Schrempp wehrt sich heftig gegen Kritik
Daimler-Chef erwartet positive Zahlen für 2000 - Schuldzuweisung an alte US-Führungscrew
Frankfurt (ap). Der Vorstandschef von DaimlerChrysler, Jürgen Schrempp, hat Kritik an seiner Unternehmensstrategie im Zusammenhang mit der angeschlagenen US-Tochter Chrysler am Wochenende in verschiedenen Interviews entschieden zurückgewiesen.
Wer eine Trennung des Konzerns von Chrysler fordere, "hat nicht zu Ende gedacht", sagte Schrempp dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Damit würde das Potenzial, das in unserer Positionierung als automobilem Weltunternehmen liegt, aufgegeben." Der Aufsichtsrat stehe "voll hinter unserer Strategie", betonte der Stuttgarter Konzernchef ausdrücklich.
Chrysler wird nach Angaben von Schrempp im "Spiegel" im Gesamtjahr 2000 "positive Zahlen liefern", trotz des Verlusts von über einer Milliarde Mark im dritten Quartal. Der DaimlerChrysler-Konzern insgesamt werde "einschließlich Einmaleffekten einen operativen Ertrag von annähernd 20 Milliarden Mark erwirtschaften". Mercedes-Benz und die Nutzfahrzeuge würden nochmals an Gewinn zulegen. Schwere Vorwürfe, die Chrysler-Absatzkrise nicht richtig eingeschätzt zu haben, richtete er an die ehemalige amerikanische Führungscrew.
Zugleich verwahrte sich Schrempp in "Welt am Sonntag" gegen die Vorwürfe des US-Großaktionärs Kirk Kerkorian, der wegen angeblicher Irreführung der Aktionäre beim Zusammenschluss 1998 milliardenschweren Schadenersatz fordert. Er sagte dazu in der "Welt am Sonntag" bezüglich der umstrittenen Interview-Äußerungen über den Charakter des Zusammengehens mit dem US-Autohersteller Chrysler: "Der Zusammenschluss mit Chrysler war eindeutig ein Zusammenschluss unter Gleichen." ass es nicht dabei geblieben sei, liege an den ständig wechselnden Marktbedingungen. Zurzeit gebe es eine "ernsthafte operative Herausforderung bei Chrysler".
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach, der auch Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeberverbände ist, warf Schrempp in diesem Zusammenhang in der "Bild am Sonntag" vor, das amerikanische Vertrauen in die deutsche Wirtschaft zu belasten.
Der Konzernchef setzt insbesondere auf Synergieeffekte zwischen den einzelnen Automarken. "Alleine auf der Komponentenseite, also bei Getrieben, Achsen, Motoren und elektronischen Bausteinen, können wir in den nächsten fünf, sechs Jahren etwa 40 Prozent der Komplexität reduzieren. Das bringt Milliarden. Diese Schätze werden wir heben," sagte Schrempp im "Spiegel". Zu möglichen Entlassungen und Werksschließungen bei Chrysler wollte sich Schrempp im Hamburger Magazin nicht äußern: "Das wäre unverantwortlich.". Aber "eine Anpassung an die Marktverhältnisse ist notwendig", sagte Schrempp. Vom neuen Chrysler-Chef Dieter Zetsche erwarte er, dass die Marke wieder "zu den hervorragenden Ergebnissen von 1998 und 1999 zurückkehrt".
An die Adresse der ehemaligen Chrysler-Führungscrew sagte Schrempp in einem Interview mit dem Münchener Nachrichten-Magazin "Focus": "Die Maßnahmen in Auburn Hills (dem Sitz der Chrysler-Verwaltung, Red.) waren sicher zu spät und zu halbherzig." Zur Gefahr anti-deutscher Ressentiments meinte er: "Nationale Gefühle können Sie in so einem Fall nie ganz ausblenden. Deswegen haben wir den Führungswechsel bei Chrysler gut vorbereitet." |