berichtet, dass "manche" im geldpolitischen Rat höhere Zinsen bevorzugt hätten. Zudem hatte er auf die Frage, ob die Entscheidung einstimmig gewesen sei, gesagt, sie sei "im Konsens" erfolgt. Im Rat tobt ein Kampf Wie Aussagen von EZB-Notenbankern andeuten, tobt im Rat gerade ein Kampf, ob die Risiken für die Inflation oder jene für die Konjunktur größer sind. "Derzeit scheint die EZB eher dazu zu neigen, die Zinsen zu erhöhen, als sie zu senken", sagte Elga Bartsch, EZB-Beobachterin bei Morgan Stanley. Die Gemeinschaftswährung rutschte zunächst kräftig auf ein Tagestief von 1,4526 $ ab, erholte sich aber wieder. Am frühen Abend kostete ein Euro 1,4634 $. Zum Yen kletterte er von am Vortag 162,02 auf nunmehr 162,83 Yen. Birgit Figge, Rentenstrategin DZ Bank, sah in Trichets Auftritt vor allem den Versuch, Leitzinserwartungen zu dämpfen. Zuletzt waren am Markt Spekulationen aufgekommen, dass die EZB womöglich im nächsten Jahr zu Zinssenkungen neigen könnte, wenn der Euro so stark bleibt, das Wachstum nachlässt und die US-Notenbank die Zinsen weiter zurücknimmt. Diese "Flüsterstimmen" habe Trichet nun zum Schweigen gebracht, so Figge. Tatsächlich gab Trichet vor allem das Signal, dass der Leitzins auf absehbare Zeit unverändert bleibt. Dafür sprach auch, dass die neuen vierteljährlichen Projektionen für 2009 ein Wachstum von im Mittel 2,2 Prozent und eine Inflationsrate von 1,8 Prozent vorhersehen. Das eine entspricht etwa dem, was die EZB als Potenzialwachstum ansieht, das andere deckt sich mit ihrem Preisziel von knapp "unter, aber nahe 2,0 Prozent". "Die EZB hofft auf das Beste" "Die EZB hofft auf das Beste", sagte Thomas Mayer, Europa-Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Viele Beobachter zweifeln aber daran, ob die Euro-Zone wirklich so gut durch die anhaltenden Finanzmarktunruhen kommt und so wenig belastet wird vom teuren Euro. In Großbritannien zog am Donnerstag bereits die Bank of England (BoE) die Notbremse und senkte den Leitzins um 25 Basispunkte auf 5,5 Prozent. Ihre Begründung: Es gebe Zeichen, dass sich das Wachstum abzuschwächen begonnen habe und sich die Bedingungen an den Finanzmärkten verschlechtert hätten. "Eine Straffung des Kreditangebots für Haushalte und Unternehmen ist im Gange", hieß es in dem Statement. Weltweit existiert die Sorge, dass die Finanzturbulenzen über die Kreditvergabe die Realwirtschaft massiv belasten könnte. Allerdings hatte die BoE zuvor auch mit Abstand den höchstens Leitzins aller G 7-Staaten. Langsameres Wachstum entschärft Inflationsrisiko Zwar sieht auch die BoE weiter Risiken für die Inflation. Das langsamere Wachstum sollte diesen Druck aber abschwächen. "Die BoE ist offenbar zunehmend besorgt über den Konjunkturausblick für nächstes Jahr", sagte Matthew Sharrat, Volkswirt bei der Bank of America. Er erwartet, dass die BoE den Zins bis Ende 2008 gar auf 4,5 Prozent senkt. An den Märkten ist zumindest ein Schritt auf 5,25 Prozent im Frühjahr eingepreist. Das Pfund Sterling behauptete sich zum Euro dennoch weitgehend. Schließlich war der Schritt nach schwachen Daten vom Vortag keine Überraschung mehr. Am frühen Abend kostete ein Euro 72,18 Pence nach 72,10 Pence am Vortag. In den nächsten Tagen wird laut Figge und Preusse am Rentenmarkt alles davon abhängen, wie die US-Arbeitsmarktdaten am Freitag ausfallen. "Sollten die zuletzt gestiegenen Erwartungen hinsichtlich neuer Stellen nicht erfüllt werden, dürfte der Markt wieder auf eine Zinssenkung der Fed um 50 Basispunkte spekulieren", sagte Preusser. Laut Figge könnte der Markt jetzt von zu positiven Daten ausgehen. Quelle: www.ftd.de |