Ich bin kein Freund von Videos, Podcasts, Conference Calls, ich lese lieber (schnell) und die wichtigen Passagen dann ggf. mehrfach. Aber den Hypoport-CC habe ich mir dann dich angetan, auch wenn 56 Minuten abschreckend sind (für mich).
Gibt ja schon einige Highlights daraus hier im Strang. Als besonders wichtig (und zukunftsrelevant) erschien mir:
1. Hypoport war und ist bestens auf die Digitalisierung vorbereitet. Allerdings nicht alle Partner (Genobanken, Sparkassen usw.). Daher blieben im ersten Lockdown, aber auch im weiteren jahresverlauf einige Projekte auf der Strecke; die sind aber nur verzögert, finden also dennoch statt (in 2021). Trotzdem konnte Hypoport seinen Marktanteil bei Immo-Finanzierungen um weitere 6% steigern! Inzwischen werden mehr als 25% aller Immofinanzierungen in Deutschland über Europace abgewickelt! In gleicher Größenordnung sollen die Marktanteilsgewinne sich in den nächsten Jahren fortsetzen.
2. Hypoport hat entschieden, kein (!) Projektgeschäft mehr zu machen. Stattdessen setzt man komplett auf wiederkehrende, also stetige Erträge. Das kostet Umsatz und Gewinn!
a.) Weil nicht alle Kunden mitmachen wollen. b.) Weil nicht alle Projekte "umwandelbar" sind. c.) Weil statt hoher Einmaleinnahmen (Lizenzen) sich diese Umsätze und Gewinne auf mehrere Jahre verteilen.
Das ist die "normale" Wandlung, die auch Adobe und Microsoft und viele andere Softwarekonzerne erfolgreich vollzogen haben. Über 12 bis 18 Monate sieht das nach einer Umsatz- und Gewinndelle aus, aber das wächst sich raus und am Ende verdient Hypoport sogar mehr!
Zu a.) und b.) ist anzumerken, dass Hypoport wenig Kunden hat, die wechseln. Aber bisher hat man für einige ganz individuelle Softwarelösungen gebaut und das hat man nun eingestellt. Man verzichtet bewusst auf dieses Projektgeschäft, weil man es nicht skalieren kann und alle Ressourcen in die eigenen Plattformen steckt.
3. Hypoport will den gesamten Immobilienerwerbsstrang abdecken. Man kommt von der Finanzierung, will aber bereits das Vermarkten (Verkäufer-Makler-Käufer) abdecken, die Bewertung der Immobilien, die Finanzierung und auch die Vertragsabwicklung (bis hin zum Kaufvertrag beim Notar).
4. Versicherungsplattform kostet momentan noch viel Geld, weil viele kleine Insellösungen (von Maklern und übernommenen Softwareanbietern) ins Hypoportsystem übernommen werden müssen. Slabke sprach von einem 600-Millionen-Euro-Markt (an Provisionserlösen), den man sich langfristig erschließen will. Und an dem Hypoport so viel verdienen möchte wie an der Immokreditplattform (Europace).
Hier liegen die großen Investitionsfelder, die Hypoport momentan viel Geld kosten. Alleine in 2021 sollen €40 Mio. investiert werden! Diese Bereiche sollen in drei Jahren den Breakeven erreicht haben und in fünf Jahren eine Marge von 10% abwerfen (ich meine, Slabke verwendete EBIT-Marge).
Mein Fazit: Wer auf den - vermeintlich - zu niedrigen Umsatzzuwachs schaut, ist zu kurzsichtig. Es gibt sehr gute Gründe, weshalb die Zahlen für 2020 so ausgefallen sind, wie sie ausgefallen sind. Sehr gute Gründe und vor allem strategisch nachvollziehbare Gründe. Jemand meinte hierzu, Hypoport skaliere in die falsche Richtung. Schön populistisch ausgedrückt bei oberflächlicher Betrachtung auf die Momentaufnahme. Aber eben auch wenig tief- und weitblickend.
Hypoport ist im Bereich Europace in Deutschland mit 25% Marktanteil beim Neugeschäft Marktführer und gewinnt weiter deutlich Marktanteile hinzu. Ebenso solide und wachstumsstark kommt Dr. Klein daher. Alle drei anderen Sparten haben Startup-Charakter - man sollte dies bei Betrachtung der Umsatz- und Ergebnisentwicklung daher nicht über einen Kamm scheren. Und daher auch nicht bei der Bewertung. Wer hier auf das KGV blickt oder auf das KUV, wird auf den ersten Blick keinen attraktiven Investmentcase vorfinden. Wer zweimal hinschaut und sich ein paar tieferschürfende Gedanken macht, und wer die Eier hat, auf Sicht von drei, fünf oder mehr Jahren zu investieren, dürfte gerade auf einen weiteren Multibagger schauen.
Ich habe jedenfalls gestern unter €420 meine Position aufgestockt, sowohl in meinem Depot als auch in meinen beiden Wikis. Ich bin überzeugt, dass dies auf mittlere und lange Sicht sehr attraktive Kaufkurse waren/sind.
"Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht." (Werner von Siemens) |