Düsseldorf Gerade einmal 1000 Wasserstoff-Autos hat Hyundai im Jahr 2020 in Europa verkauft. Das klingt nicht besonders viel, doch es soll ein Anfang sein. Das glaubt jedenfalls Hyundai-Europachef Michael Cole. „Wasserstoff kann die Welt sauberer machen und der Umwelt helfen“, gibt sich der Automanager im Gespräch mit dem Handelsblatt überzeugt. Mit dem Hyundai Nexo gehören die Koreaner zu den wenigen Herstellern, die bereits ein serienmäßiges Wasserstoff-Auto im Angebot haben. Auf Europas Straßen ist das Modell allerdings eine Rarität. Gebaut wird der Nexo, der von einer Wasserstoff-Brennstoffzelle angetrieben wird, bereits seit 2018. Als einzigen echten Konkurrenten gibt es nur noch den Mirai von Toyota, dessen zweite Generation im März auf den Markt kommen soll. Deutsche Hersteller tun sich dagegen schwer mit diesem Antrieb. Mercedes hatte zuletzt mit dem GLC F-Cell ein Brennstoffzellen-Auto im Portfolio, fährt die Produktion aber gerade wieder zurück und will sich beim Wasserstoffantrieb auf Lastwagen konzentrieren. Wasserstoff-Pkw sind nicht nur selten auf den Straßen, sie sind auch teuer. Für den Hyundai Nexo müssen Käufer etwa 70.000 Euro auf den Tisch legen. Europachef Cole glaubt dennoch, dass sich Interessenten vom hohen Preis nicht abschrecken lassen. „Wir glauben absolut an die Brennstoffzelle und die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben“, sagt er. Die Absatzerwartungen für den Nexo bleiben allerdings auch auf absehbare Zeit niedrig. Wie es dazu bei Hyundai heißt, kalkuliert der koreanische Hersteller künftig mit der Verdoppelung der jährlichen europäischen Verkaufszahlen. Ähnlich ist auch die Situation beim Konkurrenten Toyota. Der japanische Konzern hatte im vergangenen Jahr etwa 800 Exemplare seines Mirai in Europa verkauft. Mit der neuen zweiten Generation sollen es etwa 1600 werden. „Das ist nichts für den Normalverbraucher“, sagt dazu Frank Schwope, Automobilanalyst bei der NordLB, „die Autos sind zu teuer“. Wenn Toyota und Hyundai ihre Autos in Europa anböten, dann sei das nicht viel mehr als ein Testlauf. Doch wenn der Hyundai-Europe-Chef von einem möglichen dauerhaften Erfolg der Wasserstoff-Technik spricht, dann hat er dabei viel mehr als nur das vergleichsweise kleine Pkw-Geschäft im Blick. Hyundai verfolgt auch in Europa einen kombinierten Ansatz mit Pkw und Lkw. „Es geht nicht nur um das normale Auto, sondern um viel mehr. Es könnte eine richtige Wasserstoffwirtschaft entstehen“, betont Cole. Einen entscheidenden Schritt nach vorn für die Brennstoffzelle verspricht er sich von einem Pilotversuch, den der koreanische Konzern im vergangenen Jahr in der Schweiz gestartet hat. Bei den Eidgenossen sind mittlerweile die ersten 50 wasserstoffgetriebenen Lastwagen von Hyundai im Einsatz. Cole kalkuliert damit, dass aus dem kleinen Test bis 2025 ein großes Projekt werden kann. „Wir erwarten, dass wir in der Schweiz in den nächsten fünf Jahren bis zu 1600 Lastwagen auf die Straße bringen werden“, sagt er. Dabei will sich der koreanische Hersteller um viel mehr kümmern als nur die Lastwagen. 500.000 Brennstoffzellen bis zum Jahr 2025 Hyundai wird sich mit verschiedenen Partnern auch darum kümmern, dass eine Wasserstoffinfrastruktur in der Schweiz entsteht. Dazu will Hyundai laut Cole nicht nur dabei helfen, das Tankstellennetz zu erweitern, sondern auch die Produktion von grünem Wasserstoff aufzubauen. Wenn die Infrastruktur für die Lastwagen stehe, würden auch die Verkäufe von Wasserstoff-Pkw davon automatisch profitieren. „Natürlich ist alles wegen der niedrigen Produktionszahlen noch recht teuer. Aber wir sehen die Zukunftsperspektiven dieses Antriebs“, betont der Europachef. Zu Hause in Asien steigt Hyundai Motor auch in die Produktion von Brennstoffzellen ein. „Gut 500.000 Stück wollen wir im Jahr 2025 davon produzieren“, erläutert Cole. Diese Großserienproduktion werde dazu beitragen, die derzeit noch vergleichsweise hohen Kosten für den Brennstoffzellen-Antrieb zu senken. Abnehmer sieht Hyundai nicht nur bei Straßenfahrzeugen, sondern auch in der Schifffahrt, bei Flugzeugen und bei Eisenbahnen. Der Ansatz, die Brennstoffzellen-Technik vor allem über Lastwagen voranzutreiben, stößt auch unter Experten auf Zustimmung. „Für Schwerlast-Lkw auf der Langstrecke ist der reine Elektroantrieb wegen der extrem schweren Batterie alles andere als sinnvoll“, unterstreicht Stefan Bratzel, Professor am Center of Automotive Management (CAM) der Fachhochschule Bergisch Gladbach. Der Einsatz von Wasserstoff im Verkehr ist aus Sicht Bratzels erst dann sinnvoll, wenn es umweltgerecht produzierten „grünen“ Wasserstoff in ausreichender Menge gibt. Produktionsanlagen für Europa könnten etwa im sonnenreichen Nordafrika entstehen, wo grüner Wasserstoff dann mit Hilfe von Solarkraftwerken produziert würde. Das sei bislang jedoch alles noch Wunschdenken. Deshalb sei es die absolut richtige Strategie, bei Pkw in den nächsten Jahren überwiegend auf den reinen Batterieantrieb zu setzen. Ganz vom Tisch sei der Brennstoffzellen-Antrieb damit aber nicht. „Toyota und Hyundai denken langfristig“, so Bratzel. Für Hyundai ist der Wasserstoffantrieb keine Konkurrenz zum Elektroauto mit Hochvolt-Batterie. „Wir sehen die Möglichkeit einer Koexistenz beider Antriebsarten, da gibt es keine Einbahnstraßen“, betont Cole. Während der deutsche VW-Konzern den Schwerpunkt auf den batterieelektrischen Antrieb legt, fahren die Koreaner damit eine Doppelstrategie. |