Ist die Rohstoffhausse zu Ende? Leser des Artikels: 748
Minus 55 Prozent, minus 45 Prozent, minus 30 Prozent – hinter dieser katastrophalen Bilanz stecken nicht etwa Kursentwicklungen von Banken- oder Automobilaktien, sondern von Rohstoffen. So verlor das Industriemetall Blei seit seinem Allzeithoch bei etwa 4.000 US-Dollar rund 55 Prozent – aktuell notiert die Tonne Blei bei nur noch 1.800 US-Dollar. Das Edelmetall Platin büßte 45 Prozent ein. Etwas besser, aber auch nicht frei von Blessuren, sieht es bei den Agrarrohstoffen, den Soft Commodities aus. Der Preis für einen Scheffel Mais sackte am Chicago Board of Trade (CBOT) von 770 US-Cent im Juni auf nun 530 US-Cent ab, ein Minus von 30 Prozent. Alles noch eine normale Korrektur? Abschläge in einem ansonsten intakten Aufwärtstrend? Oder ist die Rohstoffhause schon zu Ende?
Spekulationen und Rohstoffhausse
Als Anleger sollte man sich einer Problematik bewusst sein, die uns in den kommenden Monaten sicherlich verstärkt begleiten wird: Die Umschichtung von spekulativem Kapital aus den Rohstoffmärkten zurück in zum Beispiel den Aktienmarkt. Denn es scheint so zu sein, dass die Explosion der Rohstoffpreise in den zurückliegenden drei bis vier Jahren nicht allein das Ergebnis eines Engpasses auf der Versorgungsseite war. Vielmehr wurde der Rohstoffmarkt als Assetklasse neu entdeckt und mit entsprechenden Geldmitteln „versorgt“. Allerdings, und das soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, sind die Zusammenhänge zwischen steigenden Rohstoffpreisen und spekulativem Kapital nicht eindeutig und auch in Fachkreisen stark umstritten. Die Frage, in wieweit Spekulationen am Terminmarkt eine Rückkopplung auf die Rohstoffpreise am Spotmarkt haben, ist unbeantwortet. In der Politik wurde diese Frage mit einem klaren „Ja“ beantwortet, weshalb derzeit angeregt wird, die Terminmarktaktivitäten durch Handelsrestriktionen einzuschränken. Doch wie wir alle wissen, die Politiker sind stets auf der Suche nach populären Antworten, die nicht unbedingt immer richtig sind. Ein gewisser Gleichlauf zwischen steigenden Rohstoffpreisen und spekulativem Kapital ist dennoch festzustellen. So setzten die Preise für Öl und Gold im letzten Jahr just in dem Moment zu ihrem „letzten“ Höhenflug an, als an der Börse das Thema „Immobilienkrise“ hochkochte. Diese Entwicklung wird umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, dass die Preisexplosion vor dem Hintergrund einer drohenden Rezession in den USA erfolgte. Obwohl die Raten für das ökonomische Wachstum angesichts der Immobilienkrise und ihrer Auswirkungen auf das gesamte Wirtschaftsgeschehen reduziert wurden, erklommen Öl und Gold, und noch einige andere Rohstoffe, neue Rekordmarken. Eigentlich ein Widerspruch, denn weniger Wirtschaftswachstum bedeutet auch immer einen Nachfragerückgang bei Rohstoffen. Beim Gold ist der Preisschub noch verständlich, da über so genannte Exchange Traded Funds ein direkter Einfluss auf den physischen Goldmarkt ausgeübt wird, bei Öl und den Industriemetallen fällt eine Erklärung schon schwerer.
Preistreibende Konzerne?
Die grundsätzliche Unabhängigkeit zwischen Termin- und Spotmarkt kann jedoch durch ein „Hintertürchen“ umgangen werden. Ein Hintertürchen, das angeblich auch einige „große Adressen“ ausnutzen, um vom Rohstoffboom zu profitieren. Je teurer ein Rohstoff nämlich ist, desto attraktiver wird es für einen Rohstoffproduzenten, ihn über Terminkontrakte im Voraus zu verkaufen. Eine solche Vorgehensweise hat zwei Vorteile: Erstens nutzt man damit das hohe Preisniveau aus und sichert sich gegen einen möglichen Preisrückgang ab; zweitens kann der Rohstoff im Boden oder im Lager bleiben. Man muss ihn ja nicht sofort liefern, sondern je nach Terminkontrakt erst in einigen Monaten. Dies führt aber zu einer künstlichen Verknappung am Rohstoffmarkt. Denn man könnte ja liefern, will aber nicht, weil man das hohe Preisniveau ausnutzen möchte. Und in der Folge steigen die Rohstoffpreise weiter, was zu weiteren Käufen am Terminmarkt und zu weiteren Produktionsrückgängen führt. Diese Spirale kann lange Zeit vorangetrieben werden und nicht wenige Marktbeobachter vermuten, dass eine solche beim Ölpreis gegenwärtig vorhanden ist. Profitieren würden davon natürlich die großen Ölproduzentenländer und Ölkonzerne. Einschränkend sollte jedoch erwähnt werden, dass eine solche Spirale nicht bei allen Rohstoffen anzutreffen ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass in diesem Zusammenhang vor allem Erdöl beliebt ist. Hingegen sind verderbliche Rohstoffe wie Fleisch und Getreide eher selten betroffen, da ihre Lagerung problematisch ist. In diesem Zusammenhang ist auch die Entwicklung der Inflation wichtig. Gerade das hochschnellen der Inflationsraten hat anscheinend dazu beigetragen, große Geldströme in Richtung Rohstoffmarkt zu lenken. Als „natürlicher“ Inflationsschutz genießen Rohstoffe nämlich eine besondere Stellung. Da ja gerade von ihrer Seite aus die Inflation angeheizt wurde, liegt es nahe, dass man sein Geld zum Schutz vor dem Verfall in Rohstoffe investiert. Dieses Investieren führt dann wiederum zu einem zusätzlichen Schub bei den Rohstoffpreisen, was wiederum die Inflation anheizt usw. usf.
Phase der Normalisierung
All diese Überlegungen sind wichtig, um zu sehen, dass die Rohstoffhausse nicht beendet ist, uns aber durchaus eine längere Phase der Normalisierung bevorstehen könnte. Ähnlich wie am Aktienmarkt ist auch am Rohstoffmarkt eine „Bullenära“ nicht beendet, wenn die Kurse mal um 50 Prozent einbrechen und dann für einige Jahre seitwärts laufen. Allerdings ist das auch immer eine Frage der Definition von „Bullenmarkt“ und „Bärenmarkt“. Doch wo lohnt nun der Einstieg? Auf der einen Seite sollte man sich nun jene Rohstoffe anschauen, die schon eine deutliche Korrektur hinter sich haben. Blei wäre hier sicherlich ein interessanter Kandidat. Eine Stabilisierung des Bleipreises wird ohnehin von fundamentaler Seite aus durch harte Fakten begünstigt. Stromausfälle in China haben nämlich zu deutlichen Produktionsausfällen in vielen Bleischmelzanlagen geführt. Betroffen ist vor allem die Region Henan, in der die Hälfte aller chinesischen Bleihütten steht. Einige Hütten mussten ihre Produktion sogar um mehr als die Hälfte zurückfahren. Sollte der Stromausfall länger andauern, befürchtet man einen Produktionsausfall von bis zu 10.000 Tonnen Blei. Aber, und das muss an dieser Stelle unbedingt erwähnt werden, lohnt es sich nun nicht, wie auf „Teufel komm raus“ in Blei oder in Bleiminenaktien zu investieren. Wie gesagt, der Bullenmarkt für Rohstoffe ist nicht beendet, aber er steht vor einer Normalisierungsphase. Das heißt auch, dass nach einer starken Preiskorrektur erst einmal eine Ruhepause einsetzt, in der sich die Anleger neu orientieren müssen. Eine Ruhephase, die nicht Minuten oder Stunden dauern wird, sondern Monate. Es wird also noch genügend Zeit sein, sich im Bleimarkt zu positionieren. Doch wieder zurück zur Ausgangsfrage: Wo lohnt sich denn nun der Einstieg? Ich denke, dass wir am Rohstoffmarkt auf Nummer sicher gehen und Spezialsituationen „spielen“ sollten. Zwei Spezialsituationen hatte ich in den vergangenen Monaten immer wieder im Rohstoff-Spiegel behandelt. Es sind die Rohstoffe Uran und Molybdän. Beide Rohstoffe werden ohnehin weitestgehend marktunabhängig gehandelt. Ihre Preise kommen zustande, indem sich Produzenten und Verbraucher „an einen Tisch“ setzen und die Lieferbedingungen „ausdiskutieren“. Die dabei ausgehandelten Preise weichen oft von den aktuellen Marktpreisen ab. Die Verbraucher sind in der Regel nämlich bereit, einen größeren Aufschlag zu zahlen, wenn sie im Gegenzug eine konstante und qualitativ hochwertige Rohstofflieferung zugesichert bekommen. So werden nach Aussage von Duane Parnham, CEO der Uranminengesellschaft Forsys Metals, derzeit immer noch langfristige Abnahmekontrakte zu Preisen von 90 Dollar und höher abgeschlossen, obwohl der Uranpreis nur bei 64,50 Dollar notiert (vgl. Interview mit Duane Parnham in Rohstoffraketen.de, Ausgabe 23./24. Mai 2008, Seite 30f.).
Spezialsituation „Uran“
Uran dürfte der Rohstoff sein, der in den kommenden Jahren das größte Angebotsdefizit aufweisen wird. Dazu nur ein kurzes Zitat aus einem Studienpapier der EnergyWatchGroup (vgl. „Hintergrundinfo Uranpreise“, April/Mai 2007): „Hierbei sollte man bedenken, dass etwa ein Drittel des benötigten Urans aus Lagerbeständen stammt. Diese werden in den kommenden Jahren aufgebraucht sein. Wenn es nicht gelingt, innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahre die weltweite Uranförderung um mindestens 50 Prozent auszuweiten, so wird eine Uranverknappung unvermeidbar…Wenn als langfristig potentieller Ausweg aus der sich abzeichnenden Uranverknappung die Urangewinnung aus Meerwasser diskutiert wird, so würden, abgesehen von deren technologischer Machbarkeit, sehr schnell Kosten von mehreren hundert Dollar pro Pfund Uranoxid zu erwarten sein.“ Auf die Frage, warum dann der Uranpreis seit einigen Monaten so stark unter die Räder gekommnen ist, gibt Duane Parnham eine Erklärung: „Der aktuell schwache Spotpreis ist auf Hedgefonds und Spekulanten zurückzuführen, die vorher schon preisbestimmend im Hype nach oben waren.“ Doch seiner Einschätzung nach dürfte sich die Situation bald wieder ändern: „Mich würde es zumindest nicht wundern, wenn dieses „Spiel“ sich eines Tages in einem Sturm bis auf 200 Dollar am Spotmarkt entladen würde“. Wir wollen an dieser Stelle das Thema “Uran“ nicht weiter vertiefen und verweisen nur auf entsprechende Ausgaben vom Rohstoff-Spiegel (siehe Rohstoff-Spiegel 26/2007, „Uran – heißer Trendmarkt 2008“ und 12/2008, „Kernkraft – das Comeback einer Sünde“). Anleger, die sich in den kommenden Wochen in einer aussichtsreichen Uranminenaktie engagieren möchten, sei unter anderem Bannerman Resource (WKN: A0EAC6 nachrichten) ans Herz gelegt. Bannerman betreibt in Namibia das Goanikontes-Projekt, das 47 Kilometer nordöstlich von Walvis Bay liegt. Für dieses Projekt, das vorläufigen Schätzungen nach 72 Millionen Pound U3O8-Ressourcen beinhalten dürfte, wird derzeit eine Feasibility-Study angefertigt. Mit der Produktionsaufnahme ist dann im Jahr 2011 zu rechnen. Im weiteren Umfeld des Goanikontes-Projekt liegen auch die beiden weltweit bedeutenden Uranminen Langer Heinrich von Paladin Energy und die Rössing von Rio Tinto. Die „Allgemeine Zeitung Namibias“ betitelte vor wenigen Wochen einen Artikel über Bannerman mit der Headline: „Daumen hoch für Bannerman Resources“ (siehe www.az.com.na).
Spezialsituation „Molybdän“
Die zweite Spezialsituation „Molybdän“ hängt indirekt sogar mit der ersten Spezialsituation „Uran“ zusammen. Molybdän wird nämlich zur Härtung von Stahl benötigt. Und solchen Molybdänstahl braucht man nicht nur, um Öl- und Gaspipelines in die Landschaft zu stellen, man benötigt ihn auch für den Bau von Atomkraftwerken. Und wenn die Weltpolitik an ihrem Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 zu halbieren, festhält, so müssten laut einer Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) bis zu 1.400 Atomkraftwerke gebaut werden. Bis 2050 wären das im Durchschnitt 34 neue Anlagen in jedem Jahr. Dadurch würde die Nachfrage nach Molybdän weiter zunehmen. Dabei befindet sich der Molybdänmarkt ohnehin schon in einem angespannten Angebot-Nachfrage-Verhältnis. Wie angespannt, zeigt eine Meldung von Moly Mines (WKN: A0EAPA nachrichten). Das Unternehmen, das das Molybdänprojekt Spinifex Ridge in Australien vorantreibt, teilte vor wenigen Wochen mit, dass eine Tochter von ThyssenKrupp die gesamte zukünftige Molybdänproduktion aus Spinifex Ridge abnehmen wird. Es ist noch nicht einmal ein Gramm Molybdän aus Spinifex Ridge gefördert, und schon stürzt man sich darauf.
Die Nachfrage nach Molybdän bewegt sich seit Jahrzehnten auf einem sehr stabilen Wachstumspfad. Seit Mitte der 60er-Jahre ist der Verbrauch an Molybdän weltweit um rund 400 Prozent gewachsen. Der Preis für ein Pound Molybdän hat sich seit Anfang 2000 von knapp drei auf aktuell 33,50 Dollar mehr als verzehnfacht. Aufgrund der Übersichtlichkeit des Marktes ist auch nicht davon auszugehen, dass es beim Molybdänpreis zu einer größeren Korrektur kommen wird, zumal sich die weltweit vorhandenen Lagerbestände auf einem extrem niedrigen Niveau befinden. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Beteiligungsgesellschaft Sprott Molybdenum Participation (WKN: A0MP96 nachrichten). Die Gesellschaft wurde von der kanadischen Bank Sprott initiiert, das sind absolute Spezialisten im Rohstoffbereich. Sprott Molybdenum Participation investiert in aussichtsreiche Molybdänaktien.
(Der Artikel ist im Rohstoff-Spiegel Ausgabe 16 erschienen und wurde vom Autor aktualisiert.)
Olaf Hordenbach, Jahrgang 1970, war lange Zeit als Chefredakteur für ein großes deutsches Börsenmagazin tätig. Heute arbeitet er als freier Redakteur. So schreibt er beispielsweise regelmäßig für den Börsenbrief „Rohstoff-Spiegel“. Sein neues Vorhaben www.trendaktien.com konzentriert sich auf Aktien aus den Boombranchen Rohstoffe, Energie, Umwelt und Gesundheit. Melden Sie sich jetzt auf www.trendaktien.com zum kostenlosen Newsletter an.
Autor: Olaf Hordenbach
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Quelle: http://www.wallstreet-online.de/nachrichten/nachricht/2529776.html ----------- "Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört." (Karl Marx) |