Gagfah: Luft wird dünner
Montag, 31. August 2009 um 10:35
Ende März hatten wir im Zuge eines Updates die Aktien des Essener Immobilienkonzerns Gagfah unter die Lupe genommen. Genau zum richtigen Zeitpunkt: Die Papiere haben seither etwa 50 Prozent zugelegt. Unser Kursziel von 5 Euro wurde mittlerweile weit überschritten. Grund genug, sich den Titel nochmals genauer anzusehen, wäre allein schon die weiterhin konstante Quartalsdividende von 20 Cent je Aktie. (Zugegeben mutige) Anleger, die unserer Empfehlung schon im November 2008 gefolgt waren, konnten sich seither über mehr als eine Kursverdopplung sowie zusätzliche 25 Prozent an Dividenden freuen(!).
Formell ist Gagfah eine Gesellschaft nach luxemburgischen Recht, eine sogenannte „SA“ (Société Anonyme). Der Konzern besitzt und bewirtschaftet ein diversifiziertes Immobilienportfolio in ganz Deutschland. Zum letzten Stichtag wiesen die Zahlen zu Mietobjekten Gagfah als größte in Deutschland notierte Wohnungsgesellschaft aus. Einer der Schwerpunkte ist Dresden (25 Prozent Anteil), darüber hinaus Berlin (17 Prozent). Das Börsendebüt liegt bald drei Jahre zurück: Nach anfänglichen Kursen von zunächst über 20 Euro hatte der Konzern zwischenzeitlich mehr als 90 Prozent an Wert eingebüßt, als Gerüchte aufgekommen waren, dass Gagfah seine Schuldenlast nicht würde schultern können. Das war im Herbst 2008. Die Refinanzierungsmöglichkeiten haben sich inzwischen jedoch fast normalisiert und mit ihnen der Aktienkurs der Essener.
Tatsächlich nämlich manövrierte sich Gagfah noch ganz passabel durch das krisengeschüttelte Jahr 2008. Demnach lag das Mietergebnis bei 473 Millionen Euro (+ 2 Prozent gegenüber Vorjahr) und die Gewinne aus Immobilienverkäufen bei 58,8 Millionen Euro. Gleichzeitig aber wurden die Verwaltungsaufwendungen deutlich von 57 Millionen Euro im Vorjahr auf zuletzt nur noch 41 Millionen Euro gesenkt. Wie kaum anders zu erwarten, gab es auch Abschreibungsbedarf für das vergangene Jahr: 233 Millionen Euro oder rund 2 Prozent des Portfoliowertes. Im Vorjahr jedoch lag die Abschreibungssumme bei fast 1 Milliarde Euro. Praktisch kein Immobilienunternehmen blieb davon 2008 verschont.
Unwägbarkeiten bezüglich Zinsniveaus
Vor allem in Richtung des Jahres 2013 stehen zahlreiche Refinanzierungen an: 5,5 Milliarden Euro werden fällig. Konkret heißt es, dass Gagfah auf die dann vorherrschenden Möglichkeiten angewiesen ist, seine Fremdkapitalseite zu strukturieren. Liegen die Zinsen höher als jetzt, sinken die Gewinnmargen (Abschreibungen nicht berücksichtigt), notfalls auch bis zu einem Punkt, an dem Gagfah nicht mehr profitabel wäre, da die Zinsen die Mieteinnahmen übersteigen könnten. Aus diesem Grund suchen derzeit alle Bestandshalter nach der probatesten Möglichkeit, ihre jeweils größten Risiken aus den Bilanzen zu verbannen. Einfacher gesagt als getan in Zeiten, in denen Kredite von Banken nicht mehr blind vergeben werden.
Die zuletzt bekannt gegebenen Zahlen für das zweite Quartal boten wenig Anlass für Überraschungen – was in Zeiten wie diesen schon ein gutes Zeichen ist. Der Cashflow, genauer die Funds from Operations (FFO), lagen bei 0,18 Euro je Aktie, davon ein Sechstel aus Immobilienverkäufen. Die Abschreibungen von 73 Millionen Euro, was knapp 1 Prozent des Portfoliowertes entspricht, lagen im Rahmen der Erwartungen. Der Net Asset Value (NAV), also der Nettosubstanzwert der Immobilien nach Berücksichtigung des Fremdkapitalanteils, ging von 13,57 auf 13,17 Euro je Anteilsschein zurück. Das aber ist immer noch das Doppelte des gegenwärtigen Aktienkurses von etwa 6 Euro.
Für 2009 strebt Gagfah ein FFO-Ziel von 0,80 Euro je Aktie an und kommunizierte dies auch so. Nur 15 Prozent davon sollen aus Immobilienverkäufen resultieren, der Rest operativ erwirtschaftet werden. Aus dem operativen Geschäft soll schließlich auch die unverändert hohe Dividende von 0,80 Euro je Aktie im Gesamtjahr bezahlt werden, ohne dass dafür zu viele Immobilien verkauft werden müssten. Das Ziel, im Gesamtjahr rund 500 Millionen Euro an Verkaufserlösen zu vereinnahmen, erscheint trotz des leicht verbesserten Umfelds doch recht ambitioniert. Im ersten Quartal nämlich waren es nur 20 Millionen Euro, im zweiten immerhin 130 Millionen Euro. Im zweiten Quartal konnten nur noch Verkaufsmultiples von 14 erzielt werden (Preis in Monatsmieten), nach noch fast 22 im ersten Quartal. Die Frage ist also, zu welchem Preis man etwas hergibt. Das MDax-Unternehmen verwies darauf, dass es sich bei den verkauften Beständen des zweiten Quartals um Objekte in weniger guten Lagen handelte.
Fazit: Bei aktuellen Kursen unter 6 Euro ist die Luft für Gagfah allemal dünn: Wir hatten schon im letzten Update Ende März darauf hingewiesen, dass abgesehen vom da noch möglichen Kurssteigerungspotential vor allem die hohe und konstante Dividendenrendite das Anlagekriterium sein müsse (damals 20 Prozent Dividendenrendite, heute noch etwa 13 Prozent). Investierte Anleger sollten einen Stopp-Kurs setzen, der etwas unterhalb der Widerstandszone bei rund 5,25 Euro liegt. Kurse von bis zu 7 Euro wären indes weiterhin möglich und auch zu rechtfertigen, für einen Neueinstieg ist dies jedoch nicht überzeugend genug. Daher sind wir angesichts des neuen Kursniveaus jetzt eine Spur vorsichtiger.
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