Dax-Vorschau: Zahlen hier, Zahlen dort
Frankfurt (Reuters)
Die Investoren am deutschen Aktienmarkt werden in der kommenden Woche wieder eine Flut von Quartalszahlen zu verarbeiten haben. Die Richtung an der Börse dürfte Aktienstrategen zufolge aber von neuen Hinweisen zum Zustand der US-Wirtschaft bestimmt werden.
"Die US-Konjunktur ist einfach das dominierende Thema, und die anstehenden Daten werden kaum erfreulich ausfallen", sagt Steffen Neumann von der LBBW, der sinkende Kurse für den Dax prognostiziert. Der stetig steigende Ölpreis werde zunehmend zum Belastungsfaktor, und die Unternehmensbilanzen seien bislang eher enttäuschend ausgefallen.
Seit Ende vergangener Woche hat der Dax rund ein Prozent an Wert verloren und notierte zuletzt knapp unter 7000 Zähler. Börsianern zufolge hat sich die Stimmung an den Märkten in den vergangenen Wochen dennoch deutlich aufgehellt. Krisenszenarien wie zu Jahresbeginn würden kaum noch gespielt.
"Vom Sentiment her setzt der Markt darauf, dass das Schlimmste überstanden ist", sagt Susanne Lahmann von der Bremer Landesbank. "Die Börsen nehmen vorweg, dass zwar noch aufgeräumt werden muss, die Zeichen aber auf Erholung stehen." Im März hatte der Dax zeitweise unter 6200 Punkten notiert.
Hauptsache, keine bösen Überraschungen
Von den Dax-Unternehmen informieren die Energiekonzerne E.on und RWE, außerdem ThyssenKrupp, die Deutsche Post und die zuletzt mit ihrer turbulenten Hauptversammlung in die Schlagzeilen gekommene TUI über ihre Geschäftsentwicklung. Außerdem legen zahlreiche Unternehmen aus der zweiten und dritten Börsenreihe ihre Bilanzen vor.
"Eine glänzende Berichtssaison wird das nicht mehr. Aber bislang dominiert eine gewisse Erleichterung, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist", sagt Neumann. "Die Quartalsberichte der nächsten Woche werden sicher Einzelwerte bewegen aber nicht auf den Gesamtmarkt durchschlagen."
Bei RWE und E.on hoffen Investoren auf konkretere Aussagen zu ihren geplanten Beteiligungen am Bau neuer Atomkraftwerke in Großbritannien. RWE-Chef Jürgen Großmann muss sich zudem auf Fragen nach dem weiteren Börsengang der US-Wassertochter gefasst machen, während von E.on-Chef Wulf Bernotat Details zum geplanten Verkauf der Höchstspannungsnetze und von Kraftwerken erhofft werden.
Das Interesse der Anleger dürfte sich auch auf die Hauptversammlung der Telekom richten. Sie wollen Antworten, wie Vorstandschef Rene Obermann dem vor sich hindümpelnden Aktienkurs auf die Beine helfen will. In diesem Zusammenhang steht die Frage im Raum, ob bald eine größere Übernahme ansteht. Kreisen zufolge schaut sich die Telekom schon seit Monaten die US-Telefongesellschaft Sprint Nextel an. Zur Hauptversammlung laden unter anderem auch die Commerzbank und Metro ein.
Ist die Lage in den USA schlechter als die Stimmung?
In den USA stehen eine Reihe wichtiger Inflations- und Konjunkturdaten an. "Mit den Einzelhandelsumsätzen und der Industrieproduktion vom April werden die ersten harten Nachfrage- und Produktionsdaten zum zweiten Quartal veröffentlicht", merkt Commerzbank-Analyst Patrick Franke an. "Sie sollten zeigen, dass die unterliegende Lage derzeit schlechter ist als die Stimmung."
Zur Stimmung unter den für die US-Wirtschaft so wichtigen Konsumenten werden die Einzelhandelsumsätze und das von der Universität Michigan erfasste Verbrauchervertrauen neue Hinweise geben.
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