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Der Dow Jones hatte die 200-Tage-Linie am Montag getestet und recht eindrucksvoll verteidigt. Eine Steilvorlage für bullische Trader … die sie indes nicht umsetzen konnten: Am Dienstag wurde dieser wichtige gleitende Durchschnitt umso deutlicher unterboten.
Es wird langsam ernst. Am vergangenen Donnerstag durchschlug das US-Index-Flaggschiff die Kreuzunterstützung aus den Aufwärtstrendlinien vom Oktober 2022 und März 2023. Am gestrigen Dienstag dann fiel die 200-Tage-Linie. Was umso herber auf das bullische Lager wirken dürfte, als man diese Linie noch am Montag verteidigt und dabei ein zeitweise recht deutliches Minus aufgeholt hatte.
Da die Linie bei mittel- und langfristigen Anlegern den Status einer Scheide-Marke zwischen „bullisch“ und „bärisch hat und letztmalig im Bankenkrise-März nennenswert unterboten wurde, wäre das genau der Moment gewesen, in dem das bullische Lager einen eindrucksvollen Gegenangriff hätten starten müssen, um die Short-Seller zurückzudrängen. Aber das passierte nicht, sondern das Gegenteil:
Der Dienstag startete aufgrund schwacher Vorgaben aus Europa und den mit den Eurozone-Indizes mit abgerutschten US-Index-Futures mit einem „Gap Down“. Oft ist das die Basis für die Kurse nach oben ziehende Eindeckungen von Short-Positionen … diesmal aber nicht. Der Dow rutschte nahezu widerstandslos immer weiter ab, das Unterschreiten der am Vortag noch aktiv und erfolgreich verteidigten 200-Tage-Linie bei 33.821 Zählern erfolgte ohne Gegenwehr bereits nach gut einer halben Handelsstunde. Was lässt sich daraus ableiten?
Expertenmeinung: Es entsteht der Eindruck, als würde sich das bullische Lager langsam auflösen und mancher, der am Montag noch kaufte, jetzt zusehen, dass er seine Bestände reduziert, statt dagegenzuhalten. Beim Nasdaq 100 und beim S&P 500 war es dasselbe Bild. Aber wieso jetzt? Kann es wirklich sein, dass das immer noch die Nachwehen der bereits eine Woche zurück liegenden US-Notenbanksitzung sind?
Normalerweise reagiert der Markt auf solche „Events“ nur kurz. Aber in diesem Fall könnte es tatsächlich anders sein. Denn erst die neuen Projektionen für Wachstum, Inflation und vor allem für die Leitzinsen dürften vielen Akteuren die Augen geöffnet haben, in was für ein Umfeld man 2024 steuert.
Es war eine weit verbreitete Erwartung, dass das Erreichen einer gewissen Nähe zur Inflations-Zielzone von zwei Prozent dazu führen würde, dass die US-Notenbank die Zinszügel schon einmal lockert, weil der Rest des Weges von alleine begangen würde bzw. eine ein bisschen zu hohe Teuerung nicht weiter schlimm ist. Man unterstellte, dass dadurch gar nicht erst Druck auf die Gewinne der großen, marktdominanten Unternehmen entstehen würde, sprich man den Flieger hochziehen werde, bevor der auf der Landebahn aufschlägt.
Indem sie zwar mehr Wachstum als noch im Juni prognostizierte, ohne zugleich die Inflationserwartungen anzuheben, aber trotzdem in der Inflationsprognose einen halben Prozent an Zinssenkungen im kommenden Jahr auspreiste, hat die „Fed“ den Tradern diesen Zahn jetzt gezogen. Hinzu kam, dass man nicht explizit erklärte, dass der Leitzins jetzt nicht noch einmal angehoben würde.
Ein Umfeld von längere Zeit hohen Leitzinsen, also ein „Zins-Hochplateau“, das ist für eine Volkswirtschaft, in der zu viele Verbraucher und Unternehmen zu viele Schulden haben … der Staat mal sowieso … fatal. Dazu kommen die kritischen Gehaltsforderungen in der US-Automobilindustrie und das Gezänk um den Staatshaushalt. Das drückt auf den Konsum, auf die Unternehmensgewinne und auf die Marktstimmung.
Zwar weiß man eigentlich, dass Prognosen oft nicht eintreffen, dass am Ende alles ganz anders kommen könnte. Aber für den Moment geht am US-Aktienmarkt die Angst um, die US-Notenbank könnte die Sache so hart angehen, dass das die Wirtschaft so massiv ausbremst, dass es nicht die Leitzins-, sondern die Wachstumsprognose für 2024 sein könnte, die man dann nach unten korrigieren muss.
Wenn man auf ein ganz anderes Szenario zusteuert, als es viele auf dem Zettel haben, sickert das oft nur zäh in das Bewusstsein der Akteure. Daher ist es in der Tat gut denkbar, dass die US-Notenbanksitzung nicht nur noch gestern nachwirkte, sondern das auch noch eine Zeitlang weiter tun wird. Zumal:
Jetzt liegt das Kind eben auch charttechnisch im Brunnen, denn mit dem Bruch der 200-Tage-Linie wäre der Weg aus rein charttechnischer Sicht erst einmal nach unten frei, die nächste Supportzone von Belang würde erst im Bereich 32.500/32.600 Punkte warten. Das Bullen-Lager hat damit eine wichtige Chance liegen lassen, die Wogen zu glätten.
Natürlich ist es jederzeit denkbar, dass man sich doch noch aufrafft und den Index wieder deutlich über diese 200-Tage-Linie zieht. Aber je mehr wichtige Supportlinien jetzt als Widerstand fungieren, desto schwieriger wird es, das hinzubekommen. Das US-Index-Flaggschiff hat Schlagseite bekommen … das Abwärtsrisiko wird größer. |