Warum sollte das WHOA-Gericht überhaupt gegen die Bestellung eines Sanierungsexperten sein? Es liegen ja offensichtlich unterschiedliche Interpretationen der aktuellen Situation vor.
Die Gläubiger in unheiliger Allianz mit unserer Firmenleitung, die ja im übrigen im Namen der Intra-Group Lenders auch für die Enteignung der Aktionäre gestimmt haben, sind zwar der Meinung, dass Steinhoff eh nicht zu retten ist, und daher zum Wohle der Gläubiger möglichst viel Zeit zur Monetarisierung eingeräumt werden soll. Nach diesem Plan existiert Steinhoff dann ja auch nicht mehr, sondern nur noch eine "Stiftung" zur Abwicklung. Ist das wirklich das Ziel eines WHOA, vor allem wenn es hier nur um die Gewinnmaximierung der Gläubiger geht und nicht um Schadensbegrenzung?
Die Aktionäre sind aber zu 90% der Meinung, dass Steinhoff noch überlebensfähig ist und haben sogar das Gutachten der renommierten B.Riley Farber zur Hand, das einen höheren Wert ausweist. Ganz zu schweigen vom rasanten Wachstum der Töchter, die erlauben würden bei einer "angemessenen Restschuld" zu "angemessenen Zinssätzen" wirklich zu überleben. Und das ist das eigentliche Ziel eines WHOA.
Als WHOA-Richter würde ich nicht die Chuzpe haben und urteilen, dass die Steinhoff-Führung bzw. die Marionette der Gläubiger schon recht hat, und ein Sanierungsexperte überflüssig ist.
Bin mal gespannt, ob Steinhoff den WHOA-Plan noch vor dem 01.06.23 zur Homologation einreicht. Aber das Gericht würde sowieso auf den Anhörungstermin zur Bestellung eines Sanierungsexperten verweisen. An einem solchen Termin wird mit Sicherheit auch nicht sofort entschieden. Alleine dadurch wird es wieder zu einer Verzögerung kommen, und sollte ein Experte eingesetzt werden braucht der auch locker seine 2 Monate für die Sichtung und Beurteilung der Daten, und weitere 1 - 2 Monate zur Ausarbeitung eines Sanierungsplans.
Meine hypothetische Kausalkette ist danach: 01.06.2023 - Anhörung bzgl. Sanierungsexperte 08.06.2023 - Entscheidung zur Einsetzung eines Experten und Bestellung 15.06.2023 - Verlängerung der Schulden bis 31.12.2023, da das WHOA-Gericht die Fälligstellung unterbindet, eventuell sogar unter Aussetzung der Zinsen 01.09.2023 - Vorlage des neuen Sanierungsvorschlags an Steinhoff 22.08.2023 - Abstimmung der verschiedenen Klassen zu dem Vorschlag 29.08.2023 - Einreichung zur Homologation ...
Das große Fragezeichen ist natürlich was der Sanierungsexperte vorschlägt. Aber wie sollte das überhaupt schlechter sein können als der aktuelle Vorschlag? Da Steinhoff bei einem Schuldenschnitt und niedrigeren Zinsen überleben könnte, ist das für mich die wahrscheinlichste Variante, aber wer weiß.
Sollten die Gläubiger sich einen ähnlichen Ablauf vorstellen, dann wäre aus ihrer Sicht nur noch ein Zeitfenster von 3 Tagen um alles durch eine "angemessene" Abfindungszahlung zu stoppen. Denn wenn erstmal das WHOA-Gericht einen Sanierungsexperten bestellt hat, die Fälligstellung der Schulden ausgesetzt ist und der Sanierungsexperte anfängt rumzuschnüffeln droht ihnen ein erheblicher Verlust mehrerer Milliarden. Und das wäre dann ab dem 01.06.2023 nicht mehr aufzuhalten. Es wird hinter den Kulissen im Moment wohl so heiss hergehen, wie noch nie zuvor. |