Ob gesetzliche Pflegeversicherung oder private Zusatzverträge: Die Bedingungen und Konditionen sind so dermaßen kompliziert verklausuliert gestaltet, dass sie kaum ein normaler Mensch halbwegs verstehen kann. Neben den eh schon komplizierten Klauseln findet man noch viel kompliziertere Unterklauseln, Ausnahmeregelungen, Ausschlußregelungen etc. Fast braucht man einen Doktortitel wenn nicht gar eine Professur auf diesem Spezialgebiet um all diese Dinge in ihrer ganzen Komplexität und letztendlicher Konsequenz einigermaßen verstehen zu können. Fast jeder Satz ist reine Interpretation und Auslegungssache - je nach Fall und Partei.
Es ist manchmal schon recht menschenunwürdig, teilweise sogar menschenverachtend, wie die Pflege in den einzelnen Pflegestufen insbesondere von Zusatzpflegeversicherern "minutiös berechnet" wird. Mittlerweile benötigen Pflegekräfte und Pflegedienste mehr Zeit und Aufwand dafür, jede Minute der Pflege zu dokumentieren, als für die eigentliche Pflege.
Die Vertragsbedingungen bei Versicherung im Allgemeinen, die ja für den Normalverbraucher gedacht sind, und bei denen fast kein Normalverbraucher auf die Idee kommt, diese Verträge vor Abschluss anwaltlich überprüfen zu lassen, sind tatsächlich oft komplizierter noch als Verträge mit Banken, geschlossenen Fonds, Notarverträgen und Plattenverträgen - und diese sind auch sehr kompliziert und verklausuliert.
Dabei könnte es so einfach sein - ähnlich wie bei der Krankenhaustagegeldversicherung. Man versichert einen bestimmten Tagessatz z.B. in Höhe von 50,-- bis 100,-- Euro o.ä. pro Tag und zahlt dafür je nach Alter und Gesundheitszustand einen Monatsbeitrag bei der Versicherung.
Bei einem Krankenhausaufenthalt zahlt dann die Versicherung den vereinbarten und versicherten Tagessatz - unabhängig von der Diagnose, der "Schwere" der Krankheit etc.
Bei der Pflegeversicherung sieht das anders aus. Man kann zwar einen "Tagessatz" auch z.B. in Höhe von 5,-- bis 100,-- Euro und mehr versichern lassen und dafür auch entsprechend hohe Beiträge einzahlen. Jedoch wird bei der "Auszahlung" seitens der Versicherer krass unterschieden, ob Pflegestufe I, II oder III. Erst einmal muss die Stufe per Gutachten festgestellt werden um dann eventuell von der Versicherung anerkannt zu werden. Dann gibt es je nach Stufe aber nur "prozentual" einen Betrag auf den versicherten Tagessatz zuerkannt. So z.B. für Stufe I NUR 30% des Tagessatzes, für Stufe II dann 60% und erst für Stufe III dann 100%. Bis ein Pflegebedürftiger die Stufe III erreicht hat, ist er quasi schon halbtot. Die Höhe der Beiträge jedoch orientieren sich die gesamte Beitragsdauer über viele Jahre - gar Jahrzehnte hinweg - an einem schweren Pflegebedürftigen bzw. fast halb Toten...
Also - extrem HOHE Beiträge für extrem GERINGE Versicherungsleistungen im Versicherungsfall. Nichts Neues- siehe auch BU-Versicherungen...
Große Unterschiede bezüglich der Versicherungsleistungen sowohl bei der gesetzlichen als auch der privaten zeigen sich bei der Pflege durch Angehörige oder durch Pflegedienste. Während Pflegedienste oft die ca. 3-5-fache Summe geltend machen können, erhalten pflegende Angehörige, Freunde, Bekannte etc. NUR einen Bruchteil der Summe eben ca. nur 1/5 bis 1/3 für fast die selbe "Arbeit" - sofern Pflege von Verwandten, Freunden, Bekannten als "Arbeit" zu betrachten wäre und nicht als "Selbstverständlichkeit". Fast deshalb, weil der Angehörige, Freund, Bekannte wahrscheinlich sogar noch wesentlich intensiver, emotionaler und gewissenhafter den Pflegebedürftigen pflegt und betreut. TROTZDEM erhalten die vorgenannten privat Pflegenden NUR einen BRUCHTEIL der Leistungen, die sonst Pflegedienstleistern anerkannt werden. WARUM?
Hier ein Beispiel bzw. Zitat: Vorab der Link für die Mods ;-)
http://www.pflege-abc.info/pflege-abc/artikel/...en_pflegereform.html
PFLEGEVERTRETUNG (Pflegeaufwendungen für bis zu 4 Wochen im Kalenderjahr)
Aus meiner Sicht bedeutet vorherige Aussage, dass die Pflegeaufwendungen nur für exakt EINEN MONAT im gesamten Jahr übernommen werden. Was soll denn das?
Aus anderen Verträgen wiederum scheint es so zu sein, dass vorgenannte Leistungen PRO MONAT fällig werden... Tja - das meine ich mit Doktorarbeit... Wer blickt denn da als nicht auf diesem Fachgebiet spezialisierter Anwalt noch halbwegs durch?...
Pflegestufe 1 durch nahe Angehörige 235,- durch Pflegedienst 1.550,- Pflegestufe 2 durch nahe Angehörige 440,- durch Pflegedienst 1.550,- Pflegestufe 3 durch nahe Angehörige 700,- durch Pflegedienst 1.550,-
Selbstverständlich sollte und müsste man sich als Familienangehöriger in erster Instanz persönlich um die Pflege eines nahen Angehörigen kümmern, bemühen, sich verantworten, bevor man in zweiter Instanz den Staat zur Verantwortung heran zu ziehen versucht.
Jedoch ist diese Pflege oft sehr problematisch. Teils aus physischen, psychischen, beruflichen, persönlichen und finanziellen Gründen.
Daher sollten Versicherer eben jene Unwägbarkeiten und Unsicherheiten "versichern". Tatsächlich aber kassieren sie nur horrende Beiträge für fast NULL Leistung.
Je nach persönlicher Sachlage ist es daher aus meiner persönlichen Sicht eher empfehlenswert, auf völlig überteuerte, komplizierte Pflegezusatzversicherungen zu verzichten, die im ERNSTFALL auch eh keine entsprechenden Leistungen erbringen...Besser wäre es aus meiner Sicht, die Pflege der Liebsten ganz privat zu organisieren. Vor allem zum Wohl der zu Pflegenden.
Was dieses Thema "Pflege" betrifft, so gibt es allerdings noch sehr, sehr viele Punkte, die es vielleicht niederzuschreiben und ggfs. auch zu diskutieren gälte...
Wie dem auch sei - ich pflege jetzt, ins Bett zu entschwinden - ohne jegliche Pflegestufe ;-)
Kosto |