Die Gesänge des Maldoror (Les Chants de Maldoror) sind das einzige Werk des französischen Dichters Lautréamont (Pseudonym für Isidore Lucien Ducasse), das auf die Literatur der Moderne und namentlich auf den Surrealismus großen Einfluss ausübte. Es erschien 1874 und gilt als eines der radikalsten Werke der abendländischen Literatur.
Maldorors Grundauffassung, dass Leben Leid und Schmerz bedeute („erinnere dich wohl, wir sind auf diesem entmasteten Schiff, um zu leiden“), resultiert aus der Erkenntnis, dass der Mensch schlecht sei. Wiederholt beklagt er dessen Egoismus und Kälte sowie die Grausamkeit Gottes, der ihn erschuf:
„Was soll die Ungerechtigkeit in den höchsten Beschlüssen? Ist er von Sinnen, der Schöpfer?“ (1. Gesang, 13. Strophe)
Im zweiten Gesang sucht Maldoror einen Freund, eine verwandte Seele. Er findet sie in einer Haiin, die er beim Verschlingen von Schiffbrüchigen beobachtet:
„Ich suchte eine Seele, die mir ähnlich wäre, und konnte sie nicht finden. Ich durchsuchte die verborgensten Winkel der Erde; meine Ausdauer war vergeblich. Allein konnte ich jedoch nicht bleiben. Ich brauchte jemanden, der meinen Charakter bejahte; ich brauchte jemanden, der ebenso dachte wie ich. (…) Einige Minuten lang sahen sie sich fest ins Gesicht; und beide erstaunten, so viel grausame Lust in den Blicken des anderen zu finden. Schwimmend drehen sie sich im Kreise, lassen einander nicht aus den Augen und jeder sagt sich: ‚Ich lebte bis jetzt im Irrtum; da ist einer, der böser ist als ich.‘ Da glitten sie zwischen zwei Wellen, einstimmig und in gegenseitiger Bewunderung aufeinander zu, die Haiin, das Wasser mit ihren Flossen zerteilend, und Maldoror, die Fluten mit seinen Armen schlagend; und sie hielten den Atem an in tiefer Verehrung, jeder von dem Wunsche erfüllt, zum erstenmal sein lebendiges Ebenbild zu betrachten.“ (2. Gesang, 13. Strophe) https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Ges%C3%A4nge_des_Maldoror
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