Pack das Rapsfeld in den Tank
Seit dem Höhenflug des Ölpreises erscheinen die Biokraftstoffe wie die Retter des Abendlandes.Biokraftstoffe sind der Hoffnungsträger bei steigenden Ölpreisen, doch die Besteuerung des „Sprits vom Acker“ bleibt umstritten. Können Biokraftstoffe wie Biodiesel, Pflanzenöl oder Ethanol langsam, aber sicher das teure Erdöl ersetzen? Und wie sollen sie künftig besteuert werden? Dazu trugen gestern Experten von Bundesbahn bis Umweltbundesamt, vom Bauernverband bis zur Mineralölwirtschaft auf einem Bundestagshearing in Berlin ihre Positionen vor. Spätestens seit der Ölpreis in den vergangenen zwei Jahren ein Hoch nach dem anderen erkletterte, erscheinen die Biokraftstoffe wie die Retter des Abendlandes. Aus nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen gewonnen, sollen sie in wachsendem Tempo den Verbrauch an Öl, Benzin und Erdgas reduzieren. Da wird der Bauer zum Energiewirt, sein Acker zum Ölfeld. „Vorfahrt für Stroh“ oder „Bohrtürme zu Pflugscharen“ heißen die blumigen Überschriften euphorischer Zukunftsentwürfe, in denen der Kampf um den knappen Rohstoff Erdöl beschworen wird. Als Ausweg sollen Biodiesel, Bioethanol oder synthetische Kraftstoffe aus Holz und Stroh künftig unsere Autos antreiben. Und die Zukunft hat bereits begonnen. Der am weitesten verbreitete Alternativkraftstoff „Biodiesel“, der aus Raps gewonnen wird, boomt mit einem Absatz von 1,8 Millionen Tonnen im Jahr 2005 wie nie zuvor. Ihre Hersteller gehören zu den heimlichen Börsenstars, die Produktion ist bis zum Jahresende komplett ausverkauft. Und die Infrastruktur ist mit bundesweit 1900 Tankstellen beachtlich. Allerdings stößt in Deutschland der Rapsanbau mit 1,4 Millionen Hektar allmählich an seine Grenzen. Die großen Biodiesel-Hersteller importieren den Rohstoff deshalb zu immer größeren Anteilen aus osteuropäischen Staaten und aus Frankreich. Gleichzeitig erweitern sie mit ehrgeizigen Neubauten ihre Produktionskapazität. Der brandenburgische Erzeuger „EOP Biodiesel“ will seine Produktion ab 2007 vervierfachen. Doch die „Revolution an der Tankstelle“ könnte womöglich einen Dämpfer bekommen. Wenn es nach Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und dem Beschluss der Bundesregierung geht, sollen die Biokraftstoffe ihre seit 1. Januar 2004 geltende Steuerbefreiung verlieren. Steinbrück erhofft sich schon 2007 rund 1,6 Milliarden Euro Einnahmen durch den Wegfall der Steuerbefreiung. Ab 1. August dieses Jahres kassiert der Staat dann 15 Cent auf jeden Liter Pflanzenöl und 10 Cent für reinen Biodiesel sowie 15 Cent für beigemischten Biodiesel. Ab 2007 soll der Steuervorteil für die Beimischungen sogar ganz fallen. Als Ausgleich will die Bundesregierung den Mineralölkonzernen dann eine Beimischungspflicht von 4,4 Prozent Biokraftstoffen bei Diesel und 2 Prozent bei Benzin verordnen und dadurch die Markteinführung des Alternativsprits forcieren. Doch die Steuerpläne stoßen inzwischen auf den Widerstand der Fraktionen. Nicht nur die Grünen, auch Teile der SPD und CDU wollen andere Regelungen durchsetzen und haben gute Chancen auf Erfolg. Ihre Kritik: Pflanzenöl dürfe keinesfalls stärker als Biodiesel besteuert werden, weil Pflanzenöl „eine bessere Öko-Bilanz aufweist“, so der Gruppenantrag mehrerer SPD-Abgeordneten. Zudem habe Pflanzenöl ohnehin Wettbewerbsnachteile wegen der Kosten für die notwendige Umrüstung der Motoren. Steinbrücks Steuerpläne könnten deshalb schnell das „Aus“ für diesen Biokraftstoff bedeuten. Die Steuerbefreiung für reine, nicht beigemischte Biokraftstoffe müsse unbedingt bis 2009 aufrechterhalten bleiben. Wer ausschließlich reinen Biodiesel tankt, soll steuerlich weiter stark begünstigt werden. Es müsse auf jeden Fall sichergestellt sein, dass Biokraftstoffe billiger bleiben als Benzin und Diesel aus Erdöl. Nur so könnten die Autofahrer zum Umsteigen motiviert werden. Auch die großen Mineralölkonzerne haben die Abgeordneten im Visier. Es müsse sichergestellt werden, heißt es in ihrem Antrag, dass die Beimischungspflicht nicht zu Preisaufschlägen missbraucht würden. Und: Die Konzerne dürften aus dem Ausland keine Biokraftstoffe importieren, die auf ökologischen Raubbau durch Waldrodungen zurückgehen. Deshalb soll eine Herkunftzertifizierung eingeführt werden. Die Abholzung von Urwäldern für den Anbau von Zuckerrohr zur Ethanolherstellung hat vor allem in Brasilien immer wieder die Kritik von Umweltverbänden provoziert. Wie die „Revolte der Abgeordneten“, so die Berliner „taz“, gegen die Steuerpläne Steinbrücks ausgehen wird, soll auf jeden Fall noch vor der Sommerpause entscheiden werden. Berliner Beobachter rechnen damit, dass die Bundesregierung vielleicht doch noch nachgibt und die Biokraftstoffe stärker begünstigt als zuletzt beabsichtigt. Gruß Moya |