++++++++++++++++++ "World will face oil crunch in five years", titelte die International Energy Agency (IEA) jüngst ihre Studie. Die Argumentation ist schlüssig und der Ölpreis macht sich bereits auf den Weg zu neuen Höhen. Lesen Sie, warum kein Weg an steigenden Ölpreisen vorbei führt und welche Öl-Aktien am meisten profitieren.
Was die Situation so gefährlich macht ist, dass sowohl von der Nachfrage- als auch von der Angebotsseite Unheil droht.
Die steigende Nachfrage ist ja bereits ein alter Hut und x-mal durchgekaut worden. Extrem steigende Nachfrage aus den Emerging Markets, speziell aus China und Indien treibt die Nachfrage an. Mit steigendem Volkseinkommen können sich immer mehr Bürger Autos, Elektrogeräte und Flugreisen leisten - mit der Folge, dass mehr Öl, Benzin und Elektrizität verbraucht wird. Der Ölverbrauch in China wächst dieses Jahr um rund sieben Prozent.
In der Theorie führen Preissteigerungen bei einem Gut zu einem Nachfragerückgang. Aus verschiedenen Gründen ist dieser Mechanismus bei Öl außer Kraft gesetzt. Dafür sind nicht nur die Chinesen und Inder verantwortlich sondern auch
- die Tatsache, dass die Energiekosten heute einen geringeren Teil der Gesamtkosten vieler Unternehmen ausmachen als früher und damit der Spardruck auf dieser Ebene kleiner ist sowie
- die Tatsache, dass alleine die Infrastruktur des täglichen Lebens häufig eine Verringerung des Verbrauchs nicht möglich macht (man muss mit dem Auto jeden Morgen zur Arbeit fahren) und
- die Tatsache, dass das Zwei- oder Drei-Liter-Auto immer noch auf sich warten lässt.
*Große Ölfelder haben ihren Peak erreicht oder überschritten
Das ist aber - ich wiederhole mich - alles nicht neu. Was den Experten aber zunehmend Sorge macht, ist die Angebotsseite.
Jahrelange Unterinvestitionen, Missmanagement, fehlende Technologie und politische Steuerung sind dafür verantwortlich, dass die Ölproduktion bei wichtigen Ölexporteuren weltweit stärker fällt als dies selbst Pessimisten prognostiziert hatten.
Im vergangenen Jahr ging die Ölproduktion in Norwegen um sechs Prozent zurück, in Großbritannien um zehn Prozent, in Venezuela um fünf Prozent und in Mexiko um 2,1 Prozent. Das eigentliche Problem ist die Natur bzw. genauer gesagt die Geologie der großen Ölfelder, die eine rückläufige Produktion zwangsläufig macht. Technologische Gegenmaßnahmen sind teuer, schwierig und langwierig.
Ein Beispiel: Das Cantarell Ölfeld in Mexiko, das weltweit zweitgrößte überhaupt, hat zunehmend mit Wassereinfluss zu kämpfen und musste zwischenzeitlich stillgelegt werden. Erst die finanzielle Unterstützung durch die mexikanische Regierung machte eine Wiederaufnahme der Produktion möglich. 2007 will Pemex 2,7 Milliarden US-Dollar investieren, unter anderem für eine moderne Wasser-Separations-Anlage, um die Produktion aufrecht erhalten zu können.
Das alles kann aller Voraussicht nach aber nicht verhindern, dass die Produktion bis 2013 von aktuell 1,5 Millionen Barrel pro Jahr, auf rund 600.000 Barrel fallen wird.
Doch die Probleme bei Cantarell sind kein Einzelfall. Das Burgan-Feld in Kuwait, das auch zu den Top Fünf-Feldern weltweit gehört, zeigt ebenfalls erste (Produktions-) Verfalls-Anzeichen. Um das größte Ölfeld überhaupt, das Ghawar-Feld in Saudi-Arabien, kursieren auf Grund der Geheimhaltungs-Politik der Saudis wilde Spekulationen. Der amerikanische Öl-Insider Matthew Simmons legt in seinem beeindruckend recherchierten Bestseller "Twilight in the desert" aber dar, dass auch dieses Feld den Höhepunkt seiner Förderkapazität erreicht haben dürfte.
Dem gegenüber wurde seit 1990 gerade mal ein neues größeres Feld entdeckt, nämlich das Kahagan-Feld in Kasachstan.
*Produktionsausweitung nur durch Technologiefortschritt
Letztlich sorgt also vor allem der technische Fortschritt dafür, dass aus den Ölfeldern der letzte Tropfen Öl herausgepresst werden kann. O.k., "der letzte Tropfen" ist übertrieben, aber immerhin können heutzutage bis zu 60 Prozent des vorhandenen Öls in einem Feld gefördert werden. Vor zehn oder zwanzig Jahren lag der Wert im Schnitt bei nur 20 Prozent.
Zusätzlich kann durch moderne seismische Messinstrumente besser lokalisiert werden, wo sich unter der Erde tatsächlich Öl befindet. Die Trefferquote bei Bohrungen stieg so von 25 auf 45 Prozent.
Doch die Technologie kann nur die Symptome bekämpfen, nicht die Ursache. Sprich: Der Produktionsrückgang kann nur hinausgezögert aber nicht gestoppt werden.
*Hoffnungsträger Ölsand
Hoffnung kommt aus dem kanadischen Bundesstaat Alberta, wo bereits seit den späten 60er-Jahren aus Ölsand Öl gewonnen wird. Immerhin 1,1 Millionen Barrel Erdöl wurden so 2006 produziert. Tendenz stark steigend.
Ölsand ist eine Mischung aus Ton, Sand und Wasser und kann durch relativ komplizierte technische Bearbeitung in Öl umgewandelt worden. In den 90er-Jahren hat sich dies für die Produzenten aber nicht rentiert, weil erst ab einem Ölpreis von 25 bis 30 US-Dollar Gewinn mit der teuren Produktion erzielt werden kann.
Theoretisch ist das Potenzial enorm, weil die weltweiten Ölsand-Vorkommen enorm groß sind. Insgesamt können daraus nach aktuellen Schätzungen rund 1,7 Milliarden Barrel Öl produziert werden. Das entspricht rund zwei Drittel der weltweit vorhandenen herkömmlichen Ölreserven von 2,7 Milliarden Barrel.
Optimisten behaupten mit Recht, dass Öl daher nicht knapp werden wird. Aber weil auch die Produktionskosten für Ölsand im Steigen sind (von ca. 20 US-Dollar in 2004 auf 28 US-Dollar aktuell) und die Förderung von der geologischen Lage der verbleibenden Reserven her tendenziell schwieriger werden wird (sowohl bei Ölsand als auch bei normalen Ölvorkommen), wird kein billiges Öl auf den Markt kommen.
Noch 1997 konnte in Saudi-Arabien ein Barrel Öl zu Nettokosten von 95 Cents je Barrel produziert werden. Bestimmte Ölsand-Produzenten in Kanada werden künftig einen Ölpreis von 60 US-Dollar je Barrel benötigen, um eine 10prozentige Rendite erzielen zu können.
Fazit: Das Öl geht nicht aus, aber das billige Öl wird tendenziell durch teures Öl ersetzt werden!
*Warum nicht alle Ölfirmen profitieren
Kein Wunder also, dass Ölfirmen Rekordgewinne erwirtschaften. Doch viele haben ein Problem: Sie finden kaum Möglichkeiten, ihre Profite zu reinvestieren. Ein großer Teil des Kapitals, das momentan in Exploration und Entwicklung gesteckt wird, dürfte nicht die Rendite bringen, die die Anleger heute gewohnt sind. Die Kosten, die für Equipment und Personal bezahlt werden müssen, sind enorm hoch. Knappheitspreise sozusagen.
Zudem droht weiterer Gegenwind aus der Politik. Im Zuge des neu entdeckten Umweltbewusstseins (Stichwort: Klimawandel!) drohen künftig Produktionseinschränkungen für die großen Ölmultis.
So helfen sich die Unternehmen mit Aktienrückkäufen und Sonderdividenden und warten ansonsten auf fallende Preise. Dabei ist es logischerweise für die besonders profitablen Unternehmen am schwierigsten ebenbürtige Projekte zu finden.
Beispiel: ExxonMobil erwirtschaftet momentan eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 24 Prozent. Wenn neue Projekte dann mit einer möglichen Rendite von 10 Prozent kalkuliert werden müsste, dann ist das für den Ölmulti indiskutabel. Das Projekt wird gar nicht erst umgesetzt. ++++++++++++++++ limi
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