Die Manager der WCM AG sind bei Kritikern als gewissenlose Finanzakrobaten verschrien. Dabei ist das Geschäft mit Beteiligungen äußerst lukrativ. Die Netzeitung sprach mit WCM-Vorstandschef Roland Flach.
Kritiker bezeichnen das Unternehmen abwertend als «Corporate Raider» - Finanz-Geier, die ohne Interesse am operativen Geschäft Firmen kaufen und wieder abstoßen, wenn der Preis stimmt. Die Rede ist von der Frankfurter WCM AG. Die Gesellschaft ist aber auch sehr erfolgreich im Immobiliengeschäft tätig und besitzt 54.000 Wohnungen in Deutschland. Zuletzt machte das im M-Dax gelistete Unternehmen mit dem Einstieg bei der Commerzbank Schlagzeilen. Die Netzeitung sprach mit Unternehmenschef Roland Flach über den Commerzbank-Deal, neue Übernahme-Ziele und zickige deutsche Vorstände.
Netzeitung: Herr Flach, im Februar haben sie den Einstieg in ein bedeutendes Unternehmen angekündigt und kurz darauf die Beteiligung an der Commerzbank bekannt gegeben. Wann schlägt die WCM das nächste Mal zu?
Roland Flach: Wir könnten in diesem Jahr noch für eine Überraschung gut sein. Uns gehen derzeit einige sehr intensive Gedanken durch den Kopf, aber ist es noch zu früh darüber zu sprechen.
Netzeitung: Mitte Februar lag der Anteil der WCM an der Commerzbank bei 5,5 Prozent. Wie hoch ist ihr Anteil derzeit?
Flach: Derzeit halten wir zwischen 5,5 und neun Prozent. Den genauen Anteil wollen wir aus geschäftspolitischen Gründen momentan nicht bekannt geben. Sie können aber davon ausgehen, dass unser Anteil inzwischen gewachsen ist.
Netzeitung: Der Erwerb der Commerzbank-Anteile wurde von ihnen immer als reines Finanzengagement bezeichnet - doch bisher hat das Geschäft nur Verluste gebracht. Bei 19 Euro haben sie gekauft und derzeit notieren die Commerzbank-Aktien unter 18 Euro.
Flach: Die Entwicklung der Märkte derzeit zu erklären fällt wahrscheinlich jedem schwer. Es ist nun mal so, dass sich Aktienmärkte rauf und runter bewegen. Aber innerhalb der kommenden zwei Jahre wird die Commerzbank erhebliche Fantasie in den Kurswerten entwickeln. Den genauen Zeitpunkt kann aber keiner bestimmen.
Netzeitung: Bei welchem Kurs würden Sie wieder verkaufen?
Flach: Das sage ich öffentlich natürlich nicht. Wir sehen jedoch den Kurs mittelfristig auf einem Niveau wie vor einigen Monaten.
Netzeitung: Stehen derzeit noch andere Unternehmen auf ihrer Wunschliste?
Flach: Selbstverständlich, das haben wir immer gesagt. Wir haben immer Interesse an börsennotierten Unternehmen, die unterbewertet sind. Wenn uns die Nummer eins oder die Nummer zwei unserer Wunschliste heute angeboten würde, greifen wir auch sofort zu. Aber bei der derzeitigen Großwetterlage sind solvente Unternehmen überhaupt nicht daran interessiert, ihre Anteile an anderen Unternehmen abzugeben.
Netzeitung: ... dabei hat doch die Aktienflaute viele Unternehmen billig gemacht. Manche sind kaum mehr Wert als die Summer ihrer Teile. Hinzu kommt die Steuerreform (Sie lässt Veräußerungsgewinne steuerfrei An. d. Red.) ...
Flach: Da haben Sie völlig recht, das sind extreme Kaufkurse für alle Aktionäre. Das Problem ist, dass große Aktienpakete – und wir brauchen auf einen Schlag einen großen Anteil – derzeit nicht auf den Markt kommen. Da müssen wir im Dax wieder auf eine andere Größenordnung um die 6000 Punkte kommen.
Netzeitung: Die WCM ist mit 51 Prozent an der IVG Immobilien beteiligt. Wir sehen ihre Pläne mit dieser Beteiligung aus? Mitte April hieß es, sie hätten ein Kaufangebot für 14 Euro je Aktie abgelehnt.
Flach: Wir haben uns mit allen Aspekten dieser Beteiligung auseinandergesetzt. Wir sind derzeit eher dabei, das Unternehmen enger an uns zu binden. Bei der IVG handelt es sich um eine der werthaltigsten Beteiligungen die wir haben, und die werden wir entsprechend pflegen.
Netzeitung: Also kein Verkauf?
Flach: Wir haben auch über einen Verkauf gesprochen. Die endgültige Entscheidung haben wir aber noch nicht getroffen. Derzeit sieht es nicht nach einem Verkauf aus.
Netzeitung: Wie lange kann man eine strategische Entscheidung über einen Einstieg bei einem Unternehmen eigentlich geheim halten?
Flach: Bei großen Transaktionen ist es in der Regel der Fall, dass ein Verkäufer zu Ihnen kommt und sagt: Übermorgen will ich die Entscheidung haben, ob sie das Aktienpaket übernehmen wollen. Bekommen wir ein solches Angebot müssen wir über Nacht entscheiden. Und natürlich muss auch die Liquidität vorhanden sein.
Netzeitung: Ihnen wird oft mangelnde Transparenz vorgeworfen. Management-Entscheidungen könnten von Außenstehenden kaum nachvollzogen werden. Halten sie diesen Vorwurf für gerechtfertigt?
Flach: Völlige Transparenz kann es gar nicht geben. Dann würde kein Geschäftsgeheimnis mehr Bestand haben. Das Wort Transparenz wird oft missverstanden: Jedes Unternehmen kann nur die Informationen an die Aktionäre weitergeben, die es geschäftspolitisch verantworten kann.
Netzeitung: Die Familie Ehlerding hält immer noch rund 46 Prozent der Anteile an der WCM. Welchen Einfluss hat Herr Ehlerding auf die Unternehmenspolitik? Außenstehende werfen ihrem Unternehmen vor, nur ein Investmentvehikel eines Großaktionärs zu sein.
Flach: Die Familie Ehlerding ist der größte Aktionär des Unternehmens. Herr Ehlerding ist ein großer Kenner der Börsenszene in Deutschland, aber er war und will selbst nicht operativ tätig sein. Aber selbstverständlich entscheidet Herr Ehlerding mit – wir stehen bei großen Transaktionen in enger Abstimmung. Unsere Investitionsentscheidung werden in einem engen Kreis getroffen und da spielt Herr Ehlerding natürlich eine Rolle.
Netzeitung: Buy-Outs und Übernahmen werden in Deutschland meist noch sehr kritisch begleitet. Muss sich die Einstellung der Deutschen ändern?
Flach: Ich glaube gar nicht mal so sehr, dass sich der Deutsche ändern muss, sondern in den Vorständen muss sich etwas ändern. Wir müssen alle verstehen, dass wir als Vorstände nur Sachverwalter fremden Vermögens sind. Es werden extrem viele Eigeninteressen verfolgt. Wenn die Eigentümer verkaufen wollen, werden sie verkaufen. Das geht dann den Vorstand nichts an, der hat seine Arbeit zu tun. Ich kann dieses Übernahmehemmnis überhaupt nicht nachvollziehen.
Das Gespräch führte Marcus Gatzke. |
Thread abonnieren
