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Der Massenmord von Hanau wird bedenkenlos instrumentalisiert
Ein Mörder kann zugleich verrückt und rechtsextrem sein. Aber es geht nicht an, eine Wahnsinnstat als Vorwand zu nehmen, um politische Kritik abzuwürgen. In den 1970er- und 1980er-Jahren führte die Rote Armee Fraktion (RAF) einen mörderischen Privatkrieg gegen Deutschland. Stellen wir uns vor, damals hätte ein Journalist geschrieben: „Die Wegbereiter der Gewalt haben Namen und Adresse: Hans Magnus Enzensberger, Heinrich Böll, Rudolf Augstein, und andere, die die Verrohung des Diskurses vorangetrieben haben. Zuerst kommen die Worte, dann die Taten.“ Sozialdemokraten und Linksliberale hätten vehement protestiert. Damals unterschied man noch zwischen den Terroristen und ihren Sympathisanten auf der einen Seite und dem breiten Spektrum widerständiger Bewegungen auf der anderen. Die RAF konnte besiegt werden, weil es gelang, sie in der Linken zu isolieren.
Jahrzehnte später finden deutsche Politiker und Medien nichts daran auszusetzen, dass der Millionenerbe Jakob Augstein prominente Intellektuelle für den Massenmord eines Verrückten in Hanau verantwortlich macht: „Die Wegbereiter der Gewalt haben Namen und Adresse: Sarrazin, Broder, Tichy, und andere, die die Verrohung des Diskurses vorangetrieben haben. Zuerst kommen die Worte, dann die Taten.“ Keiner der Genannten ist rechtsextrem, keiner befürwortet, verharmlost oder relativiert die Anwendung von Gewalt. Die „Verrohung des Diskurses“, die ihnen Augstein vorwirft, besteht darin, dass sie Angela Merkel kritisieren, an erster Stelle ihre fatale Entscheidung, im Herbst 2015 die Schleusen für die Massenmigration zu öffnen. Wer sich gegen die Einheitsfront von SPD, Grünen und Merkels CDU stellt, wird als rechtsextrem geächtet. Diese Entscheidung war gerade auch deshalb fatal, weil sie – und das konnte man voraussehen – der Polarisierung und Radikalisierung in der deutschen Gesellschaft Vorschub leisten würde. Asylantenheime gingen in Flammen auf, Pegida mobilisierte gegen die Migranten, in den sozialen Medien verbreiteten sich Fremdenhass und Rassismus, die AfD verwandelte sich von einer rechtsliberalen in eine nationale Protestpartei, die Rechtsradikale in ihren Reihen duldet. Der Boden war bereitet, lang vor dem Massaker, das der geistig abnorme Mörder in Hanau anrichtete. Im Wahn des Tobias R. verband sich die Zwangsvorstellung, mentaler Fremdsteuerung ausgesetzt zu sein, mit den rassistischen Vernichtungsfantasien des internationalen Rechtsextremismus zu einer tödlichen Mischung. R. erschoss zuerst neun Menschen mit Migrationshintergrund und schließlich die eigene Mutter. Im Juli vorigen Jahres stieß ein afrikanischer Migrant im Frankfurter Hauptbahnhof eine Frau und ihren achtjährigen Sohn vor einen einfahrenden Zug. Das Kind starb, die Mutter konnte sich retten. Die Staatsanwaltschaft erklärte den Täter für schuldunfähig aufgrund einer psychischen Erkrankung. Muslimische Einzeltäter werden oft ebenfalls als geisteskrank eingestuft. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse über den Mann, der am Montag in Volkmarsen sein Auto in einen Faschingszug lenkte und mehr als 50 Menschen verletzte, darunter 18 Kinder, deuten auf einen weiteren Fall mörderischen Wahnsinns hin. R. hingegen wurde sofort zum „bewaffneten Arm der völkischen Bewegung“ („Süddeutsche“) erklärt. Auf der Internetplattform Achse des Guten schreibt Chaim Noll: „Heute gibt es zwei Arten von Wahnsinn: den anerkannten, der dazu dient, eine Untat zu entschuldigen, und den, der ignoriert wird, damit der Psychopath als Gesinnungstäter dargestellt und die Hetzjagd auf Hintermänner, Verroher des Diskurses und alle ,Rechten‘ eröffnet werden kann.“ Die politische Instrumentalisierung des Massakers von Hanau bereitet den Boden für die Kriminalisierung konservativer Kritik in Deutschland. Wer sich gegen die Einheitsfront stellt, in der sich der „historische Kompromiss“ zwischen der SED-Nachfolgepartei, der SPD, den Grünen und Merkels CDU realisiert, wird als rechtsextrem geächtet. Er riskiert, namentlich genannt den Rollkommandos der Antifa zur Sonderbehandlung empfohlen zu werden. |