Die Welt: "Nach dem Sparprogramm von Regierungschef Mario Monti sind die Zinsen für italienische Staatsanleihen stark gesunken."
Typischer Fall dafür, dass Korrelationen als Kausalitäten verkauft werden. Die Zinsen auf PIIGS-Anleihen sind gesunken, weil Draghi den Banken 500 Mrd. zu Niedrigzinsen geliehen hat, wobei die Banken auch beherzt zugriffen. Das (nur unter der Hand ausgeprochene) "Gentlemen's Agreement" dabei war, dass die Banken dieses Geld dazu nutzen, jeweils bei Staatsanleihenauktionen im eigenen Land fleißig mitzubieten. DAS ist der wahre Grund, warum in Italien und Co. die Emissionen besser - d.h. zu niedrigeren Zinscoupons - liefen. Dass Monti obendrein spart, ist segensreich, könnte von übelwollenden Amis aber auch als "fiskalische Konjunkturbremse" schlechtgeredet werden.
Mit diesen Geldflutungen macht Draghi in Europa "den Bernanke". Im Gegensatz zur Fed agiert er aber eher "hinten rum", weil die EZB die Staatsanleihen ja nicht selbst auf ihre Bücher nimmt. In USA hat die Fed bei QE den Schattenbietern bei Geithners Auktionen (= US-Großbanken) die aufgekauften Anleihen teils schon nach einer Woche wieder abgenommen und im Soma-Account endgelagert, wo sich jetzt für 2,6 Billionen Dollar Anleihen und MBS türmen (die EZB hat bislang "nur" für etwas über 200 Mrd. PIIGS-Schrott aufgekauft). Das war seitens der Fed eine rein kosmetische Sache. Sie hätte ebensogut selber bei den Auktionen mitbieten können. Aber dann wäre das Verwässerungsanliegen ("Dollars drucken") allzu sichtbar geworden, was ausländische Bieter verschreckt hätte.
Die EZB darf im Grunde überhaupt keine PIIGS-Anleihen kaufen. Sie tut es, ohne jegliche parlamentarische Legitimierung, trotzdem - in der "Stunde der Not", die inzwischen zum Dauerzustand geworden ist. Draghis o. g. Trick mit den Bankkrediten ist eine verkappte Kopie der Fed-Strategie. Der Endeffekt auf den Zinsmarkt ist der gleiche, egal ob die EZB selbst oder die von Draghi gefluteten Banken als Staatanleihen-Käufer auftreten.
Die Banken können sich dabei sogar noch mittels Zins-Arbitrage von ihren Verzockerschäden sanieren. Auf Italo-Bonds bekommmen sie zurzeit z. B. 6 % Zinsen, an die EZB müssen sie für den Kredit aber nur 1 % abdrücken. Macht 5 % risikolosen Gewinn pro Jahr. Das Geld stammt letztlich von den europäischen Steuerzahlern. Sie müssen einspringen, wenn irgendetwas in die Hose geht, d.h. wenn die EZB wegen Banken- und/oder Staatspleiten rekapitalisiert werden muss.
Draghi weiß sicherlich, was er tut. Er verwässert den Euro im Bernanke-Stil. Damit das nicht so auffällt, gebiert es sich zugleich als scharfer Hüter der Stabilität. Indianer würden sagen, dass Draghi mit gespaltener Zunge redet. Seine Hardliner-Tour als Wächter der Eurostabilität passt nicht zu seinen Flutungshandlungen. Das hab ich bereits gestern im BT kritisiert:
www.ariva.de/forum/Der-USA-Baeren-Thread-283343?page=3687#jumppos92191
Anmerkung für MH und Co. Ist diese Info/Analyse für Daytrader "von Wert"? Nur dann, man daran interessiert ist, die "guten Nachrichten", die den Markt zurzeit hochtreiben, auf Substanz zu überprüfen. Für Leute, die nach 5 Min. und 10 Punkten Dax-Gewinn glattstellen, sind solche tiefschürfenden Erläuterungen Makulatur. Für Swing-Trader sind die Infos schon relevanter, weil sie zeigen, dass die Rallye zurzeit von reinem Hype und - wie in den letzten 2 Jahren so oft - von billigem Geld getrieben wird. |