Aus WO!
Heute morgen sah es noch danach aus, dass die Banken das Schicksal der Kinowelt in den Händen halten. Wenige Stunden später wandert das Schicksal des Medienunternehmens in andere Hände: In die des künftigen Insolvenzverwalters. Vielleicht springt allerdings das Land Bayern in die Bresche.
Nun ist es amtlich: ABN Amro hat gestern um 14.45 Uhr einen Insolvenzantrag über das Vermögen der Kinowelt gestellt. Nachdem die Niederländer dem Medienunternehmen jüngst einen Kredit in Höhe von 50 Mio. Euro gekündigt haben, gehen sie nun einen logischen Schritt weiter. Sie führen die Insolvenz herbei und versprechen sich davon eine höhere Rückführung ihres Darlehens.
Kinowelt bedauert diesen Schritt der Niederländer in seiner Pflichtmitteilung. Kölmel will in Gesprächen versuchen, eine „einvernehmliche Lösung“ herbeizuführen. Dabei dürfte es um eine mögliche Landesbürgschaft des Freistaates Bayern gehen. Kinowelt betont ausdrücklich, unter anderem mit der bayerischen Staatsregierung sprechen zu wollen. Es ist durchaus denkbar, dass Bayern für Kinowelt bürgt, um die Vollstreckung der Insolvenz zu verhindern. Dafür sprechen allein schon die noch rund 800 verbliebenen Arbeitsplätze, die Kinowelt derzeit stellt.
Und selbst wenn das Insolvenzverfahren letztendlich eröffnet wird, bedeutet das nicht zwangsläufig den Untergang des Medienhauses. Insolvenzmasse ist bei Kinowelt zweifelsohne vorhanden. Der zu bestellende Verwalter hat nun zu entscheiden, ob es sich lohnt, das Geschäft der Gesellschaft fortzuführen. Entscheidet er sich gegen eine Fortführung, wird die Insolvenzmasse verkauft. Mit dem Erlös werden die Gläubiger ausbezahlt, die Gesellschaft wird zerschlagen.
Dadurch, dass jüngst die Zusammenarbeit mit den Warner-Studios beendet wurde und die Lizenzen, die Kölmel 1999 von den Amerikanern kaufte, nun wieder zurückgehen, hat sich der Unternehmenswert drastisch verringert. Durch die Ausbuchung des Paketes reduziert sich die Bilanzsumme im Vergleich zum Stichtag 31. Dezember 2000 um 579,8 Mio. Euro auf 704,9 Mio. Euro. Der Bilanzwert des Filmstocks sank um 240,4 Mio. Euro auf 374,8 Mio. Euro. Kölmel hat im Vorfeld immer wieder betont, dass die Banken im Falle einer Insolvenz weniger herausbekommen. Man sei davon überzeugt, dass die Banken in einem Insolvenzverfahren ein deutlich schlechteres Ergebnis erzielen werden, heißt es. Es sei vielmehr so, dass ein großer Teil der ABN-Kredite nicht besichert sei. Also doch ein Eigentor der Niederländer? Nicht unbedingt. Vielleicht spekulieren sie sogar darauf, dass Michael Kölmel jemanden auftreibt, der für den ABN-Kredit bürgt. Der Insolvenzantrag war dann unter Umständen nur eine eindringliche Warnung.
Nun ist es an Kölmel, die neue Strategie der Kinowelt bei möglichen Investoren zu verkaufen. Zur Vorlage der Neun-Monats-Zahlen betonte er, dass die „neue Kinowelt“ künftig auf drei Säulen aufgebaut werden soll. Nach der Rückgabe des Warner-Filmpaketes will sich das Unternehmen nun verstärkt auf die Vermarktung der verbliebenen „umfangreichen Kinowelt-Filmbiblothek“ konzentrieren. Eine weitere wichtige Säule der noch zu schaffenden „neuen Kinowelt“ wird weiterhin das Home-Entertainment-Geschäft. Die DVD-Sparte, die in den ersten neun Monaten gewohnt rentabel arbeitete, steht scheinbar nicht zur Diskussion, auch wenn ein Verkauf die finanzielle Situation der Kinowelt ein wenig aufhellen würde. Allerdings wäre ein Neuanfang für die Kinowelt ohne die margenträchtige Tochter wohl schon vorher zum Scheitern verurteilt. Die dritte Säule soll der Bereich Filmverleih stellen. Ob dieses Modell ausreicht, um den Insolvenzverwalter von einer Fortführung zu überzeugen steht allerdings in den Sternen. |