und gleich wieder was zu lesen
Seit sie in ihrer schwarz-gelben Wunschkoalition regiert, versucht die Kanzlerin, einerseits die konservativen Euro-Skeptiker in Deutschland ruhigzustellen und andererseits auf EU-Ebene die Euro-Krise in den Griff zu bekommen. Dabei kommt ein gefährliches Kommunikations-Chaos heraus: "Wir geben nichts oder höchstens mal ganz wenig", heißt es beschwichtigend nach innen. Und nach außen: "Selbstverständlich tun wir alles Notwendige, um den Euro zu retten." Weil das eindeutig nicht zusammenpasst, sind "die Märkte" nervös.
Sie werden es bleiben, solange Merkel nicht endlich innenpolitisch die Kraft aufbringt, den eigenen Leuten ihre altmodischen Illusionen zu nehmen. Diese Illusionen heißen: Die "No-Bail-out-Klausel" im Maastricht-Vertrag gilt. Und: Eine Transfer-Union wird es nicht geben. Beides meint das Gleiche: Kein Euro-Land muss für ein anderes zahlen. Das funktionierte, solange kein Land in Not war und niemand an eine Weltfinanzkrise dachte. Heute jedoch wirkt diese Ideologie so, als würde man der Feuerwehr verbieten, den Brand beim Nachbarn zu löschen - es könnte ja Geld kosten -, um sich anschließend zu wundern, dass das Feuer auf das eigene Haus überzuspringen droht.
In der Euro-Krise lässt sich seit einem Jahr beobachten, dass es immer erst brenzlig riechen muss, bevor die Euro-Regierungschefs ganz schnell am Wochenende Rettungspakete schnüren. Jedes Mal war es Merkel, die zögerte und zauderte, mit Blick auf die eigenen Reihen.
Dort pflegen erstaunlich viele eine Sicht der EU, wie sie dereinst vor der Euro-Einführung im Jahr 1998 Realität gewesen sein mag. Leidenschaftlich debattieren die zumeist älteren Herren über die Schuld der Griechen an ihrer Lage sowie die Fehler und Versäumnisse in südlichen Ländern; ganz so, als könnte man die Fehler ungeschehen machen und als gäbe es einen Rückweg in vermeintlich selige D-Mark-Zeiten.
Doch selbst wenn Deutschland aus dem Euro austreten würde, wäre die neue Mark nicht die alte: Sie würde sofort gegenüber dem schwachen Rest-Euro so sehr aufwerten, dass wenig übrig bliebe von der Exportnation, vom neuen deutschen Jobwunder und der Wachstumslokomotive der EU. Vielleicht müsste Deutschland nach dem Verlassen der Euro-Zone die Industrie sogar mit Importzöllen schützen und würde damit eine neue Ära des Protektionismus einläuten. In den 1930er-Jahren wurde so aus der Rezession die Depression.
So, und nicht wie die D-Mark der 1990er-Jahre, sieht sie aus, die Alternative zur Euro-Rettung. Schneller gelingen würde die Krisenbewältigung mit einem klaren Bekenntnis zur Transfer-Union: Je eher - mit deutscher Hilfe - Griechenland, Irland und Portugal ihre Schuldenkrisen überwinden, desto besser sind die Wachstumsperspektiven bei uns. Merkel sollte dies klar beschreiben, anstatt jede Rettungsrunde fälschlich "alternativlos" zu nennen. |