Börsenausblick: Zinsängste verunsichern Anleger
Nach kräftigen Kursgewinnen im Januar befürchten Bankexperten nun erste Bremsspuren an den Aktienmärkten. Grund sind die Furcht vor steigenden Zinsen und die zum Teil schwachen Unternehmenszahlen.
Nach kräftigen Kursgewinnen im Januar befürchten Bankexperten nun erste Bremsspuren an den Aktienmärkten. Seit Jahresbeginn hat der Deutsche Aktienindex um 4,6 Prozent zugelegt und Dax-Prognosen für das Jahresende 2006, die im vergangenen November noch mutig aussahen, sind nun schon sehr nah. Doch an den Finanzmärkten wächst die Skepsis.
Der Dax ist zwar nur noch 5 Prozent von den 6000 Punkten entfernt, auf den ihn die Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) Ende 2006 taxiert. Dennoch heben Aktienstrategen ihre Prognose wegen der teils enttäuschenden Unternehmensergebnisse aus den USA und der Furcht vor steigenden Zinsen nicht an.
In der vergangenen Woche gehörte der Dax zu den wenigen Börsen mit positiver Wochenbilanz: Er gewann hauchdünn um 0,2 Prozent. Der Stoxx 50 verlor 0,3 Prozent. Der breit gefasste S&P 500 gab um 1,5 Prozent nach, der Nasdaq um 1,8 Prozent. Die durchwachsene Berichtssaison hat die Stimmung an der Wall Street gedämpft. Dazu verunsicherten am Freitag Arbeitsmarktdaten: Im Januar entstanden in den USA 193.000 neue Jobs. Das waren zwar weniger Arbeitsplätze als erwartet, dafür wurde die Stellenzahl im Dezember aber nach oben korrigiert.
Gegenwind aus den USA
Außerdem lieferte die Statistik Stoff für Inflationsängste: "Die Arbeitslosenquote fällt und die Löhne steigen schneller", sagte Volkswirt Mark Zandi von Economy.com: Das bedeute weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank. "Neben dem Gegenwind aus den USA, der im ersten Halbjahr noch stärker werden könnte, sendet auch der Ifo-Index Signale, dass es zu früh ist, bereits jetzt die Dax-Kursziele nach oben anzupassen", schreiben die LRP-Experten. Die Konjunkturerwartungen seien auf einem so hohen Niveau, dass davon kein weiterer Schub für deutsche Aktien zu erwarten sei. Auch deshalb erwartet die LRP schwankende Kurse.
Auch andere Marktbeobachter rechnen zunächst mit fallenden Kursen, unter anderem weil Anleger auf niedrigere Einstiegskurse warten. Der Dax war insbesondere in der Vorwoche rasant gestiegen und legte auch in der vergangenen Woche etwas zu. "Wir glauben, dass es zunächst etwas abwärts gehen wird", sagte Matthias Jörss, Aktienstratege bei Sal. Oppenheim.
Die Commerzbank geht hingegen von weiteren Kursgewinnen aus. "Den Treibstoff für die Hausse liefern die sich verstärkenden Übernahmespekulationen in mehreren Branchen mit dem Stahlsektor an der Spitze, aber auch vereinzelte gute Unternehmensergebnisse und der große Optimismus in der Wirtschaft", schrieben die Commerzbank-Analysten.
Strategen schauen auf Unternehmenszahlen
"Übernahmefantasien könnten die Aktienmärkte weiter treiben", sagte auch Christoph Niesel, Fondsmanager bei Union Investment. Die steigenden Zinsen in den USA sieht er als günstig für Europas Börsen. Sie seien ein Grund dafür, dass Investoren US-Aktien meiden. "Das spricht auch für europäische und wegen der Bewertung speziell für deutsche Unternehmen", sagte er.
Mangels wichtiger Konjunkturdaten dürfte die Berichtssaison an den Märkten dominieren. In den USA stehen Schlüsselwerte wie Disney , Cisco und Coca-Cola auf dem Kalender. Dazu stoßen Schwergewichte aus der Versicherungsbranche. Die Zahlen von Cisco sind ein wichtiger Gradmesser für die IT-Branche. Der Markt wird vor allem auf die Umsätze schauen, da sich einige Brokerhäuser zuletzt optimistisch zur Wachstumsrate geäußert haben.
Verschnaufpause am Rentenmarkt möglich
Die Furcht vor weiteren Leitzinserhöhungen dürfte auch die Bond-Investoren vor ausgedehnten Einkaufstouren an den Rentenmärkten bewahren. "Der amerikanische Markt ist dabei angeschlagener, als der europäische", sagte Peter Müller, Zinsanalyst der Commerzbank. Angesichts des rasanten Renditeanstiegs der vergangenen zwei Wochen halten Analysten aber eine Verschnaufpause für möglich.
"Mit der Dynamik der vergangenen Wochen wird sich der Renditeanstieg zunächst nicht fortsetzen", sagt Ulrich Wortberg, Bondanalyst von Helaba Trust. Erste Signale für eine Stabilisierung hat Müller bereits ausgemacht: "Der Markt hat die Neigung zu drehen." Das Kurspotenzial nach oben, bleibt aber begrenzt, warnt die DZ Bank. Denn die Stimmung am Bondmarkt ist gedämpft: Die US-Notenbank hatte die Tür für weitere Zinsschritte geöffnet und damit die Kurse zweijähriger US-Bonds stark belastet. "Das war in den Kursen noch nicht vorweggenommen", sagt Wortberg.
Am Devisenmarkt dürfte die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA und der Eurozone den Yen gegenüber beiden Währungen weiter schwächen. Dem Euro billigen Analysten keine großen Aufwertungschancen zu. Einzig die US-Handelsbilanz hätte das Potenzial, größere Bewegungen auszulösen. Ein großer Fehlbetrag könne den Dollar belasten, sagt Ralf Umlauf, Devisenstratege von Helaba Trust. Die Raiffeisen Zentralbank Österreich geht aber davon aus, dass dies nur kurzfristig zu einem Thema wird.
Quelle: Financial Times Deutschland
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