von Jochen Steffens Da ich immer noch in dieser Woche wenig Zeit habe, muss es kurz bleiben, ich hoffe, dass ich trotz dieser Kürze dieses eigentlich komplexe Thema noch halbwegs verständlich darstellen werde: Der Markt lag falschIch bin ein wenig irritiert vom Markt. Sie erinnern sich, im Herbst hatte ich zum ersten Mal geschrieben, dass der Markt „falsch“ liegt – zum ersten Mal seit langer Zeit. Generell gehe ich davon aus, dass der Markt die Entwicklung vorweg nimmt – die Erfahrung zeigt, dass nicht nur hier im Investor’s Daily, sondern auch in den großen Researchabteilungen der instutionellen Anleger sehr genau auf die Konjunkturdaten geachtet wird. Die Analyse zeigte Anfang Herbst, dass insbesondere die Rallye im Nasdaq100 Unsinn war. Und tatsächlich, der (absehbare) Einbruch erfolgte kurze Zeit später, der Markt lag falsch. Ein Anziehen der Inflation war ausgemachte SacheJetzt konnten Sie in den letzten Wochen verfolgen, wie ich immer deutlicher auf die Inflation hingewiesen habe und mich wunderte, warum der Markt das nicht einpreist. Die ISM Indizes zeigten schließlich eindeutige Tendenzen. Dann waren die Erzeuger- und Verbraucherpreise (es war ein deutlicher Anstieg zu erkennen) eigentlich nicht verwunderlich, aber der Markt reagierte vergrätzt. Verkaufe die Gerüchte, kaufe die NachrichtDie Seltsamkeit liegt daran, dass es normalerweise genau andersherum abläuft. Der Markt preist eine absehbare negative Entwicklung ein. Tatsächlich kommt es dann zu den erwarteten Nachrichten. Der Markt reagiert in einer ersten „geschockten“ Reaktion mit fallenden Kursen. Innerhalb von 1-2 Stunden später fangen die Kurse dann an zu steigen. Mit anderen Worten, es hätte eigentlich zu steigenden Kursen nach den Inflationszahlen kommen müssen. Rezession eingepreistUnd nun der dritte Punkt: Jetzt ist die mögliche Rezession in den USA eingepreist, jeder spricht davon: Tatsächlich wird aber genau diese Rezession dazu führen, dass der Inflationsdruck nachlässt. Zum einen weil Inflation mit Wirtschaftswachstum direkt zusammen hängt. Nur bei einem starken Arbeitsmarkt und steigenden Löhnen können auch die Preise steigen. In unserem Fall geht es aber um etwas anderes: Da eine Wirtschaftsabschwächung in den USA sich auf die Weltwirtschaft auswirken wird, werden die Rohstoffpreise und damit der Ölpreis sinken (oder stagnieren). Die importierte Inflation geht zurück. Rezession absehbar... und ?Gestern wies der New York Empire State Index einen Wert von 10,31 Punkten aus. Im Vormonat hatte er noch bei 27,37 gelegen. Ich mag diesen Index nicht, weil er mir zu volatil und damit wenig aussagekräftig ist. Aber trotzdem, der Markt interpretierte diese Zahl als Hinweis auf eine Abschwächung der US-Wirtschaft. Eigentlich hätte der Markt dann im weiteren Verlauf steigen müssen, weil sich das auf den Ölpreis auswirkte und letztendlich auch auf die Inflation dämpfend auswirken wird. Fakt ist, der Markt fiel gestern wie ein Stein. Für dieses seltsame „dumme“ und eigentlich ungewöhnliche Verhalten des Marktes gibt es nur eine einzige Erklärung: Es ist viel dummes Geld im Markt, das zurzeit die Kurse bewegt. Ich glaube dabei weniger, dass es Geld von Kleinanlegern ist. In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass große Staatsfonds aus China aber auch viel Geld aus den arabischen Ländern (Petrodollar) auf die Märkte drängen. Ich bin jetzt so dreist zu behaupten, dass dieses Geld wenig Ahnung vom, oder kein Interesse am allgemeinen Marktgeschehen hat und das genau das der Grund ist, warum zurzeit der Markt „dumm“ reagiert. Das ist aber nur eine Theorie, vielleicht sogar eine haltlose... Letzten Endes ist es aber egal, wir müssen uns an die Fakten halten. Fakt ist, dass dummes Geld immer abgefrühstückt wird, weil es eben die Grundsätze der Börse nicht begreift. Fakt ist, dass wir in nächster Zeit weiter damit rechnen müssen, dass der Markt kurzzeitig einfach nicht begreift, was gespielt wird und somit kurzfristig gerne mal in die falsche Richtung übertreibt. Langfristig werden sich aber immer die oben genannten Fakten durchsetzen, wie Sie ja schon im Herbst gesehen haben. Man muss diese Eigenart nur zurzeit in seine Überlegungen einfließen lassen. Letzen Endes ist es dabei sogar egal, ob es wirklich dieses dumme Geld gibt. Das ist nur eine philosophisch theoretische Betrachtung, ein Erklärungsversuch. Abseits von diesen Gedankenspielereien geht es nur darum, sich immer wieder an einen sich ständig verändernden Markt anzupassen. Dax stark: Verfallstag und LiquiditätsschwemmeDer Dax ist so stark, weil die Zielzone zum Verfallstag zwischen 7800 und 8000 Punkten liegt, das Beste für die Stillhalter wäre ein Kurs bei genau 8000 Punkten. Der zweite Grund ist, dass die EZB den Geldmarkt kurz vor dem Jahreswechsel mit Liquidität regelrecht überschwemmt. Den europäischen Banken wurden über das Refinanzierungsgeschäft die unglaubliche Summe von 350 Milliarden Euro zugeteilt (!), um eine Kreditmarktklemme zu verhindern. Man kann nicht sagen, dass die EZB nicht alles in ihrer Macht stehende tut... Diese Liquidität wird dem Markt aber wahrscheinlich sehr schnell auch wieder entzogen werden.
 |