Sell-Off oder der Anfang vom Ende? von Jochen Steffens Oh, la, la! Schocks am Montag. Lehman beantragt Gläubigerschutz. Merrill Lynch verkriecht sich für schlappe 50 Mrd. Dollar (in Aktien) unter den Schutzmantel der Bank of America. Und dann hat auch noch der US-Versicherer American International Group (AIG) Probleme und arbeitet an einem Rettungsplan. Es sollen neue Investoren gesucht werden, aber auch der Verkauf werthaltiger Vermögenswerte ist möglich. Und plötzlich ist die Bankenkrise wieder da - schlimmer als zuvor. Und wieder hat es Traditionsunternehmen erwischt. Immerhin existiert Lehman Brothers seit 1844 (allerdings damals zunächst als Gemischtwarenladen (!)). Merrill Lynch wurde 70 Jahre später 1914 gegründet und zwar in der New Yorker Wall Street. Bear Stearns, die bereits Anfang des Jahres von J.P. Morgan Chase im Zusammenhang mit der Kreditmarktkrise übernommen wurde, erblickte 1923 das Licht der Welt. Etwas zynisch könnte man nun sagen: Jetzt, wo drei der fünf größten reinen Wertpapier-Banken in den USA (Bear Stearns, Lehman Brothers, Merrill Lynch) vom Markt sind, sollte dieser doch endlich bereinigt sein. Aber auch die AIG, nach der Allianz der zweitgrößte Erstversicherungs-Konzern der Welt, könnte noch für einige Stoßwellen gut sein. Ganz zu schweigen davon, dass auch noch General Motors und andere große Unternehmen in den USA Schwierigkeiten haben. Starker Einbruch im Dax Im Dax gab es dann auch einen dramatischen Einbruch. Als ich mir heute das ganze Drama anschaute, kam mir der Gedanke, dass die USA im Prinzip wirklich bankrott sind. Fannie und Freddie verstaatlicht, drei große Banken einfach weg, viele kleinere bis mittlere Hypotheken-Banken verschwunden, die US- Auto- und Schwerindustrie hat Probleme und viele, viele US-Bürger pleite. Bei diesen herbstlich düsteren Gedanken wurde mir so richtig angst und bange, ehrlich. Kaufe die Angst Das Erste was ich getan habe, wie immer wenn ich panisch werde: kaufen! Einen kleinen Zockerschein nur, den wir natürlich auch direkt den Kunden des Stockstreet Premium-Traders empfohlen haben – ein Schein, der ca. 350 % zulegt, wenn der Dax bis Ende des Jahres doch wieder auf 7200 Punkte läuft, der 1000 % zulegt, wenn der Dax bis März 2009 auf 7800 Punkte steigen sollte. Aber natürlich auch einen Totalverlust hinlegen kann, wenn der Dax keine nachhaltigen Aufwärtsbewegung schafft. Alles oder Nichts, mit kleinem Geld, so dass es nicht weh tut, wenn er verglüht. Um richtig Long zu gehen, fehlt mir (immer noch) ein klares Signal der Stärke. Weitere Gründe, die für eine mögliche Gegenbewegung sprechen Doch der mögliche Sell-Off war nicht der einzige Grund, warum ich dachte, man kann jetzt mal etwas wagen. Die Stimmung unter meinen Kollegen kippt. Viele sind überaus skeptisch, ob das noch was wird in diesem Jahr – sehr gute Voraussetzung! Wichtiger ist allerdings, dass morgen die Fed ihre nächste Zinsentscheidung bekannt geben wird. Vielleicht kommt es sogar zu einer weiteren Zinssenkung. Ich glaube allerdings, dass die Fed die Zinsen unverändert belassen wird. Wenn die Zinsen unverändert bleiben, könnte das vom Markt als Zeichen interpretiert werden, dass die Fed keine Notwendigkeit mehr sieht, die Zinsen zu senken. Schließlich ist Merrill Lynch aufgekauft, Lehman Brothers „genießt“ den Gläubigerschutz... Analysten und Anleger könnten mit dem entsprechenden Kommentar der Fed in einem unveränderten Leitzins ein Signal sehen, dass wir aktuell das Tief erreicht haben. Verfallstage sind oft Umkehrtage Ein letzter Punkt ist, dass am Freitag großer Verfallstag ist. Wie ich sagte, ich denke, es wird versucht werden, die Kurse im Dax nicht nachhaltig unter die 6000er Marke fallen zu lassen. Diese Entwicklung konnte man schon heute im Dax beobachten. Auch viele Aktien stehen an sehr entscheidenden Marken. Damit die Stillhalter nicht in Bedrängnis kommen, werden sie versuchen den Markt zu stützen. Wenn dies allerdings nicht gelingt, wird hier durch den Verfallstag erheblicher zusätzlicher Druck ausgeübt werden. Ein letzter Punkt wird mit folgendem Chart deutlich: Die roten Längslinien kennzeichnen die großen Verfallstage der letzten Jahre. Sehr schön sieht man, dass die größeren Konsolidierungen immer wieder gerne im direkten Umfeld der Verfallstage ihr Tief ausgebildet haben. Aber nicht nur das, auch entscheidende Hochs werden gerne im näheren Umfeld eines großen Verfallstages ausgebildet. Das bedeutet, wir haben in dieser und der nächsten Woche die große Chance, einen Boden auszubilden. Ob nun auf 6.300, wie am Freitag prognostiziert oder deutlich unter der 6.000-Punkte-Marke, das ist jetzt noch nicht sicher. Es wird spannend. Eigentlich sind mir die Amis, wie ich gerade sehe, fast schon wieder zu stark. Im US-Markt kann man die heutige Bewegung leider noch nicht als Sell-Off bezeichnen (aktuelle Zeit war 19h, als der Newsletter verschickt wurde. Sell Off trat dan spähter ein). Sehr schade! Eine solche „Marktbereinigung“ wäre doch ein gutes Zeichen gewesen. |