Fantastisches Interview mit einer empathischen Altenpflegerin vom Typ den ich aufrichtig liebe. Sie beschreibt die Realität, in der es die 'Standards' der evidenzbasierten Medizin - mit denen die Pflege systematisch traktiert wird - nicht gibt weil auch das Leben und Sterben sehr alter Menschen nicht nach Standard abläuft. Beschrieben wird die Realität von heute ganz genauso wie sie auf Station passiert. Die mögliche Realität von morgen, in der es nicht mehr darum geht Altern auszuhalten sondern mit epigenetischen Methoden umzukehren, ist darin noch nicht enthalten. Lesenswert !
Snippet:
'Einmal, als wir über das Sterben sprachen, meinten Sie, man brauche eine bestimmte Menge von Kraft, eine Art Entscheidung dafür.
Es gibt diesen Spruch, dass Loslassen oft mehr Kraft braucht als Festhalten. Ich glaube, das kann man genau darauf beziehen.
Und bei den Dementen?
Ich weiß es nicht. Eigentlich fallen sie in sich zusammen. Sie werden immer weniger und weniger. Bis sie plötzlich ganz weg sind. Oft haben sie kurz davor noch einmal so einen hellen Tag. Der Lehrer hatte lange nichts gegessen, und plötzlich saß er im Bett und sagte mit klarer Stimme: „Ich habe Hunger.“ Ich glaube, sie haben ihm Apfelmus von seiner Lieblingssorte gegeben, und danach ist er gestorben. Diese Entscheidung zum Sterben habe ich eher bei anderen erlebt. Etwa in einem anderen Heim bei einer Frau, die nach einem Schenkelhalsbruch in die Kurzzeitpflege kam und sich eigentlich gut erholt hatte und nach Hause zurückwollte. Dann bekam sie von ihren Kindern eröffnet, dass sie im Heim bleiben könnte und das Haus verkauft sei. Drei Tage später war sie tot.'
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