FTD: Japans Wirtschaft schrumpft um 13 Prozent 16.02.2009 - 14:33 Die japanische Wirtschaft ist angesichts eines beispiellosen Exporteinbruchs so stark eingebrochen wie seit der Ölkrise vor 35 Jahren nicht mehr. Es wächst die Befürchtung, die 40-Mrd.-Euro-Geldspritze zur Ankurbelung der Konjunktur könnte ohne Wirkung verpuffen.
Das japanische Bruttoinlandsprodukt sei im vierten Quartal 2008 auf ein Jahr hochgerechnet um 12,7 Prozent geschrumpft, teilte die Regierung in Tokio am Montag mit. Nach der selben Berechnungsweise betrug das Minus in den USA 3,8 Prozent, in der Eurozone 6,1 und in Deutschland 8,1 Prozent.
"Es gibt keinen Zweifel, dass wir in der schwersten Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stecken", sagte Wirtschaftsminister Kaoru Yosano nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo. Der Rückgang um 12,7 Prozent ist der größte Einbruch seit der Ölkrise von 1974. Damit ist das Sozialprodukt das dritte Quartal in Folge niedriger ausgefallen als jeweils ein Jahr zuvor. Im Zeitraum von Juli bis September wurde ein Rückgang um 3,3 Prozent registriert.
Ursache ist der Einbruch bei den Ausfuhren. Sie sanken um fast 14 Prozent. Exportschlager wie Autos und Elektronikprodukte stapeln sich in den Lagern von Konzernen wie Toyota und Panasonic. Experten sagen deshalb für das laufende erste Quartal einen erneuten Einbruch voraus, da die Exporteure zunächst ihre Lager leeren wollen und die Produktion deshalb stark gedrosselt haben. "Aber die Krise hat inzwischen auch den privaten Verbrauch und die Investitionstätigkeit erfasst", sagte Commerzbank-Analyst Christoph Weil. "Kurzfristig ist keine Besserung zu erwarten."
Hinzu kommt der rasante Höhenflug des Yen. Die geschrumpfte Auslandsnachfrage drückte Japans BIP um ganze drei Prozentpunkte und damit so stark wie noch nie. Die ebenfalls gesunkene Binnennachfrage ließ das BIP um weitere 0,3 Prozentpunkte sinken. Vor diesem Hintergrund erwarten Unternehmen wie Toyota, Sony und Hitachi im noch bis Ende März laufenden Geschäftsjahr durch die Bank hohe Verluste und bauen Tausende von Stellen ab. Dies drückt erheblich auf die Stimmung der Verbraucher, was die Rezession noch zu verlängern droht.
Die Konsumausgaben, die 55 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes ausmachen, sanken im Schlussquartal 2008 um real 0,4 Prozent zum Vorquartal. Die Kapitalausgaben der Unternehmen schrumpften um 5,3 Prozent. Bezogen auf das abgelaufene Kalenderjahr sank die Wirtschaftsleistung erstmals seit neun Jahren um real 0,7 Prozent. Für das noch bis zum Ende März laufende Fiskaljahr 2008/2009 geht die Regierung von einem Rückgang des BIP um 0,8 Prozent aus. Für das Jahr 2009 hat der Internationale Währungsfonds für Japan einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 2,6 Prozent vorhergesagt.
Das wäre allerdings nur zu erreichen, wenn die Wirtschaft im laufenden Quartal um 5,6 Prozent zuläge. Das halten viele Ökonomen jedoch für unwahrscheinlich, vielmehr gehen sie von einem weiteren Schrumpfen aus. Japans Regierungschef Taro Aso will zwar, dass Japan vor allen anderen Länder aus der Krise findet. Ökonomen gehen jedoch vom Gegenteil aus: Erst wenn sich die Ökonomien der USA und Chinas erholten, werde es auch Japan wieder besser gehen. Denn Japan hängt weiter wesentlich vom Export ab, die Binnennachfrage reicht nicht.
Um die Konjunktur anzukurbeln, hat das Parlament im Januar ein Ausgabenpaket im Umfang von 4800 Mrd. Yen (40,8 Mrd. Euro) beschlossen, darunter auch Konsumgutscheine über 12.000 Yen (102 Euro) für jeden Steuerzahler. In der Öffentlichkeit wird die Wirkung jedoch bezweifelt. "Angesichts der bevorstehenden Wahl legt die japanische Politik vermutlich die Priorität mehr auf die Umfragewerte als auf das Bruttoinlandsprodukt", sagte der Chefvolkswirt von Barclays Capital in Tokio, Kyohei Morita.
Die Regierung in Tokio plant Medienberichten zufolge ein neues Hilfspaket. Demnach soll die Konjunktur insgesamt mit umgerechnet bis zu 169 Mrd. Euro gestützt werden, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf Kreise. Von der Regierung kam noch keine Bestätigung dafür.
In Tokio ging der 225 Werte umfassende Nikkei-Index um 0,4 Prozent bei 7750 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste Topix-Index schloss dagegen 0,7 Prozent im Plus bei 770 Zählern. Die Aktienmärkte in Südkorea, Hongkong, Taiwan und Singapur verzeichneten Verluste, während der chinesische Leitindex fester notierte.
Mit Agenturen
Autor/Autoren: Thomas Fricke (Berlin) |